Norderstedter Schüler haben die Sau spendiert. Sie ist ein wichtiger Beitrag der Hilfe für Aids-Waisen in Uganda

Zufrieden guckt sie durch die Latten des Holzzaunes. Miss Piggeldie weiß offensichtlich, dass sie sich um ihre Zukunft keine Sorgen machen muss. Die Sau wird ihr Leben nicht so schnell auf der Schlachtbank beenden. Im Gegenteil: Das Hausschwein soll werfen, je mehr Ferkel, desto besser. Das rosarote Prachtexemplar ist die eine Säule der geplanten Schweinezucht in Masaka, einer Stadt am Victoria-See in Uganda.

Pastor Leonhard Mukwaya, 45, den alle nur Leo nennen, will die Schweine verkaufen, der Erlös soll Aids-Waisen zugutekommen. Ihre Wurzeln hat die tierische Hilfsaktion in Norderstedt. An der ehemaligen Realschule im Schulzentrum Süd, heute Gemeinschaftsschule Ossenmoorpark, startete während der Projektwoche im Februar 2010 das Uganda-Hilfsprojekt - eine Initiative, die nicht mit dem Projekt endet, sondern von Dauer ist.

Die Schüler sind so gepackt, dass sie freiwillig weitermachen, in ihrer Freizeit Briefe an Aids-Waisen schreiben, Pakete packen, ungeduldig auf Antwort aus Afrika warten, die Geburt von Ferkeln bejubeln und so ganz nebenbei viel lernen. Über das Leben in Uganda, Dürre, Not und Krankheit, die Aufzucht von Schweinen, aber auch über Kosten und Transport. Lehrerin Ulrike Pirke, vor ihrer Heirat Ulrike Hüls, freut sich in jedem Fall über die Hilfsbereitschaft der Schüler: "Sie sehen, was man mit sozialem Einsatz und direkter Hilfe alles bewegen kann", sagt sie.

Die Jugendlichen schreiben Briefe an die Jungen und Mädchen in Masaka

Die Pädagogin entwickelte mit den Jugendlichen der Klass 8c das Motto "14 Schüler für 14 Aidswaisen". "Jeder Projektteilnehmer nahm Briefkontakt zu einem Waisenkind in Masaka auf, und alle schickten 14 Geschenkbeutel in einem großen Paket nach Uganda. Außerdem sammelten sie bei der Projektpräsentation Geld für die Schulkleidung der afrikanischen Kinder", sagt die Pädagogin.

Die Realschüler engagierten sich auch über das Projekt hinaus für ihre Paten. Beim Frühjahrskonzert in der Schule gingen sie mit Sparschweinen durch die Schule, die traditionellen Sammelbüchsen haben inzwischen einen festen Platz im Leben von Ulrike Pirke: "Ich habe bestimmt schon mehr als 15 unterschiedliche Sparbüchsen, die wir immer wieder für unsere Uganda-Hilfe brauchen", sagt die Lehrerin, die wie ihre Schüler jede Menge Freizeit investiert.

Die Schüler entwickelten eine "Superidee", wofür das Geld verwendet werden sollte. Die Jugendlichen wollten Pastor Leonard beim Ausbau seiner Schweinezucht unterstützen. Er kaufte von dem Geld ein Schwein. Wieder wurden die Schüler kreativ, schließlich brauchte das Schulschwein einen Namen. Sie entschieden sich für "Miss Piggeldie", angelehnt an die Piggeldy und Frederick, die beiden Zeichentrick-Schweine, die es in der TV-Serie Sandmännchen zu erheblicher Prominenz geschafft haben.

Pastor Leonhard kaufte für das Geld Futter, das sehr teuer in Afrika ist

Doch damit nicht genug, schließlich gehören zur Zucht ja immer mindestens zwei. Also musste weiteres Geld aufgetrieben werden. 300 Euro blieben übrig, nachdem das Anti-Aids-Stück "I will survive" auf der Bühne in der Schulaula gezeigt worden war - schon seit Jahren hat sich Ulrike Pirke dem Kampf gegen die Immunschwäche verschrieben (s. Info-Kasten). 150 Euro bekam die Michael-Stich-Stiftung, die ebenfalls die Verbreitung von Aids eindämmen will. 150 Euro überwies Ulrike Pirke an Pastor Leonhard, der davon Futter für die Schweine kaufen will.

"Die Schüler vom Uganda-Hilfsprojekt hatten sich schon zum Jahresende sehr erfolgreich für unser Schweineprojekt in Masaka eingesetzt", sagt die Pädagogin. Sie informierten mit Plakatwänden in der Schule, verkauften kleine Geschenke, beim Weihnachtskonzert boten sie alkoholfreien Punsch, Quiche und Süßes an. Die Sparschweine wurden reichlich gefüttert.

Der Erlös von 300 Euro wurde für die zweite Säule der Zucht überwiesen. Leo kaufte einen stattlichen Eber. "Am teuersten sind die Frachtkosten", sagte der Pastor, als er jetzt die Spender in Norderstedt besuchte. Das Tier musste von Entebbe über mehrere Hundert Kilometer nach Masaka gefahren werden. Der 90 Kilo schwere Zuchteber hört übrigens nicht auf Frederik. Er bekam von den Norderstedter Schülern den Namen James verpasst.

Miss Piggeldie hat die Erwartungen bisher erfüllt: Sie war schon dreimal schwanger, hat einmal pünktlich zu Heiligabend zwölf Ferkeln das Leben geschenkt. Inzwischen stehen gut 100 Schweine im Stall, 22 Sauen, drei Eber und fast 80 Ferkel. Zeit für den Theologen, der in der Diözese von Masaka arbeitet, sein Wissen über Aufzucht, Haltung, Fütterung und Schlachtung zu vertiefen.

Und so nutzte Leonhard den Besuch in Deutschland zusammen mit den Schülern und der Lehrerin für eine Stippvisite bei einem Schweinezüchter im Norden. Der Gast stapfte mit dem Züchter munter drauflos, mitten rein in den Stall und in einen Duft, den so manche Norderstedter Schülernase nur schwer verdauen konnte. Einige hielten sich sofort die Nase zu, andere traten den Rückzug an. Zumal an den Füßen auch noch Flip-Flops hingen, die wenig Schutz vor dem üblichen Bodenbelag in Ställen bot. "Das liegt allerdings an den Abitagen in der Schule. Da verkleiden sich die Schüler, und heute war Hawaii das Motto", sagte Ulrike Pirke.

Leo sah sich im Stall um, bei den erwachsenen Schweinen und in der Kinderstube. Er bestaunte die drei Silos mit unterschiedlichem Futter, nahm zur Kenntnis, dass hier nur noch künstlich befruchtet wird, und der Computer die Zucht möglichst optimal steuert. Der Laienzüchter aus Uganda zeigte sich beeindruckt: "Das ist unheimlich faszinierend, aber so technisiert, dass ein solcher Betrieb für uns nicht in Frage kommt."

Den Gast aus Afrika plagen andere Sorgen: Das Futter ist teuer. Leo und seine Helfer kaufen wegen der Proteine und Vitamine fertige Nahrung, die sie mit Mais strecken. "Das Wasser fehlt. In diesem Jahr blieb der übliche Regen fast komplett aus", sagte Leo in nahezu perfektem Deutsch. Er hat in Rom studiert und kam nach Deutschland, da die "Collegios" über Weihnachten schließen. Den Kontakt nach Norderstedt hat eine Frau hergestellt, die sich seit Jahren in der Uganda-Hilfe engagiert - ehrenamtlich und trotz ihrer 84 Jahre unermüdlich. Ruth Nowakowski bewarb sich beim Senior Experten Service, der Stiftung der Deutschen Wirtschaft für internationale Zusammenarbeit, bei der Führungskräfte und Unternehmer im Ruhestand ihre Erfahrungen bei der Entwicklung von Projekten im In- und Ausland weitergeben.

Die Pensionärin erwies sich als tropentauglich und flog nach Masaka, südlich der ugandischen Hauptstadt Kampala, um ein Tagungszentrum zu modernisieren. Dafür hatte sie ein Vierteljahr Zeit. "Das reichte für eine Bestandsaufnahme", erinnert sich die Entwicklungshelferin, die im nächsten Jahr die Arbeit fortsetzte und in einen völlig anderen Kulturkreis eintauchte: Die Menschen auf dem Land leben sehr verstreut. Sie sind arm, aber "unheimlich hilfs- und aufnahmebereit". Acht bis 16 Kinder seien die Regel, der Tod von zweien durch Aids oder andere Krankheiten gehöre ganz selbstverständlich zum Leben. Die Wege sind weit, Wasser ist knapp, der Schulbesuch kostet Geld, früher durften nur die Jungen lernen. "Das Leben ist hart. Ich bewundere bis heute die Männer, die sich sechs Bananenstauden mit einem Gesamtgewicht von 150 Kilo aufs Rad laden und damit kilometerweite Strecken auf aufgeweichten Pisten zurücklegen", sagt Ruth Nowakowski. Geld ist nicht da. Doch das ließ die Norderstedterin nicht verzweifeln, sie nahm den Mangel als Herausforderung.

In Masaka lernte sie Pastor Leonhard kennen, der Kontakt hält bis heute. Und sie kam in den Unterricht von Ulrike Pirke, wenn es im Wahlpflichtfach Gesundheitslehre um Aids ging - dem Kampf gegen die Immunschwäche haben sich beide verschrieben. Auch der Kontakt hat Bestand.

Wenn das Schulgeld nicht bezahlt wird, wird der Schulbesuch unterbrochen

"Wichtig ist, dass die Kinder in Uganda die Schule besuchen. Es gibt zwar staatliche Schulen, die meisten aber schicken ihre Kinder auf private Schulen. Und die kosten Geld. Wenn das nicht bezahlt werden kann, wird der Schulbesuch einfach unterbrochen", sagt Ulrike Pirke. Deswegen seien die Einnahmen aus dem Verkauf der Ferkel und Schweine so wichtig. Zehn bis zwölf Kilo Fleisch bringen rund 30 Euro. Doch es fehlen auch Schuhe und Kleidung. Die Norderstedter Schülerpaten haben Kuscheltiere, Radiergummis, Buntstifte, aber auch Gummibärchen gesammelt und ein 20-Kilo-Paket auf die Reise geschickt. "Das kostet 85 Euro und dauert sechs Wochen", sagt die Lehrerin, die jetzt einen Spediteur sucht, der die Spende günstiger transportieren kann.

Sie und die Schüler wollen sich mit ihrem Projekt "Ein Schulschwein für Uganda" wieder am bundesweiten Wettbewerb "Alle für Eine Welt für alle" beteiligen und rechnen sich gute Chancen auf einen vorderen Platz aus. Sollte das gelingen und mit einer Prämie belohnt werden, geht das Geld natürlich wieder in die Schweinezucht zugunsten den Aids-Waisen. Finanzielle Hilfe ist weiter nötig. "Wir haben eine Quelle gefunden. Nun brauchen wir eine Pumpe und müssen Rohre verlegen", sagt Pastor Leonhard.