1900 Soldaten werden bis 2015 die Rantzau-Kaserne in Boostedt verlassen. Nur das Munitionsdepot bleibt bestehen

Boostedt. Noch vor einer Woche hatte der Bauausschuss in Boostedt über den Antrag der Bundeswehr beraten, ein neues Wachgebäude am Kaserneneingang zu bauen. Dieser Plan dürfte seit gestern vom Tisch sein. Kaum eine Kommune im Norden treffen die Reformpläne des Bundesverteidigungsministerium so hart wie Boostedt. Von 1960 Soldaten bleiben nur 40 übrig. "Die Kaserne wird dem Erdboden gleichgemacht", schimpft Bürgermeister Rüdiger Steffensen, der harte Zeiten auf seine 4500-Einwoher-Gemeinde zukommen sieht, wenn im Jahr 2015 die Rantzau-Kaserne geschlossen wird und nur das zwei Kilometer entfernte Munitionsdepot übrig bleibt.

"Das ist eine bittere Entscheidung, die weh tut", sagt auch Oberstleutnant Ullrich Kraus, der erst vor wenigen Wochen das Kommando über das Logistikbataillon 162 in Boostedt übernommen hat. Kraus, der auch Kasernenkommandant ist, hatte gestern kurz nach 10 Uhr eine Mail aus dem Verteidigungsministerium mit der Nachricht erhalten, dass sein Verband, das Instandsetzungsbataillon 166 sowie das Sanitätszentrum in Boostedt, aufgelöst werden. Kurz darauf informierte er seine Soldaten. "Sie waren zutiefst betroffen", sagt er.

Ende des Jahres wird Kraus aus dem Ministerium einen "Realisierungsplan" erhalten, der detaillert festlegt, in welchen Schritten sich die Truppe aus Boostedt bis zum 31. Dezember 2014 zurückzieht. Der Kommandeur und seine Mitarbeiter müssen ab kommendem Jahr versuchen, sozial verträgliche Lösungen für die Soldaten und die 117 Zivilbeschäftigten zu finden. Kraus: "Das wird die schwierigste Aufgabe, die mir in meiner Laufbahn gestellt wurde." Offen ist, wo die Soldaten künftig ihren Dienst versehen werden. "Das kann auch Garmisch-Partenkirchen sein", sagt Kraus.

Neben der Abwicklung müssen sich die Bataillone gleichzeitig auf ihre Auslandseinsätze vorbereiten. Das Logistikbataillon ist mit Einsätzen in Afghanistan, im Kosovo und anderen Aufgaben im Ausland bis zum Jahr 2013 verplant. "Das ist allerdings nicht in Stein gemeißtelt", sagt Kraus.

Bürgermeister Steffensen betont, dass den Boostedtern und den Soldaten zwar klar gewesen sei, dass es bei der Reform zu harten Einschnitten kommen würde, doch die Schließung eines Standorts dieser Größe sei gestern völlig überraschend verkündet worden. In der Kaserne sind ein Logistikbataillon mit 1000 Soldaten und ein Instandsetzungsbataillon mit 700 Soldaten sowie ein Sanitätszentrum untergebracht. Demnächst sollte eigentlich noch eine 100 Mann starke Feldjägereinheit hinzukommen, doch auch dieser Plan ist vom Tisch.

Mit dieser Entscheidung sei der Verteidigungsminister seinen Ankündigungen nicht gerecht geworden, die Bundeswehr in der Fläche zu erhalten. Steffensen wirft Ministerpräsident Peter Harry Carstensen mangelndes Engagement für Boostedt vor. "Ihm ist der Süden des Landes egal", meint Steffensen. "Carstensen wollte die Bundeswehr in seinem Wahlkreis erhalten."

Im April hatte Landesinnenminister Klaus Schlie (CDU) die Rantzau-Kaserne besucht, um sich über die technische Ausrüstung der Truppe für den Katastrophenschutz zu informieren. "Wir werden um jeden Standort kämpfen", hatte Schlie damals gesagt. Dass Boostedt bei diesem Kampf leer ausging, ist dem Bürgermeister unverständlich. "Für den Katastrophenschutz liegt der Standort sehr günstig."

Der Bürgermeister fürchtet, dass die Bundeswehr der kommunalen Wirtschaft fehlen werden. "Auf die Betriebe kommen wesentliche Veränderungen zu", sagt Steffensen. Die Streitkräfte haben in den vergangenen Jahren Millionen in die Kaserne investiert, Unterkünfte und Werkstätten modernisiert. Weitere Aufträge, von denen besonders Handwerker aus der Region profitiert hätten, waren geplant. Auch für die Tankstellen, den Einzelhandel und die Gastronomie zählen die knapp 2000 Soldaten zum Kundenstamm.

Steffensen sagt voraus, dass der Abzug der Bundeswehr das Gemeinwesen hart treffen werde. Soldaten hätten sich in Vereinen oder der Feuerwehr engagiert. "Viele sind nach Boostedt gezogen und haben sich hier ein Haus gebaut", sagt der Bürgermeister.

Trotz der bevorstehenden Schließung gehen die Einsätze der Boostedter Soldaten wie geplant weiter. Das Logistikbataillon 162 gehört weiterhin der Nato Response Force (NRF) an und steht damit weltweit als schnelle Eingreiftruppe bereit.