Wenig Spielfreude beim Schauspiel “Ein fliehendes Pferd“ nach der Novelle von Martin Walser

Norderstedt. Eine Bühne ist kein Filmset, schon gar kein Plot für eine Soap-Serie. Die Bühne erfordert eine klare Aussprache, jede Pointe sollte sofort sitzen, Nach-Synchronisieren ausgeschlossen. Doch gutes Sprechen wird auf den Bühnen, zumal Tournee-Bühnen, immer mehr zum Luxus. So auch bei der Aufführung des Schauspiels "Ein fliehendes Pferd" nach der gleichnamigen Novelle von Martin Walser.

Das Tournee-Unternehmen "nordtour" zeigte das Stück um zwei im Leben festgefahrene Ehepaare zuerst im Winterhuder Fährhaus und schickte es dann auf Tournee. Die "TriBühne" in Norderstedt war offenbar die letzte Station. Programmhefte gab es schon nicht mehr. Und viel Spielfreude auf der Bühne auch nicht. Das Publikum im dreiviertel voll besetzten Saal applaudierte höflich.

Nur allmählich entfalteten die vier Schauspieler die Spannung. Der Grund: Walsers Novelle, für die Bühne von ihm selbst und Ulrich Khuon bearbeitet, lebt von den geschliffenen, hintergründigen Dialogen. "Ein fliehendes Pferd" war der Durchbruch Walsers, entwickelte sich zum Bestseller und sicherte dem Schriftsteller die Existenz.

Die Dialoge aber wurden von Ulrich Bähnk als Helmut Halm, Anne Schieber als Sabine Halm, Oliver Sauer als Klaus Buch und Sonja Stein als Helene "Hel" Buch schnell, undeutlich und unachtsam gesprochen und gehaspelt, zumindest im ersten Teil des Stücks, in dem der Ton ohnehin einen Nachhall hatte. Schauspielerisch gab Oliver Sauer als Klaus Buch den smarten, allwissenden, stets agilen Mann, der durch seine "Man muss die Welt positiv sehen"-Attitüde das ganze Quartett ins Verderben stürzt. Sein Pendant ist Ulrich Bähnk als Gymnasiallehrer Helmut Halm, der nur eines will - seine Ruhe. Das macht Bähnk erst mit nachlässiger Nonchalance, um dann durch den Positiv-Prediger Klaus Buch psychisch zunehmend in Bedrängnis zu geraten. Der Anstrengung, das auch zu spielen, mochte sich Bähnk bei dieser letzten Vorstellung des Stücks offenbar nicht mehr aussetzen.

Anne Schieber und Sonja Stein konnten, allein schon aufgrund des Inhalts, im zweiten Teil endlich den albernen Austausch von Oberflächlichkeiten aufgeben und ihre Rollen mit Leidenschaft entwickeln. Besonders Sonja Stein überzeugte in der Demontage der angeblich so glücklichen Ehefrau zum wimmernden Wrack. Bähnk und Sauer hingegen blieben auch im zweiten Teil blass, gleichwohl es um nichts weniger als um die Lebensentwürfe und um die Existenz geht.