Die Verbraucherberatung in Norderstedt kann bis Ende 2012 weitermachen. Doch weitere Zukunft bleibt unklar

Norderstedt. Iris Buschmann ist die Leiterin der Verbraucherzentrale am Norderstedter Rathausmarkt. Und bis gestern musste sie damit rechnen, zum Jahresende arbeitslos zu werden. Das Land Schleswig-Holstein wird die Zuschüsse für die fünf Beratungsstellen im Land von 758 000 auf 699 400 Euro kürzen. Das Aus für die Beratungsstellen Norderstedt und Heide zum 31. Dezember 2011 - zumindest ist dies die Konsequenz, die die Vorstände der Verbraucherzentrale daraus ziehen.

Jetzt sieht es so aus, als könne Iris Buschmann erst einmal aufatmen. "Ich kann den Beratungen des Vorstands nächste Woche nicht vorgreifen. Doch unser Vorsitzender läuft seit Tagen mit einem Grinsen im Gesicht herum", sagt der Landesgeschäftsführer der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein, Stefan Bock. Für ihn sei es ein "Selbstgänger", dass der Vorstand beschließt, in Norderstedt zunächst bis zum 31. Dezember 2012 weiterzumachen.

Die Verbraucherschützer wären auch schlecht beraten, das Angebot der Stadt Norderstedt nicht anzunehmen. Mit einem beeindruckend einstimmigen Votum hat sich die Norderstedter Politik großzügig gezeigt und beschlossen, die Norderstedter Verbraucherzentrale 2012 nicht nur mit den bislang üblichen 11 500 Euro zu unterstützen, sondern ihr auch noch die Jahresmiete in den Räumen im Rathaus in Höhe von 13 500 Euro zu erlassen. Geknüpft an das Versprechen, dass es am Jahresende erst mal weitergeht.

Am Donnerstag trafen sich Landgeschäftsführer Bock, die Landesministerin für Verbraucherschutz, Juliane Rumpf, und die Landtagsabgeordnete Katja Rathje-Hoffmann im Besprechungsraum im Untergeschoss der Norderstedter Verbraucherzentrale. In den Beratungsräumen darüber war der Seniorenbeirat der Stadt Norderstedt in Gruppenstärke erschienen. Die Senioren hatten schriftlich an Ministerin Rumpf appelliert, die gerade für die alten Menschen wichtige Verbraucherberatung zu erhalten. Doch die Senioren, die darauf gehofft hatten, dass die Ministerin eventuell die Rettung der Einrichtung für mehr als ein Jahr verkünden würde, wurden enttäuscht. "Die öffentlichen Haushalte sind auf allen Ebenen angespannt. Das bekommt die Verbraucherzentrale zu spüren", sagt die Verbraucherschutzministerin Rumpf. "Aber ich werde mich auf Landesebene dafür einsetzen, dass wir für die Finanzierung der Verbraucherzentralen im Land eine mehrjährige Sicherheit bieten können." Rumpf könne sich fünfjährige Vereinbarungen im Landeshaushalt vorstellen. "Doch die Standortdiskussion wird auch im nächsten Jahr weiter gehen", sagt Rumpf.

Für Stefan Bock hat die Entscheidung der Norderstedter Kommunalpolitik eine "Leuchtturmwirkung" für das ganze Land. "In anderen Kommunen stießen wir bisher auf Granit, was die Finanzierungsbeteiligung für die Verbraucherzentralen angeht. Nach der Norderstedter Entscheidung wird auch in diesen Kommunen der Einstieg diskutiert", sagt Bock. Für die Verbraucherzentralen käme derzeit bei der Finanzierung alles Negative auf einen Schlag. Nicht nur die Kürzungen der Landesmittel, sondern auch die Entscheidung, dass für die Leistungen der Zentralen der volle Mehrwertsteuersatz zu zahlen ist und dass viele langjährige Projekte auslaufen, schlagen heftig ins Kontor. "Die Finanzierung der Zentralen ist breit gefächert. Es sind 14 verschiedene Geldgeber. Das macht unsere Arbeit und die Finanzplanung so schwierig", sagt Bock. Er hofft auf die Politik in Land und Bund.

Die Landtagsabgeordnete Katja Rathje-Hoffmann, die das Treffen in Norderstedt initiiert hatte, zeigt sich erleichtert, dass das Bestehen der Verbraucherzentrale in Norderstedt zumindest für ein Jahr gesichert ist. Verbraucherschutz sei vorwiegend Bundessache, sagt Rathje-Hoffmann. Eine weitergehende Förderung sei nur über Einwirkungen auf den Bundestag und auch auf das Europäische Parlament möglich. "Dafür werden wir das Jahr nutzen", so die Landtagsabgeordnete.

Iris Buschmann hofft, dass bei den vielen Gesprächen auf allen Ebenen spätestens am 30. Dezember 2011 ein Ergebnis fest steht, das ihre berufliche Zukunft länger als ein Jahr sichert. "Wir leben seit Jahren diesen Wackelpudding. Und wir hätten nichts gegen ein wenig mehr Sicherheit", sagt Buschmann. Sie kann sich noch gut erinnern, wie 2001 das Netz der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein von damals 23 Beratungsstellen auf die heutigen fünf radikal gekürzt wurde. Dass der Verbraucherschutz in den letzten zehn Jahren unwichtiger geworden wäre, kann wohl niemand behaupten. Buschmann: "Ich hoffe, dass Bund und Land die Wichtigkeit des Verbraucherschutzes erkennen und uns die Arbeit ein wenig leichter machen."