Glasmoor-Häftling wegen Missbrauch von Ausweispapieren zu sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt

Norderstedt. Eigentlich sah es im Leben des 26-jährigen Timo T. aus Norderstedt gerade ganz gut aus: Der Häftling im offenen Vollzug hatte in der Strafhaft eine kaufmännische Ausbildung gemacht, durfte tagsüber arbeiten und musste nur zum Schlafen abends um 22 Uhr wieder in Glasmoor im Gefängnis erscheinen. Das Ende der mehr als zwei Jahre währenden Haftstrafe war in Sichtweite - Ende Mai sollte es so weit sein, doch dann verbaute sich selbst seine Zukunft:

Im Januar diesen Jahres setzte er sich vor der Justizvollzugsanstalt (JVA) morgens ans Steuer eines Pkw, obwohl der ehemalige Drogenabhängige schon lange nicht mehr im Besitz einer Fahrerlaubnis war. Ein Gefängnisangestellter beobachtete Timo T. und rief die Polizei, die dem jungen Mann mit Blaulicht im Hofweg entgegenkam und nicht nur die Fahrt beendete, auch mit dem offenen Vollzug war es für T. vorbei. Noch am selben Tag landete der Norderstedter im Gefängnis in Billwerder im geschlossenen Vollzug, wodurch er seine Arbeit und das ihm vorher zumindest tagsüber vergönnte Leben in Freiheit verlor.

"Ich habe mir ein Missgeschick erlaubt" - so nennt der Angeklagte Timo T. vor dem Amtsgericht in Norderstedt seine erneute Straftat. Er fuhr nicht nur ohne Führerschein, sondern "missbrauchte" auch noch Ausweispapiere, wie es im Juristendeutsch heißt. Der Angeklagte hatte nämlich dem kontrollierenden Polizisten den Führerschein des Freundes, von dem er den Wagen geliehen hatte, ausgehändigt und wollte sich als eben dieser Freund ausgeben. Das ging schief, denn dem Beamten fiel auf, dass das Bild in dem Führerschein so gar keine Ähnlichkeit mit dem Angeklagten aufwies.

Dem Freund hatte der Angeklagte vorgelogen, den Führerschein zurückerhalten zu haben. Es sei ein Notfall gewesen, verteidigt sich der junge Mann. Seine Freundin habe dringend ins Krankenhaus gemusst, er habe sie begleitet, und um abends pünktlich zurück zu sein in der JVA, habe er sich das Auto des Freundes geliehen. Warum er dann am nächsten Tag unerlaubt gefahren sei, will Richter Reinhard Leendertz wissen. Er habe das Auto zurückbringen wollen, erwidert der Angeklagte.

Bei der Erörterung der Vorstrafen des Angeklagten zeigen sich Parallelen zwischen der Tat, die den Angeklagten 2009 hinter Gitter brachte, und der jetzt verhandelten Tat: Anfang 2009 war der Angeklagte ebenfalls im Auto des besagten Freundes bei einer Fahrt ohne Führerschein erwischt worden und hatte bei einer Kontrolle ebenfalls den Führerschein seines Kumpels vorgezeigt. Damals wurden im Wagen allerdings auch 500 Gramm Marihuana und ein Schlagring sichergestellt. Der Angeklagte gab damals zu, das Rauschgift verkaufen zu wollen und musste dafür ins Gefängnis.

Seine Arbeitsstelle wird der Angeklagte in jedem Fall behalten, kann sie nach seiner Haftentlassung wieder antreten, der Arbeitgeber ist mit ihm zufrieden, berichtet die Verteidigerin, die außerdem darauf hinweist, dass ihr Mandant einen Platz in einer Drogentherapieeinrichtung in Aussicht hat und unbedingt eine Chance braucht. Es sei eine große Härte und schon Strafe genug für Timo T., dass er wieder im geschlossenen Vollzug sitzen müsse, meint die Verteidigerin.

Richter Leendertz hat hingegen kein Verständnis für den Angeklagten, der nicht nur unter Bewährung stand, sondern aus der Haft heraus eine neue Straftat beging. Eine Notsituation, die die Autofahrt gerechtfertigt hätte, sieht der Richter nicht. Seine Aufgabe sei es, die Rechtsordnung zu verteidigen, und deshalb sei eine Geldstrafe völlig ausgeschlossen, betont der Richter, der den Angeklagten als "Bewährungsversager" bezeichnet, dem keine günstige Prognose für die Zukunft gestellt werden könne. Der Richter verhängt eine weitere Freiheitsstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung und eine Führerscheinsperre für ein weiteres Jahr.