Ute Algier und “ihre“ Ehrenamtler setzen sich dafür ein, dass die Bewohner von Alten- und Pflegeheimen möglichst selbstbestimmt leben

Norderstedt. Alt zu werden, ist kein einfacher Prozess. Und wenn die Beschwerden und Gebrechen so gravierend werden, dass eine eigenständige Versorgung nicht mehr möglich ist, führt für viele der Weg ins Altersheim bzw. in eine stationäre Einrichtung, wie es heute heißt. Das muss jedoch noch lange nicht das Ende eines selbstbestimmten Lebens sein. Heimbewohner haben Mitbestimmungsrechte, von denen sie und ihre Angehörigen meist gar nichts wissen. Um zu helfen, diese Rechte umzusetzen, hat sich die Landesarbeitsgemeinschaft Heimmitwirkung (LAG) Schleswig-Holstein gegründet. Ute Algier, die Vorsitzende der Interessenvertretung, erklärt, wieso die Arbeit der LAG so wichtig ist.

Eine Heimbewohnerin hat Mühe, ihre Tabletten zu schlucken und fragt nach einem Glas Wasser ohne Kohlensäure. Die Heimleitung will ihr diesen Wunsch jedoch nur gegen Aufpreis erfüllen, denn normalerweise wird ausschließlich Selters angeboten. In einem anderen Fall hat die Heimleitung die Kosten für die Unterbringung erhöht, ohne dies mit den Bewohnern abzustimmen. Missstände, wie sie von der Rechtslage her eigentlich nicht vorkommen dürften. "Es gibt Gesetze zur Selbstbestimmung und diese müssen durchgesetzt werden. Die Bewohner kennen ihre Rechte jedoch häufig nicht. Deswegen bilden wir Multiplikatoren aus, die als Vermittler zwischen den Bewohnern und den Einrichtungen fungieren", erklärt Ute Algier die Arbeitsweise der LAG.

So regelt das Gesetz auch, dass es Bewohnerbeiräte geben muss, die die Interessen der Heimbewohner vertreten. Die LAG unterstützt die Wahlen und die Arbeit dieser Räte durch ihre Mitglieder, die so genannten Multiplikatoren, die vorher geschult und über die Rechte der Bewohner aufgeklärt worden sind. Multiplikatoren, das sind Menschen, die Wissen weitergeben und verbreiten. Alle "Multis", wie die LAG ihre Mitglieder nennt, arbeiten ehrenamtlich. So können die Bewohnerbeiräte bei vielen Themen mitwirken und mitbestimmen, wenn es um den Essensplan, Betreuung und Pflege, Veranstaltungen und eben auch die Erhöhung der Heimkosten geht.

"Der Trend ist positiv, langsam greifen unsere Maßnahmen, und die Sensibilität für die Bedürfnisse der Bewohner steigt", berichtet Algier, die gelernte Altenpflegerin ist. Die 71-Jährige war von Anfang an dabei und ist seither Vorsitzende der LAG. Sie freut sich besonders, dass mittlerweile auch viele positive Beispiele aufzuzählen seien. "Da wird dann ein Mitglied vom Bewohnerbeirat mitgenommen, wenn es darum geht, neue Bettwäsche oder Besteck einzukaufen. Oder der Beirat setzt sich mit dem Koch zusammen, und man bespricht den Speiseplan." Es sei das Wichtigste, dass die Bewohner möglichst selbstbestimmt leben können. So seien auch Besuchszeiten völlig unangebracht: "Die Bewohner sind ja nicht im Krankenhaus, sie leben hier. Und zu Hause sagt ihnen auch keiner, wann sie Besuch empfangen dürfen. Es kommt auch niemand herein, ohne zu klopfen, wie einige Pflegekräfte es tun."

Die engagierte 71-Jährige, die seit langem in der Politik aktiv, Norderstedter Stadtvertreterin und Vorsitzende des Sozialausschusses ist, hat für ihre Arbeit in der LAG das Bundesverdienstkreuz bekommen. "Manchmal frage ich mich, warum ich mir den Stress eigentlich antue? Aber ich weiß halt, wie man was bewegt. Es treibt mich an, gute Gesetze, die ja da sind, so umzusetzen, dass sie bei den Bewohnern ankommen."

Mittlerweile hat die LAG 155 Mitglieder, die die Beiräte in 600 Einrichtungen in Schleswig-Holstein betreuen. "Wenn man sieht, wie man anderen Menschen helfen kann, ist das ein tolles Gefühl", sagt die Vorsitzende. Die Hilfe, die die "Multis" leisten, wäre sonst nur sehr teuer zu finanzieren. Denn alle Mitglieder bringen es auf eine enorme Arbeitszeit und erhalten dafür die Ehrenamtskarte - und die gibt es ab einer Arbeitszeit von 250 Stunden im Jahr.

Informationen zur Mitgliedschaft geben Ute Algier, Telefon 040/52 41 386, und Peter Meier, Telefon 0437/87 91 94.