Anschließend setzte sich Darius W. betrunken hinters Lenkrad, ließ die Frau mitten in der Nacht auf der Straße liegen und fuhr zügig davon

Kreis Segeberg. Eigentlich war es ein harmonischer Abend unter Freunden: Fünf junge Leute gingen Anfang Dezember des vergangenen Jahres erst gemeinsam ins Kino und dann zu den Eltern von Kim K., 24, in Todesfelde, wo man den Abend bei einigen Drinks ausklingen ließ. Nina G., 19, war nüchtern geblieben und wollte ihre beiden Freundinnen und Darius W., 23, nachts mit dem Wagen des Vaters ihres Freundes Kim nach Hause bringen. Unterwegs setzte sich Darius W. in den Kopf, unbedingt eine Zigarette rauchen zu wollen, was ihm Nina G. verbot. Dann müsse er aussteigen, erklärte ihm die junge Frau, worauf Darius W. mit den Worten: "Ich will sowieso zu Fuß gehen", ausstieg. Nina G. setzte ihre Freundinnen in Stuvenborn ab und begab sich auf den Rückweg nach Todesfelde, als sie den einsamen Wanderer Darius W. auf dem Weg zu seinem Wohnort Bark entdeckte. Der junge Mann, den Nina W. seit einigen Jahren durch ihren Freund kennt, tat ihr leid. Sie hielt an, um ihn mitzunehmen. Wortlos riss Darius W. die Fahrertür des Polo auf und beugte sich über die zunächst erstaunte Nina G., die dann merkte, dass Darius W. ihren Sicherheitsgurt öffnete. Erschrocken klammerte sich die Zahnarzthelferin an das Lenkrad, woraufhin W. versuchte, ihre Finger zu lösen. Als das nicht gelang, zog er so heftig am Schal von Nina, dass sie würgend das Lenkrad losließ. Darius W. packte die junge Frau und warf sie auf die Straße. "Du Schlampe, das hast du nun davon", schleuderte W. seinem Opfer entgegen und setzte sich dann stark angetrunken wie er war hinters Lenkrad des Autos, um zügig davonzufahren - allerdings nur bis etwa 600 Meter vor das Haus des Wagenbesitzers. Dort stieg Darius W. aus und ging zu Fuß weiter. Als die geschockte Nina G. weinend bei den Eltern ihres Freundes Kim K. ankam, nahm K. sofort die Verfolgung seines Freundes auf und stellte ihn zur Rede. Nach einem lauten Wortgefecht und einer Rangelei ging Kim K. zur Polizei.

Es ist eine ganze Reihe von strafgesetzlichen Tatbeständen, die Darius W. in jener Januarnacht erfüllt hat und die ihn auf die Anklagebank des Amtsgerichts in Bad Segeberg führten: Neben Nötigung, Körperverletzung und Beleidigung fuhr der Angeklagte nicht nur betrunken - 1,8 Promille hatte die Blutprobe ergeben -, sondern auch ohne Fahrerlaubnis. Die war ihm nämlich nach einer früheren Trunkenheitsfahrt entzogen worden. Da sich Darius W. beider Blutprobe heftig wehrte, muss er sich zudem wegen Widerstands gegen die Polizei verantworten.

Auf die Frage von Richterin Sonja Badenhop, was denn eigentlich los gewesen sei, antwortet der Angeklagte: "Das wüsste ich auch gerne." Angeblich erinnert sich der Kfz-Mechatroniker-Lehrling nur noch bruchstückhaft. An den Abend und an das eigentlich Tatgeschehen, den Überfall auf Nina G., gar nicht. Im Kino habe er einige Biere getrunken, anschließend hätten er und sein Freund Wodka gekauft. Was dann passierte, versinkt im Alkoholnebel, behauptet der Angeklagte.

Die Richterin muss also mehrere Zeugen vernehmen, um die Geschehnisse zu rekonstruieren: Die Autofahrerin Nina G. und ihr Freund Kim K. sind die wichtigsten Zeugen. Übereinstimmend bestätigen sie sowohl die in der Anklage beschriebenen Taten als auch die Tatsache, dass der Angeklagte, dem sie inzwischen die Freundschaft gekündigt haben, häufig Alkohol trank. Ein Umstand, den auch der Angeklagte selbst nicht bestreitet. Er war also an Alkohol gewöhnt und sprach nach Aussage seiner ehemaligen Freunde in der Tatnacht weder verwaschen noch schwankte er oder zeigte sonst irgendwelche Anzeichen stärkerer Trunkenheit. Auch den Sicherheitsgurt hatte der Angeklagte geschickt geöffnet und erklärt, der Autoschlüssel, den sein Freund vergeblich gesucht hatte, befände sich unter dem Fahrersitz des entwendeten Wagens. Normalerweise sei der Angeklagte angetrunken immer fröhlich gewesen, erzählt Kim K., der allerdings auch ein Mal miterlebte, wie Darius W. im Alkoholrausch sein Zimmer zerlegt, also alles "kurz und klein geschlagen" habe.

Die Entschuldigung des Angeklagten akzeptiert Nina G., die zum Glück nur einige Schürfwunden und Hämatome davon trug, nicht und glaubt, dass der Angeklagte den "Filmriss" nur behauptet, "damit die Strafe milder ausfällt". Gegenüber der Polizei hatte Darius W. erklärt, nach der Fahrt zu Hause noch eine Flasche Wodka getrunken zu haben. Eine Behauptung, die nach dem Gutachten der anwesenden Rechtsmedizinerin nicht stimmen kann, denn dann hätte der Angeklagte bei der Blutprobe über 3 Promille haben müssen.

Trotz des hohen Alkoholgehalts bei dem begangenen Überfall geht die Ärztin nicht einmal von einer verminderten Schuldfähigkeit beim Angeklagten aus, denn er fuhr den Wagen geschickt, parkte ihn ein und hatte auch sonst keinerlei Ausfallerscheinungen.

Die Richterin hält dem Angeklagten zugute, dass er nur eine kurze Strecke fuhr und das Geschehene nach ihrer Meinung aufrichtig bereut. Dennoch fällt das Urteil für den mehrfach Vorbestraften relativ hart aus: Darius W. muss eine Geldstrafe von 1200 Euro zahlen und sämtliche Prozesskosten tragen. Der Führerschein wird dem Angeklagten für ein weiteres Jahr entzogen.