Torsten Albig forderte in Norderstedt die Abschaffung von fünf Staatskanzleien, will Schleswig-Holstein aber erhalten

Norderstedt. Für eine Abschaffung Schleswig-Holsteins ist Torsten Albig nicht unbedingt - obwohl einige Besucher der Zukunftsveranstaltung in einem der beiden Nordport-Tower das so verstanden haben wollen. Der SPD-Kandidat für den Ministerpräsidentenposten in Schleswig-Holstein will sich, falls er gewählt wird, selbst abschaffen? Natürlich nicht. Tatsächlich sprach sich Albig bei seinem Besuch in Norderstedt für eine Zusammenarbeit der Nordstaaten aus. "Brauchen wir fünf Staatskanzleien", fragte Albig und gab selbst die Antwort: "Nein!" Dabei stellte er aber auch deutlich fest: "Das wäre keine Abschaffung Schleswig-Holsteins."

Einen kompletten Nordstaat also will Torsten Albig, der seit 2009 amtierender Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Kiel ist, nicht. Trotzdem überraschte seine Aussage viele Besucher der SPD-Zukunftsveranstaltung im Nordport-Tower: So deutlich hatte sich bisher kaum ein Politiker geäußert. Albig machte seine Aussage so lässig, wie er sich den ganzen Tag über gab: Im Pullover saß der SPD-Spitzenpolitiker auf dem Podium und gab seine Statements ab. Aber er saß nicht nur dort, denn Ziel seines Besuches in Norderstedt war das Gespräch mit möglichst vielen Bürgern. Deshalb ging es gleich nach der Begrüßung in die Diskussion: Torsten Albig setzte sich an einen Tisch und hörte sich die Argumente zahlreicher Besucher an.

Unterdessen gab es diverse Möglichkeiten, sich anderweitig zu artikulieren: Wer wollte, konnte Wünsche und Argumente als Comic auf eine Wandtafel malen oder eine Videobotschaft aufzeichnen lassen, die dann während des Landesparteitages am 24. September in Rendsburg gezeigt wird. Es gab die Möglichkeiten, sich mit einem schriftlich fixierten Politikwunsch fotografieren zu lassen oder Zettel in einen Zukunfts- und einen Meckerkasten zu werfen. "Wir wollen miteinander Ideen für die Politik entwickeln", sagte Torsten Albig, der auf keine Frage eine Antwort schuldig blieb. Wenn doch, dann reagierte er geschickt: "Wir sehen sie das denn?" fragte er sein Gegegenüber.

In der allgemeinen Diskussion, die sehr darunter litt, dass einige Mitglieder des "Alster Business Clubs" die Veranstaltung penetrant in eine Eigenwerbeveranstaltung umfunktionieren wollten, sprach sich Albig unter anderem für die Gründung von kreisübergreifenden Kompetenz-Centern in Schleswig-Holstein aus, um Kosten zu senken und Ressourcen auszunutzen. Mit Blick auf seine eigenen Kinder sprach der SPD-Politiker die seiner Ansicht nach mangelnde politische Bildung in den Schulen an. "Wir brauchen für mündige Bürger eine Schule, die auf die Politik vorbereitet und Lehrer, die mit Begeisterung von der Politik erzählen, speziell auch über Kommunalpolitik."

Torsten Albig war im August schon zweimal im Kreis Segeberg: Während einer privaten Fahrradtour hatte er mit Frau und Tochter auch in Henstedt-Ulzburg Station gemacht. Das Gewerbegebiet in Henstedt-Ulzburg beeindruckte ihn, viele Straßen im Kreis Segeberg machten auf ihn hingegen einen "jämmerlichen" Eindruck. Die Sommerradeltour mit seiner Familie verschaffte Torsten Albig nach eigenen Angaben viele neue Eindrücke über das Land, in dem er Ministerpräsident werden will. Die Tour habe ihm aber auch viel zum Nachdenken über Schleswig-Holstein gegeben.