Eine Glosse von Bernd-Olaf Struppek

Ach, wäre ich doch ein Igel. Dann hätte ich jetzt ein Leben! Statt mich wie ein Walross zu fühlen, das gut über den Winter gekommen ist, sprich: ordentlich Speck in der kalten Jahreszeit angesetzt hat, könnte ich mich genüsslich durch alle sich bietenden Fressangebote fräsen. Was heißt könnte - müsste!

Die Igel, wie die meisten Winterschläfer in heimischer Natur, verlieren jede Menge Gewicht praktisch im Traum. Traumhaft! Sich durch den Winter pennen, Schneestürme und Eisglätte in wohliger Wärme ignorieren und dann auch noch schlank und schön in die Badehosensaison starten: Igel, Murmeltier und Haselmaus haben es einfach raus.

Während sich die Stacheltiere nach dem Frühlingserwachen mit Wonne jede Kalorienbombe einverleiben, um den Gewichtsverlust während des Winterschlafs auszugleichen, darbe ich. Von meinen Kollegen, die sich die Schokomuffins der charmanten Praktikantin quer reinhauen, spöttelnd belächelt, habe ich mir am Mittwoch zum Beginn der Fastenzeit sieben Wochen ohne Süßigkeiten (und Bier und Kaffee) verordnet. Aber Passionszeit bedeutet eben Leidenszeit.

Bei alledem, halt, mal ehrlich, wer will schon wirklich ein Igel sein?! Okay, er ballert sich momentan an leckeren Dingen ins Maul, was er kriegen kann. Wenn wir uns aber spätabends auf der Landstraße begegnen, bin ich doch irgendwie in der besseren Situation ...