Eine Glosse von Frank Adrian

Es ist noch früh, kurz vor 5 Uhr. Er schiebt fast geräuschlos das Garagentor hoch und den Motorroller heraus. Dann schließt er langsam das Tor. Nur ein leises metallisches Quietschen ist zu hören. Einen Augenblick steht er neben dem Motorroller, ein Phantom in schwarzem Leder mit schwarzem Helm und dunkler Schutzbrille. Wahrscheinlich ein männliches jüngeres Phantom, den Bewegungen nach zu urteilen. Dann schwingt er sich auf den Motorroller und lässt den Motor plötzlich aufheulen, als wäre er ein wildes Ungeheuer. Wenn das Phantom startet, soll es unter seinem Hintern brüllen. Ist doch klar, Mann! Vielleicht stellt sich das Phantom genüsslich vor, wie einige Bewohner der umliegenden Häuser aufrecht im Bett sitzen.

Die morgendliche Stille wird durch einen mörderischen Krach vertrieben. Das Phantom donnert davon, leicht vorgebeugt in windschnittiger Körperhaltung. Für einen Moment scheint der Lärm noch zwischen den Häusern und Bäumen zu hängen, ehe er dem sich entfernenden Motorroller folgt wie eine knatternde Fahne. Dann verstummt alles. Eine fast unwirkliche Stille breitet sich aus. Selbst die heiser zeternden und krächzenden Elstern schweigen erschrocken. Sie fragen sich womöglich, was für ein schwarz glänzendes Lebewesen ohne Flügel hier jeden Morgen mit einem Höllenlärm seinen Machtanspruch über dieses Revier kundtut. Auch ich will das wissen. Deshalb stehe ich oben am Fenster und überlege: Wie spricht man mit einem Phantom, das seinen Motorroller getunt hat, damit er schneller und lauter wird?