Ausrangierte Einrichtungsgegenstände werden aufgearbeitet und an Bedürftige verkauft

Norderstedt. Neu kaufen, benutzen, wegwerfen - das ist einfach, wenn Geld vorhanden ist. Doch das klassische Konsumverhalten produziert wachsende Müllberge und passt nicht in eine Zeit, in der Umweltschutz und Nachhaltigkeit das Handeln prägen. Nach diesen Leitmotiven haben Verwaltung und Politik in Norderstedt ein neues Projekt angeschoben: ein Kaufhaus für Gebrauchtmöbel. Grundlage ist die Sperrmüllsammlung auf Abruf, die seit sieben Monaten die Straßensammlung ersetzt und prima funktioniert, wie Martin Sandhof, Leiter des Betriebsamtes, eine erste Bilanz zieht. Das Prinzip: Die Müllwerker des städtischen Betriebsamtes sammeln ausrangierte Schränke, Tische, Betten, Sofas und Sessel ein und bringen sie in eine Lagerhalle. Dort arbeiten Mitarbeiter der Norderstedter Werkstätten die Möbel wieder auf. Anschließend werden sie zum Verkauf angeboten. Kaufen kann jeder; wer mit schmalem Haushaltsbudget leben muss, bekommt Rabatt.

Schafft die Stadt damit eine Konkurrenz zum Norderstedter Sozialkaufhaus, in dem unter anderem ebenfalls gebrauchte Möbel angeboten werden? "Das sehen wir nicht so. Zum einen ist die Fläche dort für das Möbel-Angebot relativ klein, da die Möbel nur einen Teil des Sortiments darstellen", sagt Sandhof. Ihm schwebt eine Lager- und Ausstellungsfläche von rund 1300 Quadratmetern vor, wobei der Standort noch nicht feststeht. Allerdings sollte er nicht zu weit von den Norderstedter Werkstätten an der Stormarnstraße entfernt sein, und es sollten möglichst wenige Anwohner durch den Betrieb gestört werden. Weitere Kriterien für die Standortwahl seien ausreichend Parkplätze, die Nähe zu einer Bushaltestelle und Geschäfte drumherum, die dem Möbelkaufhaus Laufkundschaft bescheren sollen.

Diese Größe sei nötig, weil die Möbel nicht nur wahllos im Raum verteilt werden sollen. Das Konzept sieht vor, dass die Kunden ähnlich wie bei Ikea einen Rundgang durch eingerichtete Zimmer absolvieren. Hinzu komme, dass Stadt und Norderstedter Werkstätten, in denen zurzeit 350 Menschen mit Behinderungen arbeiten, mit dem Kaufhaus für Gebraucht-Möbel einen anderen Qualifizierungsschwerpunkt verfolgten. Während im Sozialkaufhaus am Gutenbergring vorrangig Arbeitslose in Büroberufen für den Arbeitsmarkt fit gemacht würden, liege das Augenmerk beim neuen Projekt auf handwerklichen Fähigkeiten. Gebraucht würden eher Arbeitskräfte mit Kenntnissen in der Holzverarbeitung.

Als Kooperationspartner seien die Norderstedter Werkstätten ideal. Der Betrieb, der Menschen mit geistigen, körperlichen und seelischen Handicaps Arbeit gibt, habe seinen Sitz in der Stadt und sich als Arbeitgeber mit dem Ziel, behinderte Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren, beste Referenzen erworben. Mit diesem Partner könne die soziale Komponente des Projektes abgedeckt werden.

Vorbild für das geplante Kaufhaus für Gebrauchtmöbel sei Stilbruch - so heißt das Hamburger Modell, das seit zehn Jahren alte Möbel wieder flott macht und inzwischen in zwei Filialen verkauft. Mit Erfolg: Aus dem kleinen sozialen Projekt ist in zehn Jahren ein Unternehmen mit 47 Mitarbeitern geworden, das von den Hamburgern gut angenommen wird. "Es kommen viele wegen der Schnäppchen, vor allem Studenten, aber auch Kunden, die ganz bewusst das Recycling unterstützen", sagt Jörg Bernhard, der die "Haushaltsauflöser mit Herz" gegründet hat. "Man muss ja das Rad nicht immer wieder neu erfinden", sagt Norderstedts Betriebsamtsleiter Martin Sandhof, der von Stilbruch begeistert ist.

Und den Politikern ein Argument bieten kann, das in Zeiten des Sparzwangs unwiderstehlich erscheint: Das neue Möbelhaus lässt sich ohne Extrakosten realisieren. "Das gesamte Projekt wird aus den Abfallgebühren finanziert, die Gebühren werden dafür aber nicht erhöht, sie bleiben stabil", sagt Sandhof. Er geht davon aus, dass die Kosten für die Sperrmüllentsorgung sinken. Der Verkauf der aufgemöbelten Stühle, Schränke und Tische bringe Einnahmen. Zusätzlich sollen die Erlöse aus dem Einsammeln von Altkleidern, Altpapier und Altmetall für das Kaufhaus eingesetzt werden. Was in den Sammelcontainern landet, hat sich in den letzten Jahren zu einem Geschäft für die Stadt entwickelt, da der weltweite Bedarf an Rohstoffen ständig wächst.

Der Umweltausschuss stimmte dem Projekt jetzt einstimmig zu. CDU-Stadtvertreter Arne Schumacher: "Das Projekt ist ein Highlight für alle Stadtvertreter. Dabei gewinnen alle Beteiligten: Die Bürger, die Norderstedter Werkstätten und die Bedürftigen."

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