Die CDU-Politikerin erhielt 146 Stimmen bei der Wahl zur Landtagskandidatin , “Mister Norderstedt“ Dirk Bruster kam nur 67 Stimmen.

Norderstedt. Dirk Bruster genügte zu Beginn der Wahldelegierten-Konferenz der CDU im Wahlkreis 28 Norderstedt ein Blick in den Festsaal am Falkenberg und es war klar für ihn, dass es nichts werden würde mit dem Ticket nach Kiel. Die Befürworter der Landtagskandidatin Katja Rathje-Hoffmann stellten die deutliche Mehrheit der 213 stimmberechtigten CDU-Mitglieder im Saal. Katja Rathje-Hoffmann wirkte zwar unheimlich nervös, aber doch vorsichtig siegessicher.

Wenig überraschend musste der selbst ernannte "Mister Norderstedt" am Montagabend die deftige Klatsche hinnehmen. 146 Stimmen für Katja Rathje-Hoffmann, nur 67 für ihn. Lediglich drei mehr als bei seinem ersten Versuch 2009, sich statt Rathje-Hoffmann als Kandidat für die Landtagswahl ins Rennen schicken zu lassen.

Doch weder Dirk Brusters erwartbare Niederlage, noch Katja Rathje-Hoffmanns klarer Sieg sind die eigentlichen Nachrichten dieses bemerkenswerten politischen Abends. Dem neutralen Beobachter boten sich tiefe Einblicke in einen Norderstedter Ortsverband, der sich, weidwund vom erbittert geführten Lagerkampf, in aller Öffentlichkeit selbst zerfleischte.

Katja Rathje-Hoffmann nennt die Stimmung in der Partei "bedenklich"

"Ich bin nicht überrascht von diesem klaren Ergebnis. Aber ich bin trotzdem unheimlich aufgeregt gewesen", sagte Rathje-Hoffmann nach der Wahl. Die oftmals unter der Gürtellinie ausgetragene Auseinandersetzung der verschiedenen Lager habe sie so noch nicht erlebt. "Die Stimmung war aufgeheizt. In aller Öffentlichkeit wurde der Lagerkampf geführt. Das ist bedenklich", sagte die 48-Jährige.

Es wirkte fast schon verzweifelt, wie der Wahlleiter des Abends, der Bundestagsabgeordnete und CDU-Kreisvorsitzende Gero Storjohann, versuchte, mit dem Verweis auf die Geschäftsordnung der Partei den schwelenden Brast mancher CDU-Parteifreunde im Saal klein zu halten. "Das ist eine Wahl. Eine Aussprache ist hier nicht vorgesehen", sagte Storjohann. Aber die CDU-Mitglieder wollten diskutieren. Über die Wahl. Über die Kandidaten und über den undemokratischen Stil im Ortsverband Norderstedt. CDU-Mitglied Siegfried Bondke etwa unterbrach die Tagesordnung, weil er sich immer noch über einen Brief erregte, den der Ortsverbands-Vorsitzende Uwe Behrens im Vorfeld der Wahl auf Parteikosten an alle Mitglieder verschickte. Daran rief Behrens die Mitglieder auf, das Votum des Ortsvorstandes zu unterstützen und sich für Rathje-Hoffmann auszusprechen. Die Kandidatur Dirk Brusters bezeichnete Behrens als von der Jungen Union "über die Presse lanciert", die Unterstützung der ehemaligen Landtagsabgeordneten Manfred Ritzek und Herbert Paschen für Bruster als "pathetische Ergebenheitsadressen". Siegfried Bondke, seit Jahrzehnten CDU-Mitglied fragte sich: "Ist das hier noch eine demokratische Wahl?" Gero Storjohann entschied, dass ein Ortsvereins-Vorstand sehr wohl eine politische Aussage machen dürfe und diese auch mit Parteimitteln unter den Mitgliedern verbreiten dürfe. Basta. Gerhard Schröder lässt grüßen.

Die "Boßel-Mutter" Ute Oswald las der Partei die Leviten

Dass es dann ausgerechnet die besonnene ehemalige Stadtvertreterin und "Boßel-Mutter" Ute Oswald sein würde, die an diesem Abend den Druck aus dem Kessel lassen würde, überraschte die Christdemokraten im Saal. Couragiert enterte sie das Podium, ignorierte Storjohanns Aufforderung, nur eine Frage an die Kandidaten zu stellen und las ihrer Partei die Leviten, über die "Buh!"- und "Aufhören!"-Rufe derer hinweg, die an diesem Abend nur abstimmen und nicht diskutieren wollten. "Was in der letzten Zeit in der CDU Norderstedt abläuft, lässt mich als einfaches CDU-Mitglied nur noch den Kopf schütteln", sagte Oswald. Eine unbeeinflusste, unmanipulierte Wahl ohne Zwang sei im Ortsverband gar nicht möglich. Oswald prangerte den "offen wütenden Lagerkampf" an, die tendenziösen Werbebriefe der CDU-Schwesterorganisation in der Post. "Ist das jetzt der Stil der CDU in Norderstedt?", fragte sie die Parteikollegen.

Dirk Bruster kritisierte den Vorstand für seine einseitige Kandidatenempfehlung

Oswald kann nicht verstehen, warum sich die Partei so gallig und aggressiv verhält, und sich nicht darüber freut, sich zwischen zwei gestandenen Persönlichkeiten als Kandidat für Kiel entscheiden zu können. Oswald: "Warum kann man nicht vernünftig miteinander diskutieren?" Sie appellierte an die Mitglieder, sich unvoreingenommen zu entscheiden. "Ihr seid das Volk! Macht Schluss mit Lager- und Grabenkämpfen. Redet miteinander! Ihr schadet euch selbst und erst recht der eigenen Partei - unserer CDU!"

Nach der Wahl umarmte der unterlegene Dirk Bruster die Siegerin Katja Rathje-Hoffmann und verließ sofort den Saal, während die Landtagsabgeordnete Blumen und Glückwünsche entgegen nahm. "Ich finde es grundsätzlich fragwürdig, wenn einseitige Kandidatenempfehlungen ausgesprochen werden. Ich wünsche den Herren, die das so entschieden haben eine glückliche Hand, den Ortsverband in die Zukunft zu führen", teilte Bruster später mit. So klingt einer, der mit der Partei abgeschlossen hat.