Die Bilanz der Kirche auf der Landesgartenschau fällt positiv aus. In Norderstedt hat die Kuppel aber trotzdem keine Zukunft.

Norderstedt. Es war alles andere als ein gewöhnliches Engagement für den Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein. Das "Himmelszelt" auf der Landesgartenschau war ein finanzielles und organisatorisches Wagnis. 415.000 Euro an Investitionen in den transparenten Kuppelbau sowie 172 Tage Seelsorge für die Gartenschaubesucher und Öffentlichkeitsarbeit im Namen des Herrn. Kaum eine Bundesgartenschau in Deutschland hat ein derartiges Konzept umgesetzt. Geschweige denn eine Landesgartenschau.

Propst Karl-Heinrich Melzer nennt das "Himmelszelt" am Montag in der Rückschau ein "Experiment, das ich als Erfolg für uns als Kirche werte". Die Kirche habe sich größer in eine Landesgartenschau eingebracht als üblich. "Und mit den Ergebnissen bin ich zufrieden", sagt Melzer.

90.000 Menschen suchten im Himmelszelt Ruhe und Andacht

Die präsentierte der Landesgartenschau-Pastor Gunnar Urbach in seinem umfangreichen Resümee. Von den 580.000 Besuchern der Gartenschau fanden etwa 90.000 den Weg in die Kirchenkuppel im Feldpark. Über 22.000 Menschen kamen laut Urbach zu den täglichen drei Andachten und den sonntäglichen Gottesdiensten. Etwa 900 Veranstaltungen und Aktivitäten habe es in der Kuppel gegeben. Darunter 15 kirchliche Trauungen und elf Taufen. Pastor Urbach: "Das Himmelszelt war ein einzigartiger Ort der Begegnung mit Gott und mit unterschiedlichen Menschen, die hier Ruhe - und bei den zahlreichen Regentagen auch einen trockenen Ort - fanden, Kraft schöpften und sich oftmals auch für ein paar Minuten mit dem Sinn ihres Lebens auseinandersetzten."

Wenn es nach Gunnar Urbach gehen würde, dann bliebe das "Himmelszelt" im Stadtpark. Dann würde die Kirche ein fester Bestandteil des neuen Stadtparks. Und nicht wenige unter den 90.000 Besuchern hätten es gerne gesehen, wenn Urbachs Wunsch umgesetzt würde. Doch in den nächsten Tagen wird die transparente Kuppel zusammengefaltet und in einen Container zur weiteren Lagerung versorgt. Das betonierte Fundament des "Himmelszeltes" muss für viel Geld, wie Urbach sagt, herausgerissen werden. Gegen eine dauerhafte transparente Kirche am Norderstedter Stadtparksee sprechen gleich mehrere Fakten. "Wir müssten ja den Bebauungsplan im Stadtpark ändern, damit die Kuppel dort in diesem Außengebiet stehen bleiben könnte", sagt Urbach. Außerdem müsste sie in jedem Fall auf dem Gelände umgesetzt und für die dauerhafte Nutzung verändert werden. Was Kosten von deutlich mehr als 100.000 Euro verursachen würde.

"Dieses Geld ist nicht da. Das muss man klar sehen", sagt Propst Melzer. "Außerdem würde es von der Bereitschaft und den Möglichkeiten der Pastoren in Norderstedt abhängen, wie ein dauerhaftes Himmelszelt im Stadtpark betrieben werden könnte", sagt Melzer.

Die Einnahmen aus dem Verkauf der Kuppel sind Teil der Finanzierung

Pastor Gunnar Urbach habe das Privileg genossen, von der Nordelbischen Kirche für die Gartenschau frei gestellt worden zu sein. "Und er ist seine Mission mit unglaublichem Engagement angegangen. So, wie die Menschen in Norderstedt das von ihm gewohnt sind, wenn er Biss für eine Sache entwickelt hat", sagt Propst Melzer. Und natürlich waren da die 150 ehrenamtlichen "Himmelswächter", die ehrenamtlichen Helfer des Gartenschaupastors. Mindestens zwei waren täglich als Ansprechpartner für die Menschen im "Himmelszelt" verfügbar.

Gegen einen Verbleib des "Himmelszeltes" spricht aber auch die Finanzierung des Projektes. Die Nordelbische Kirche hatte 150.000 Euro investiert, der Kirchenkreis 100.000 Euro, 120.000 Euro waren über die Ökumene, das Sponsoring, Spenden und den Ticketkauf eingeplant. Die restlichen 45.000 Euro sollten über den Verkauf der transparenten Kuppel hereinkommen. "Die Gesprächsfäden zu Interessenten sind bereits gesponnen. Aber es gibt noch nichts Konkretes", sagt Propst Melzer. Die Kirche möchte natürlich nicht, dass die ehemalige Kirche auf den nächstbesten Messe als Imbissbude missbraucht wird. Eine "kirchennahe" Verwendung wird favorisiert. Nach dem Erfolg des Projektes in Norderstedt sei es denkbar, dass das "Himmelszelt" auf anderen Landesgartenschauen in Deutschland wieder zum Einsatz kommt, sagt Melzer.

Pastor Gunnar Urbachs Zukunft im Kirchenkreis ist noch ungeklärt

Wesentlich dafür sei die Dokumentation des Projektes, die Gunnar Urbach für die Genehmigungsgremien innerhalb der Kirche erstellen soll. Darauf aufbauend könnten andere Kirchenkreise das Projekt umsetzen.

"Mit der Dokumentation und der Abrechnung des Projektes bin ich noch das ganze Jahr über beschäftigt. Was danach kommt, weiß ich noch nicht", sagt Pastor Gunnar Urbach. "Ich bin nach wie vor Pastor des Kirchenkreises. Das Gehalt ist also schon mal sicher." Dass seine Tage als Seelsorger in Norderstedt gezählt sind, dürfte klar sein. Propst Karl-Heinrich Melzer hatte vor der Gartenschau gesagt, der Kirchenkreis werde sich das Talent Urbachs in der Öffentlichkeitsarbeit und im Fundraising weiter zu Nutze machen. Nicht wenige hatten erwartet, Urbach würde gleich auf der Internationalen Gartenschau 2013 in Hamburg weitermachen. Doch das Konzept dort ist ganz anders als in Norderstedt, setzt auf die Darstellungen der Weltreligionen und die umfassende Präsentation des Glaubens. "Wir werden im November Gespräche führen. Es gibt einige neue Ideen für die Beschäftigung Pastor Urbachs. Aber jetzt soll er zunächst die Strapazen der Gartenschau in einem Urlaub ausgleichen", sagt Propst Melzer.