Der Großauftrag ist auf einer Fläche von rund 1600 Quadratmetern unter der Erde geplant. Obendrauf soll ein Bürokomplex entstehen

Norderstedt. Es war ein monatelanger sportlicher Wettkampf, aus dem die Stadtwerke Norderstedt als Sieger hervor gegangen sind. Der Energieversorger hat in einer Bietergemeinschaft einen Großauftrag in die Stadt geholt. Zusammen mit akquinet outsourcing gemeinnützige GmbH und IBM Deutschland bauen die Stadtwerke zwei Rechenzentren für Dataport, den IT-Dienstleister für die öffentlichen Verwaltungen von Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen.

Das Bieter-Trio, das sich im europaweiten Vergabeverfahren durchgesetzt hat, investiert rund 50 Millionen Euro in die Neubauten. Sie werden in Norderstedt und Hamburg entstehen. "Nach dem Verhandlungs-Marathon sind wir froh, dass wir den Zuschlag bekommen haben", sagt Jens Seedorff, Leiter der Stadtwerke.

Die Werke übernehmen die Hälfte der Investitionskosten, die sie aus eigener Kraft aufbringen. Dafür haben die Stadtvertreter einvernehmlich dem Wunsch der Werke zugestimmt, dass die Ausgaben in Höhe von 25,95 Millionen Euro in den Wirtschaftsplan aufgenommen werden.

Ein Rechenzentrum wird in der Nähe des Stadtwerkegebäudes in Norderstedt-Mitte gebaut. Die genaue Adresse wollen weder Bauherren und schon gar nicht die Auftraggeber preisgeben - aus Sicherheitsgründen. Denn die Sicherung und Sicherheit sensibler digitaler Daten ist Auslöser des Millionen-Vorhabens. Die Sicherheitsauflagen sind gestiegen, immer mehr Firmen und Anbieter suchen nach sicheren, günstigen und schnellen Rechenzentren. Und da haben die Stadtwerke schon Erfahrungen gesammelt. In den Betriebsräumen an der Heidbergstraße existiert bereits seit 2008 ein Rechenzentrum, das einem wachsenden Branchen-Trend Rechnung trägt: Housing oder Cloud-Computing sind Fachbegriffe dafür, dass Daten nicht mehr auf der eigenen Festplatte, sondern auf den Systemen in den Rechenzentren externer Dienstleister gespeichert werden.

Über ein möglichst schnelles und sicheres Netzwerk können die Nutzer jederzeit auf die Daten in den zentralen Servern zurückgreifen. Die Energie dafür liefern die Stadtwerke störungssicher selbst, die Vernetzung zum Kunden erfolgt über das leistungsfähige Glasfaserkabel von wilhelm.tel.

Und der Standort gilt als sicher. Hier werden wichtige Daten, Dokumente und Urkunden nicht nur gut geschützt archiviert, sondern auch kühl und trocken. Das Erdbeben-Risiko ist gering wie die Gefahr einer Sturmflut. Auch wenn der Meeresspiegel durch den Klimawandel steigt und die Elbe anschwillt - Norderstedt ist zu weit weg, als das Norderstedt-Mitte unter Wasser gesetzt werden könnte.

Das Rechenzentrum soll auf einer Fläche von rund 1600 Quadratmetern unter der Erde gebaut werden. Obendrauf soll ein Bürokomplex entstehen. "Da sind wir noch in der Planung, sagt Seedorff. Ein baugleicher Zwilling ist in Hamburg-Alsterdorf geplant, ebenfalls unterirdisch. Über eine Datenleitung sind sie miteinander verbunden und auf dem gleichen Stand, sodass das eine Rechenzentrum die Arbeit komplett erledigen kann, wenn das andere ausfällt. Die Daten werden wohl über Glasfaserkabel von wilhelm.tel transportiert, auch der Norderstedter Kommunikationsanbieter hat den Auftraggeber mit seinen Stärken überzeugt. "Die beiden Komplexe verfügen über einen ausreichenden Sicherheitsabstand", sagt der Werkleiter, der im Bieterverfahren von weiteren Norderstedter Stärken profitiert hat: Green-IT lautet das Stichwort für eine höchstmögliche Energieeffizienz. Die sei beispielsweise durch das nahe Blockheizkraftwerk gegeben, sagt Seedorff. Er hofft, dass die Werke den Strom für die neuen Daten-Hochsicherheits-Trakte liefern können.

"Die IT-Industrie produziert weltweit zwei Prozent des CO2-Ausstoßes. Genau so viel wie der weltweite Flugverkehr. Damit gehört der IT-Bereich zu den Klimakillern. Mit den neuen Rechenzentren werden wir unseren Energieverbrauch innerhalb der nächsten zehn Jahre um rund 40 Prozent senken", sagt Andreas Reichel, Vorstand Technik von Dataport.

Und das Bieter-Trio führte eine weiteres starkes Argument ins Feld: Die Aquinet outsourcing gemeinnützige GmbH fördert die Beschäftigung von Mitarbeitern mit Behinderung. In den neuen Rechenzentren sollen 20 Arbeitsplätze geschaffen werden, auch für Menschen mit Handicap.

Das ganze Rechenzentrum würde die zweithöchste Sicherheitsstufe für derartige Einrichtungen überhaupt bekommen ("Tier 3"). Nur wenige Rechenzentren in Deutschland haben diese Klassifizierung.