Der Pianist zeigt in Norderstedt viel Gespür für die Leidenschaft des Komponisten Franz Liszt

Norderstedt. Langsam setzt er an. In Zeitlupe gleiten seine Hände zur tiefen Klaviatur. Sein Rücken spannt sich wie die Katze beim Sprung auf die Maus. Und schon - der erste Ton. Abrupte Stille. Der zweite Ton. Und dann breitet Sung Chang in einem vehementen Spiel die Sonate h-Moll von Franz Liszt vor dem Publikum im voll besetzten kleinen Saal der "TriBühne" aus. Eigentlich hat diese Sonate gar keine Sätze, und so fasst sie der erst 24 Jahre alte Pianist aus Korea auch auf. Er prescht durchs Allegro energico und Andante sostenuto. Er nutzt die Staccati aus, um harte Akzente zu setzen.

Doch Sung Chang zeigt in der Sonate nicht nur hohes technisches Können. Sein Spiel verrät Tiefgang und ein Gespür für die Leidenschaft des Komponisten, dessen Klavierwerke zu seiner Zeit nur Liszt selbst spielen konnte.

Sung Chang ziseliert, meißelt, seine Finger tanzen auf den Tasten, trällern, hüpfen, eilen. Der Stipendiat der Yamaha Music Foundation 2011 kann es furios und laut aufbrausend. Aber auch pianissimo, fein austariert, mit viel Gefühl, zurückgenommen, um dem feinen Ausdruck den Vortritt zu lassen. Sein Finale der Lisztschen Komposition macht Gänsehaut.

Das Publikum ist hellauf begeistert. Schon vor der Pause steht das Publikum auf, um ihm zu applaudieren. Die selten gespielte Sonate E-Dur von Joseph Haydn geht Sung Chang mit verspielter Leichtigkeit an. Sung Chang ist einer, der versteht, was er da spielt. Klar, aber wenig verliebt kommt Liszts Liebestraum Nr. 3, das Gefühl spart er sich für zwei Variationen von Liszts Rhapsodie Espagnole auf, in der er besonders die Volkslied-Passagen ausspielt.

Am Ende ist der Künstler völlig erschöpft, kann es aber trotzdem nicht lassen. Als Zugabe wählt er noch einmal Liszts Liebestraum, diesmal aber überraschend improvisiert. Er hat auch Eigenes, der Pianist Sung Chang. Einer, dessen Gage die Norderstedter Konzertveranstalter in einigen Jahren wahrscheinlich nicht mehr zahlen können. Wieder einmal hat die von Chiro Fujito von der Yamaha Music Foundation initiierte Konzertreihe "Cognito" ihren Ruf als Sprungbrett für junge Musik-Talente bewiesen.