Interview mit Hans-Jörn Arp über die Tatsache, dass der Kreis Segeberg ohne eine S-Bahn auskommen muss

Kreis Segeberg. Seit Jahren wird darüber heftig geredet, doch eine S-Bahn-Verbindung von der Hansestadt Hamburg nach Kaltenkirchen soll es vorerst nicht geben. Der Kreis Segeberg ist mittlerweile der einzige Kreis im Hamburger Umland, der seit Jahren und wohl auch in Zukunft ohne eine moderne Schnellbahnverbindung auskommen muss. Die Umwandlung der AKN-Verbindung in eine moderne S-Bahn-Linie stehe nicht im "vordringlichen Bedarf" des Bundesverkehrswegeplans, heißt es aus dem Verkehrsministerium. Über die Gründe und die Chancen einer S-Bahn sprach die Norderstedter Zeitung mit dem verkehrspolitischen Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Hans-Jörn Arp.

Norderstedter Zeitung:

Bad Oldesloe bekommt voraussichtlich seine S-Bahn nach Hamburg, Kaltenkirchen fürs erste nicht. Warum nicht?

Hans-Jörn Arp:

Weil der Bund seine Finanzierungszusage zurückgezogen hat, obwohl Hamburg und Schleswig-Holstein sich einstimmig für den Ausbau ausgesprochen hatten. Aber wir geben nicht auf: Der Aufsichtsrat der AKN hat im Dezember 2010 beschlossen, das Geld für erste Planungen zur Elektrifizierung der AKN-Haupttrasse zur Verfügung zu stellen. Dabei geht es zunächst um eine weitere Kosten-Nutzen-Bewertung, weil der Bund die erste - sehr positive - anzweifelt.

Würde der Bund sich an den Kosten für eine S-Bahn in Höhe von mehr als 100 Millionen Euro beteiligen?

Arp:

Das hängt vom Ergebnis der Kosten-Nutzen-Bewertung ab. Ohne ein positives Ergebnis darf nicht gefördert werden. Nach unserer Bewertung sind die Voraussetzungen gut. Grundsätzlich ist eine Bundesförderung ab einem Nutzen-Kosten-Quotienten von größer als 1,0 und einer Fördersumme von mindestens 50 Millionen Euro möglich. Schon vor zwei Jahren hat der AKN-Chef angemahnt, dass seine Triebwagen 2017 aus Altersgründen ausgemustert werden müssen.

Warum tun sich die AKN-Aktionäre Hamburg und Schleswig-Holstein so schwer, Entscheidungen für Neuanschaffungen zu treffen?

Arp:

Die Entscheidung, ob die Strecke elektrifiziert wird, ist leider noch nicht gefallen. Da fehlt noch ein klares Bekenntnis unserer Freunde aus der Hansestadt Hamburg. Unser Wunsch ist, Elektrofahrzeuge zu nutzen. Dann wäre auch eine Verknüpfung mit der Hamburger S-Bahn einfacher. Es wäre auf jeden Fall sinnlos, vor einer Entscheidung über die Elektrifizierung neue Dieselloks zu kaufen.

Fehlt der politische Druck aus der Region, um die AKN in eine moderne Eisenbahn zu verwandeln?

Arp:

In beiden Kreisen fordern die zuständigen Ausschüsse die Realisierung der S-Bahn. Und die zuständigen Landtagsabgeordneten Katja Rathje-Hoffmann und Axel Bernstein geben den Druck weiter, das kann ich Ihnen aus eigener Erfahrung bestätigen. Leider hat die GAL-Senatorin Anja Hajduk all ihre Kraft und Fantasie auf ihr großes Wahlversprechen "Stadtbahn" verwandt. Das hat in den letzten Jahren die weiteren Planungen der S-Bahn blockiert. Ich hoffe, dass die gemeinsame Arbeitsgruppe jetzt wieder intensiver arbeiten wird. Es gilt, zahlreiche offene Fragen zu klären und die Vorentwurfsplanung zu begleiten.

Die AKN fährt weitgehend auf schleswig-holsteinischem Gebiet. Welches Interesse hat die Hansestadt Hamburg an einer leistungsfähigen Verbindung in Richtung Norden?

Arp:

Das Interesse Hamburgs müsste eigentlich groß sein: In der Hauptverkehrszeit sind die A 7 und die B 4 immer dicht. Gerade für Berufspendler wäre der Bau der S-Bahn deshalb schon heute ein Segen. Wenn wir in den nächsten Jahren die A 7 ausbauen, wird die Situation noch dramatischer. Deshalb sollten wir bereits vorher die S-Bahn ausbauen. Für Hamburg wäre das eine optimale Möglichkeit, um die Straßen vom Verkehr und damit auch die Umwelt zu entlasten. Gleichzeitig würde die Metropole mit ihrem Flughafen besser an ihr Umland angebunden.

Das Land hat angekündigt, seinen 50-Prozent-Anteil an der AKN zu verkaufen. Sind diese Pläne noch aktuell?

Arp:

Nach unserer Auffassung ist es Aufgabe des Landes, einen leistungsfähigen Schienenpersonennahverkehr zu gewährleisten. Es ist aber nicht Aufgabe des Landes, ein Bahnunternehmen zu betreiben. Deshalb ist der Plan für uns aktuell. Ich nenne dafür allerdings drei Voraussetzungen: Die Attraktivität muss verbessert werden, die Arbeitnehmer müssen weiter beschäftigt werden, und die Region muss das Konzept mit tragen. Schleswig-Holstein hat 2010 einen Vorschlag dazu gemacht. Selbstverständlich können wir ihn nur im Konsens auch mit dem Mitgesellschafter, der Freien und Hansestadt Hamburg, umsetzen. Daran arbeiten wir.