Ein Zeuge notierte sich das Kennzeichen und informierte die Polizei. Ein Sachverständiger des Dekra belastet Angeklagten schwer

Norderstedt. Raimund O., 45, aus Norderstedt weiß, was er gesehen und vor allem gehört hat, nämlich einen "Mordsknall" wie er es nennt, als der entgegenkommende Mercedes am Krummen Weg in Norderstedt im August letzten Jahres beim Vorbeifahren an geparkten Autos eins der Fahrzeuge streifte. Der Zeuge wartete auf der Gegenfahrbahn, denn in dieser engen Straße passen zwei Autos nicht nebeneinander, jeweils einer muss den Gegenverkehr vorbeilassen. Genau das tat Raimund O. mit heruntergekurbelter Fensterscheibe und lauter Radiomusik, die von dem lauten Knall sogar übertönt wurde. "Da hat es einer aber eilig", habe er noch gedacht und erwartet, dass der Mercedes-Fahrer nach dem Aufprall anhalten würde, was dieser zu seiner Empörung nicht tat. Raimund O. merkte sich das Kennzeichen des Wagens.

Polizisten stellten "Lackabrieb" am Mercedes des Angeklagten fest

Auf der Anklagebank in Norderstedt sitzt der 60-jährige Thomas H. aus Norderstedt, den die Polizei zu Hause aufsuchte. "Mit ihrem Fahrzeug wurde ein Unfall verursacht", sagte ein Beamter. Die Polizisten besichtigten den Mercedes des Angeklagten und stellten mehrere Kratzer an der Zierleiste sowie "Lackabrieb" auf der gesamten Türlänge des Wagens fest. Das seien alte Beschädigungen von anderen Unfällen, erklärte der Angeklagte die Schäden. Die weiße Farbe, exakt die des angefahrenen Audi, sei von seinem Gartenzaun, den habe er beim Einparken angefahren. Im Prozess wiederholt der Angeklagte diese Aussage. Er will nichts von einem Berühren des Audi bemerkt und nichts gehört haben. Außerdem behauptet der zurzeit arbeitlose Angeklagte, er sei mit äußerst langsamer Geschwindigkeit von der Ochsenzoller Straße kommend in den Krummen Weg eingebogen und langsam an den geparkten Autos vorbeigefahren. Immerhin hat der Angeklagte dafür gesorgt, dass dem Eigentümer des Audi der Schaden von etwa 1000 Euro ersetzt wurde. Amtsrichter Reinhard Leendertz hat einen Sachverständigen des Dekra zum Termin geladen. Dieser erläutert, dass und warum die an beiden Autos festgestellten Schäden zusammenpassen. Die Zierleiste an dem Mercedes sähe zwar unbeschädigt aus, sei aber möglicherweise in der Zeit nach dem Unfall ausgetauscht worden. Damit hat der Verteidiger einen schweren Stand, plädiert aber dennoch auf Freispruch, da alles nicht eindeutig sei. Für Richter Leendertz hingegen ist die Sache klar: Der Angeklagte verursachte den Unfall und beging Fahrerflucht. Er wird zu einer Geldstrafe von 600 Euro verurteilt. Das von der Staatsanwaltschaft beantragte Fahrverbot erspart der Richter dem Angeklagten.