"Das ist doch jetzt schon ein Jahr her. Damit bist du noch immer beschäftigt? Das Leben geht doch weiter." Ausgesprochen oder unausgesprochen: Solche und ähnliche Sätze hören die Menschen aus unserer Trauergruppe immer wieder. Und es macht sie sauer, weil der Schmerz der Trauer auch nach zehn oder mehr Jahren noch da ist wie im Schock des ersten Moments - in anderer Form zwar, aber er ist noch da. Den Mitgliedern unserer Gruppe hilft, dass es einen Raum gibt, in dem sie wieder und wieder klagen und jammern können, ohne dass sie das Gefühl haben, sich dafür rechtfertigen zu müssen. Um es gleich dazu zu sagen: das läuft nicht ohne Konflikte ab. Aber - und das ist für alle von uns das Besondere an dieser Gruppe - durch das Teilen des Schmerzes, der Leere, der Hilflosigkeit entsteht das Gefühl des Gesehenseins und Getragenseins. Ein Mitglied sagte: "Niemand wird hier geheilt, aber für eineinhalb Stunden wird es leichter, den Verlust und den Schmerz zu tragen. Wir fühlen uns nicht mehr alleingelassen. Und während wir weinen, können wir auch miteinander lachen. "Mich rührt es sehr an, das in unserer Trauergruppe zu erleben. Wie zwischen den Zeilen ist darin etwas von Gott spürbar. Ihm sind Leiden und Sterben am eigenen Leib in der Geschichte Jesu Christi vertraut. Sein Name ist durch die ganze Bibel hindurch "Ich bin bei euch!" Ich brauche diesen Trost zum Leben.

Martin Lorenz ist Pastor der Ev.-Luth. Emmaus-Kirchengemeinde