Die Frühförderstelle Norderstedt war die erste Station für Jörg Pilawa, dem neuen Gesicht der Fernsehlotterie “Aktion Mensch“.

Norderstedt. Jörg Pilawa ist eines der beliebtesten Gesichter auf deutschen Mattscheiben. Der ARD-Moderator rettet die Million, er quizt sich seit Jahren durchs Vorabendprogramm - und wenn er nach dem Motto "Hefte raus! Klassenarbeit!" zum Pisa-Ländertest oder Geschichtsquiz lädt, dann schalten sich Millionen Deutsche zu.

"Wetten, dass" will Pilawa von Thomas Gottschalk definitiv nicht übernehmen. Sagt er. Aber bei einem ehrenamtlichen Engagement hat er den großen Blonden schon beerbt: Ab sofort ist Jörg Pilawa das Gesicht der Fernsehlotterie "Aktion Mensch". 50-mal im Jahr wird er die Ziehungen der Gewinner moderieren. Die erste Sendung ist am 1. Januar 2012. Und die Norderstedter Frühförderung des Diakonischen Werks Hamburg-West/Südholstein wird die Hauptrolle spielen.

"Ich möchte nicht nur das Gesicht der Aktion Mensch sein. Ich möchte ganz viele Projekte kennenlernen, die mit dem Geld der Lotterie unterstützt werden. Und ich möchte gern aus erster Hand wissen, was die Menschen dort bewegt", sagt Pilawa.

Die Frühförderstelle Norderstedt ist die modernste im ganzen Land

Seine erste Station als Botschafter der "Aktion Mensch" ist also die Frühförderstelle für behinderte und von Behinderung bedrohte Kinder in Norderstedt. Seit 29 Jahren gibt es sie an der Kirchenstraße. 13 Festangestellte und zwölf Honorarkräfte helfen derzeit 110 Säuglingen und Kindern, die in ihrer Entwicklung insgesamt oder in Teilbereichen auffällig sind oder deren körperliche oder geistige Entwicklung beeinträchtigt ist. Die Frühförderstelle arbeitet als erste Einrichtung in Schleswig-Holstein interdisziplinär mit diplomierten Sonderpädagogen, Medizinern, Psychologen und Therapeuten zusammen. Ermöglicht hat dies auch der Umzug im Jahr 2009 in einen luftigen und modernen Neubau auf dem Gelände der Christuskirche. Die neuen Räume wurden unter anderem durch eine Spende von der Aktion Mensch in Höhe von 234 600 Euro ermöglicht. Damit hat Norderstedt eine der am besten ausgestatteten Frühförderstellen des Landes.

Jörg Pilawa zieht seine Schuhe aus und darf mitten rein in die Spielgruppe der Einrichtung. Junge Norderstedter Mütter sitzen hier mit ihren Kindern im Alter zwischen ein paar Monaten und drei Jahren. Regelmäßig treffen sie sich zum Austausch, unterstützen sich gegenseitig und schöpfen gemeinsam Kraft für die enorme Aufgabe, ein behindertes oder schwer krankes Kind aufzuziehen. Der Fernsehstar wird in ihrer Mitte ohne Umschweife aufgenommen. Die Kinder machen Pilawa gleich zum Spielkameraden. Es sieht unbeschwert aus. Doch die Schicksale der Kinder hier sind für Außenstehende erschütternd. Eines der Kinder hier hat ein sehr seltenes Syndrom, das außer bei einem Kind in den USA noch bei keinem anderen Menschen auf der Welt diagnostiziert wurde. Niemand kann sagen, welche Auswirkungen es in Zukunft hat. Momentan weiß man nur, dass es das Wachstum verzögernd wirkt. "Hier sind auch Mütter dabei, die haben Kinder mit einem schweren Herzfehler", sagt die Leiterin der Frühförderung, Liane Simon. Sie müssen ihr Kind immer wieder für große Operationen in die Obhut der Kinderklinik geben. "Und sie wissen jedes Mal nicht, ob sie ihr Kind noch mal lebend wieder sehen. Das ist eine unheimliche Belastung und sorgt für die extreme Angst im Alltag, dem Kind könnte etwas zustoßen", sagt Simon. Noch nicht einmal für den Gang zur Toilette würden diese Mütter ihre Kinder allein lassen. Simon: "Das ist etwas, das wir hier trainieren. Das Loslassen-Können und darauf zu vertrauen, dass für das Kind gesorgt ist."

Jörg Pilawa meistert den ersten Einsatz als "Aktion Mensch"-Botschafter gewohnt charmant. Zum Abschied schreibt er sich die Finger wund. Die Mütter wollen alle Autogramme. Auch für Erinnerungsfotos mit dem Handy ist noch Zeit.

Jörg Pilawa ist glücklich, dass er vier gesunde Kinder hat

Später im Gespräch zeigt sich der Medienprofi Pilawa beeindruckt. "Natürlich mache ich mir da wieder einmal klar, wie glücklich ich mich schätzen darf, dass ich vier gesunde Kinder habe. Eine Selbstverständlichkeit ist das nicht", sagt Jörg Pilawa. Und aus dem Erleben als Vater von Schulkindern weiß er, welche Probleme es nach wie vor bei der Integration von behinderten Kindern gibt. "Es gibt zwar schon jede Menge Integrations-Klassen. Aber bei vielen Schulen scheitert das an baulichen Problemen, weil kein Geld für den Aufzug da ist. Oder es gibt kein Geld für Personal. Da gibt es erheblichen Nachholbedarf", sagt der Moderator, der in Hamburg-Bergedorf lebt.