Die Norderstedter Zeitung fragte Passanten, ob sie dem Schuldenstaat finanziell unter die Arme greifen würden. Die Mehrheit lehnt das ab

Das hoch verschuldete Griechenland ist derzeit in aller Munde. Milliarden an Euro schickte Deutschland bereits innerhalb eines Jahres in das Land am Mittelmeer. Die Finanzspritzen sind nicht nur unter Wirtschaftsexperten umstritten - auch viele Bürger haben wenig Verständnis dafür. Sie fürchten, dass sie zur Kasse gebeten werden, denn schließlich kommt der Löwenanteil vom Geld der Steuerzahler. Viele Bürger werfen den Griechen vor, bisher nicht genug für die Sanierung ihres Staates getan zu haben. "Wer so gut gelebt hat wie die Griechen, ist doch selbst schuld", sagt beispielsweise Bernhard Klein, 65. Er ist einer der Bürger, die die Norderstedter Zeitung gefragt hat, ob sie bereit wären, unsere insolventen Nachbarn aus dem Süden mit einem symbolischen Beitrag zu unterstützen. Wir wollten wissen: "Haben Sie mal 'n Euro für Griechenland?"

"Die Griechen arbeiten wenig und wir in Deutschland viel"

Die 25-jährige Svenja Velten möchte sogar zwei Euro in unseren Griechenland-Spartopf werfen: "Etwas mehr als einen Euro gebe ich gerne für Griechenland. Obwohl ich finde, dass die Griechen zurzeit auf einem ganz schön hohen Sockel stehen", sagt sie. Schließlich würden sie wenig arbeiten und wir viel. Dafür seien die Deutschen in ganz Europa sogar verschrien. "Und nun sollen wir deren Probleme ausbaden? Das ist eigentlich kein netter Dank für unseren Fleiß."

Das sieht Bernhard Klein , 65, aus Norderstedt genauso: "Wer so gut gelebt hat wie die Griechen, ist doch selbst schuld. Ich sehe nicht ein, dass wir deren Löcher jetzt stopfen müssen." Deutschland habe selbst genug Probleme, die angegangen werden müssten. Etwa die zunehmende Armut in der Gesellschaft. "Aber was will man machen - als Bürger muss man sowieso zahlen. Griechenland bekommt von mir 'nen Euro - für ein reines Gewissen."

Die Quickbornerin Elena Lorenz , 23, blickt bei den ganzen Diskussionen um Griechenland gar nicht mehr richtig durch: "Ich verstehe nicht, warum es zur Rettung nicht andere Mittel geben kann außer unsere Steuergelder. Klar, die Europäische Union ist dafür da, um sich gegenseitig zu helfen - ein Geben und Nehmen halt. Aber momentan gibt besonders Deutschland ganz viel und nimmt nichts. Es tut mir wirklich leid für die Griechen, aber von mir bekommen die keinen Cent", sagt sie. Der Spartopf bleibt dieses Mal leer.

Auch die Norderstedterin Doris Scharf ist mit den Griechenland-Hilfen ganz und gar nicht einverstanden: "Ich habe zwar einen Überblick über die ganze Diskussion", meint die 48-Jährige. "Aber ich verstehe nicht, warum unsere Spenden-Summe so enorm hoch ausfallen muss. Hier fehlt es doch auch an allen Ecken und Kanten. In Kitas sollte zum Beispiel mal investiert werden. In den Griechenlandtopf werfe ich sicher nichts."

Keinen Euro gibt es ebenfalls von Paul Stenbock , 23. Er kann zwar nachvollziehen, dass die EU Griechenland zur Seite steht - findet aber, dass die Griechen ihre Schulden möglichst schnell aus eigener Tasche begleichen sollten. Wäre das denn möglich? "Um das möglich zu machen, müssten die Griechen wahrscheinlich ihr eigenes Land verpfänden", scherzt er. Von einer Unterstützung hält er gar nichts.

Der 24-jährige André Riedel hingegen hat zu den deutschen Griechenland-Hilfen eine zweigeteilte Meinung: "Für unsere gemeinsame Währung, den Euro, ist eine Rettung Griechenlands sicherlich sehr sinnvoll. Auf der anderen Seite finde ich es nicht korrekt, etwas auszubaden, das andere verursacht haben." Er stellt sich die Fragen: "Was wäre denn, wenn es Deutschland finanziell so schlecht ginge? Wer hilft uns dann?" Dafür gibt es seiner Meinung nach niemanden. Das mache ihn wütend. Deshalb wirft er keinen Euro in die Griechenland-Büchse.

Den 43-jährigen Norderstether Stefan Schultz macht die Diskussion um Griechenland ebenfalls rasend: "Im Gegensatz zu uns Deutschen leben die Griechen doch in vielen Bereichen wie Könige." Von einer Rente mit 55 Jahren könnten wir nur träumen. "Ich hätte zwar einen Euro in der Tasche, aber Griechenland hat ihn, meiner Meinung nach, nicht verdient." Auch hier geht unsere blauweiße Spardose leer aus.

Als ein "Fass ohne Boden" sieht der 66-jährige Uwe Schröter aus Norderstedt die Finanz-Spritzen für Griechenland. Da unser selbst gebastelter Griechenland-Topf aber einen Boden hat, wirft er zwei Euro hinein. Dennoch: "Egal, wie viel wir geben - die Krise wird immer mehr verschlucken", glaubt er. Die Griechen kommen seiner Meinung nach nicht darum herum, noch mehr Geld im eigenen Haushalt einzusparen. Schröter findet es unglaublich, dass Deutschland tatsächlich mit einer Summe von 147 Milliarden Euro für Griechenland haftet - schließlich sei das ein Drittel des gesamten deutschen Staatshaushaltes.

"Die Griechen müssen noch mehr Geld in ihrem eigenen Haushalt einsparen"

Die beiden 21-jährigen Norderstedterinnen Nina Becker und Melanie Habeck kommen gerade aus dem Urlaub. Nicht aus Griechenland, sondern aus Bulgarien. "Deshalb sind wir gar nicht auf dem neusten Stand, was das Thema Schuldenkrise betrifft", sagt Nina. Generell hält sie aber nicht so viel davon, dass Deutschland immer mehr bürgen muss für den europäischen Rettungsschirm. Letztendlich bleibe es doch an den Steuerzahlern hängen, meint sie. Und: Viele von ihnen würden doch gar nicht verstehen, worum es bei der ganzen "Griechenland-Sache" geht. Melanie findet: "Es müsste noch offener über das Thema gesprochen werden - nicht nur in den Medien, in denen Griechenland rauf und runter behandelt wird". Auch in der Schule müsse es angesprochen werden, da die Kinder unsere Schulden später begleichen müssten. Auf die Frage "Haben Sie mal 'n Euro für Griechenland?" regieren die jungen Damen mit einem klaren "Nein".

Am Ende des Tages sind gerade einmal fünf Euro in unserem blauweißen Spartopf. Armes Griechenland - das reicht gerade einmal für einen doppelten Ouzo oder eine Portion Oliven mit Fetakäse.