Innenminister Klaus Schlie will eine Task Force Jugend in jedem Kreis installieren. In Norderstedt gibt es bereits ein Modell mit messbaren Erfolgen

Norderstedt. Schleswig-Holsteins Innenminister Klaus Schlie sagt: Der Staat muss bei der Jugendkriminalität schnell und mit spürbaren Folgen reagieren. Deswegen fordert er nun die Einrichtung sogenannter Jugend Task Forces in allen elf Kreisen und in den vier kreisfreien Städten. Polizeibeamte, Staatsanwälte, Mitarbeiter der Jugendgerichtshilfe, der Jugendhilfe und der Schulen sollen Maßnahmen der Prävention und Intervention für die Region erarbeiten. "Wir brauchen keine neuen Theorien, sondern praktisches Handeln", sagte Schlie.

Die Jugend Task Force sei ein neues und wichtiges Instrument, um kriminelle Karrieren junger Menschen schon früh zu erkennen und zu beenden. Wie Schlie weiter sagte, gebe es eine kleine, aber nicht zu unterschätzende Gruppe von jungen Menschen, die vor Ort bereits mehrfach polizeilich aufgefallen seien. Es sei eine Minderheit zwischen drei und sieben Prozent junger Straftäter, die allerdings für bis zu zwei Drittel der Straftaten in ihrer jeweiligen Altersgruppe verantwortlich seien. "Genau diese Jugendlichen stehen im Blick der neuen Jugend Task Force", sagte der Minister.

Was Innenminister Schlie als neues Instrument in der Präventionsarbeit beschreibt, ist in Norderstedt schon seit Jahren etabliert. "Das ist in seiner Beschreibung exakt der Ansatz, den wir in unserer Stadt erfolgreich verfolgen", sagt Wolfgang Banse, Jugendsachbearbeiter bei der Polizei Norderstedt-Mitte. Die Zusammenarbeit zwischen Polizei, den Gerichten, der Staatsanwaltschaft, den Schulen und der Jugendhilfe in Norderstedt tauge als Modell für das ganze Land.

Wer in Norderstedt als Jugendlicher straffällig wird, für den folgt die Strafe tatsächlich auf dem Fuß. "Innerhalb von zwei Wochen und höchstens einem Monat landet ein Jugendlicher bei schwereren Delikten wie Raub oder Körperverletzung vor dem Richter und je nach Urteil im Gefängnis", sagt Banse. Bei leichteren Delikten folgen Strafen wie Arbeitsstunden. 2010 wurden für Norderstedt 420 Taten den jugendlichen Intensivtätern zugeordnet. Schon 2011 verzeichnet Banse einen deutlichen Rückgang der Straftaten und rechnet bis Jahresende mit nur noch halb so viel Taten wie im Vorjahr. Das System wirkt. "Wir haben etwa 30 Intensivtäter, die von der Ermittlungsgruppe Jugend der Polizei Norderstedt beobachtet und betreut werden. Ein Teil davon sitzt im Knast - einige davon auch für länger -, und die anderen halten die Füße still. Sie gehen arbeiten oder sind auf der Schule", sagt Banse. Er selbst habe Überwachungsvideos aus der De-Gasperi-Passage ausgewertet und dabei spannende Beobachtungen gemacht. Banse: "Da habe ich einen unserer Intensivtäter gesehen, wie er bei einer Schlägerei schlichtend dazwischen geht." Die Intensivtäter würden sich beobachtet fühlen Und sie wissen: Wenn ich in so einer Situation nichts tue, bin ich wegen unterlassener Hilfeleistung dran. "Die haben dann einfach Angst vor den Konsequenzen", sagt Banse.

Banse ist gut vernetzt mit der Jugendrichterin Claudia Naumann am Amtsgericht Norderstedt und dem zuständigen Staatsanwalt Christoph Sievers. "Wenn ich einen jugendlichen Straftäter habe, rufe ich Staatsanwalt Sievers in Kiel an und wir verabreden das beschleunigte Verfahren", sagt Banse. Die Akten für den Fall gehen dann mit Bote oder per Dienstwagen sofort nach Kiel, wo der Staatsanwalt sie mit Priorität bearbeitet. Richterin Naumann kann in der Folge schnell einen Termin für den Straftäter ansetzen.

Das Norderstedter Modell ist Thomas Giebeler, dem Sprecher des Innenministeriums nicht bekannt. "Es gibt Landkreise und Städte in Schleswig-Holstein, da funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe, Schule, Polizei und Justiz gut, in anderen überhaupt nicht", sagt Giebeler. Es fehle an verbindlichen Kommunikationsstrukturen und Absprachen. Die von Innenminister Schlie angedachte Task Force soll nicht in Konkurrenz zu bestehenden und gut funktionierenden Modellen entstehen.

Am 19. September kommen die Staatssekretäre des Innen-, Justiz-, Sozial- und Bildungsministeriums und Vertreter der Kommunalen Landesverbände zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen, um ein Handlungskonzept zur Jugendkriminalprävention zu erarbeiten.