Bürger, Hundebesitzer und Die Linke wollen die Pferdesteuer einführen. So sollen die maroden kommunalen Haushalte saniert werden.

Norderstedt. Der Bürgerhaushalt hat in Norderstedt ein Thema in die politische Diskussion gespült, das bundesweit Schlagzeilen macht: die Pferdesteuer. Um die maroden kommunalen Haushalte zu sanieren, sollen die Pferdebesitzer zahlen. Ob in Nordrhein-Westfalen oder in Hessen - bisher hat nach Auskunft des Bundesverbandes der Reiterlichen Vereinigung allerdings weder eine Stadt noch eine Gemeinde diese Steuer eingeführt. Norderstedt könnte zum Vorreiter werden, schließlich hat es der Vorschlag der Bürger, wie die Stadt die Einnahmen verbessern kann, unter die Top Ten geschafft.

Das verwundert nicht, bekam Norderstedt doch 2002 das Gütesiegel "Pferdefreundliche Gemeinde" verliehen. Rund 3000 Pferde stehen in den Ställen, das Reitwegenetz ist attraktiv, mehr als 40 Kilometer stehen den Reitern zur Verfügung.

Die Verwaltung hat aus den 260 Vorschlägen 50 ausgewählt, die die Fachleute im Rathaus auf Machbarkeit und Effizienz abklopfen und den Politikern vorlegen wollen. Die sollen dann entscheiden, welche Themen sie weiter verfolgen. Wenn arme Hundebesitzer Steuern zahlen müssen, könnten das reiche Pferdebesitzer schon lange, lautete die Begründung der Bürger für die Pferdesteuer. "Über eine solche Steuer sollte man schon nachdenken. Es ist ungerecht, dass ausschließlich Hunde besteuert werden. Ein nachvollziehbares Argument für diese Steuer existiert meines Wissens nicht. Auch ist diese Steuer nicht zweckgebunden. Somit tun die Hundebesitzer etwas für den kommunalen Haushalt", sagt Hundebesitzerin Manuela Dupski-Wendt. Hundehalterin Anett Jakobi ergänzt: "Schließlich liegen auch überall Pferdeäpfel herum." Um den Pferdefans ihr Hobby zu lassen, solle aber nur eine moderate Abgabe erhoben werden, sagt Tanja Gotthardt. So könnten die Pferdebesitzer in Norderstedt etwas an die Gemeinde zurückzahlen, die ihnen umfangreiche Reitwege zur Verfügung stellt und in Ordnung hält.

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Die Linke will den Vorschlag aufgreifen: "Allerdings kann die Stadt eine Pferdesteuer nicht aus Lust und Laune einführen. Sie muss begründet werden", sagt Fraktionschef Miro Berbig. Die Einnahmen sollen zur Pflege der Reitwege eingesetzt werden. Diejenigen, die die Kosten verursachen, müssten auch zahlen. Berbig sieht in einer Pferdesteuer auch einen Beitrag zu mehr Steuergerechtigkeit, dann würden nicht nur die Hundebesitzer zur Kasse gebeten.

Was so einfach klingt, ist nicht so leicht zu realisieren. "Man kann ja Pferden auf der Koppel nicht einfach eine Steuermarke umhängen. Da ist das Verletzungsrisiko viel zu groß", sagt Berbig und spricht damit die Schwierigkeiten an, die die Städte und Gemeinden bisher davon abgehalten haben, eine Pferdesteuer einzuführen: Der Verwaltungsaufwand ist zu hoch. Das war eines der Argumente, das vor rund zehn Jahren die Einführung einer Pferdesteuer verhindert hatte - die Steuer gehörte zum 100-Punkte-Programm, mit dem Bürgermeister Hans-Joachim Grote den maroden Haushalt sanieren wollte.

Weiter waren schon die Tangstedter: 1993 hatte der Gemeinde als erste bundesweit beschlossen, eine Pferdesteuer einzuführen. Nachdem der Landesreiterverband Klage angedroht hatte, einigten sich Gemeinde und Reiter: Die Pferdebesitzer verpflichteten sich, die Reitwege zu pflegen.

"Der Aufwand hält sich in Grenzen, wenn die Stadt die Abgabe über die Reitställe einzieht", sagt Linke-Fraktionschef Berbig. Die Reitstallbesitzer müssten sich das Geld von den Pferdebesitzern wiederholen. Alle Formen des therapeutischen Reitens müssten von der Steuer ausgenommen werden. Wer 6000 Euro im Jahr für sein Hobby ausgebe, den schmerzten 60 oder 100 Euro im Jahr zusätzlich wohl kaum. Bei rund 3000 Pferden in Norderstedt kämen mindestens 180 000 Euro zusammen, ungefähr die Summe, die die Hundesteuer in den städtischen Haushalt bringt. Für 3812 Hunde zahlen die Halter 161 000 Euro pro Jahr.

Grundsätzlich abgeneigt sind auch CDU und SPD nicht. SPD-Fraktionschef Jürgen Lange spricht von einer "denkbaren Möglichkeit". Die Partei habe aber noch nicht darüber diskutiert. CDU-Fraktionschef Günther Nicolai hält zwar jede Steuer für ein Hobby für abwegig, aber: "Andererseits darf es auch keine Tabus geben, wenn wir das Geld beispielsweise brauchen, um Sozialleistungen zu finanzieren." Die FDP ist strikt dagegen: "Wir haben in letzter Zeit genug an der Steuerschraube gedreht. Jetzt müssen wir sehen, wie wir die Ausgaben verringern können", sagt Fraktionschef Klaus-Peter Schroeder. Ähnlich sieht das Maren Plaschnick, Fraktionschefin der GALiN: "Bevor wir neue Steuern einführen, sollten wir im Haushalt nach Einsparmöglichkeiten suchen."

Protest kommt auch von den Pferdebesitzern: "Dann könnte ich mein Hobby an den Nagel hängen und würde ein Stück eines Lebens verlieren", sagt Christina Albrecht. Sie reitet seit ihrem achten Lebensjahr und kann sich Stute Gianna nur erlauben, weil sie eisern spart. "Urlaub ist nicht drin, den mache ich hier auf dem Hof und beim Reiten", sagt arbeitslose Hamburgerin, die ihr Pferd beim Norderstedter Dressurreiter und Ausbilder Wieger de Boer in einer der 55 Boxen untergebracht hat.

"Dass Reiter grundsätzlich reiche Leute sind, stimmt einfach nicht. Natürlich gibt es vermögende, aber viele können sich ihr Hobby nur leisten, weil sie sie ihr Geld zusammenhalten", sagt auch Pferdebesitzer Andreas Bothe. Es sei nicht nachzuvollziehen, dass gerade der Pferdebesitz besteuert werden soll. "Dann könnte mach auch Sportgeräte mit einer Steuer belegen." Und Wieger de Boer prophezeit das Ende eines kompletten Wirtschaftszweiges mit vielen Arbeitsplätzen, wenn eine Pferdesteuer eingeführt würde.