Viel Applaus für die “Thespisnarren“ bei der Premiere von “Wir räumen auf“

Norderstedt. Man riecht ihn. Man spürt ihn. Den Mief. Den Mief aus einem Kostüm-Fundus. Wo in Kästen und Kisten, auf der Stange und über Stühlen Klamotten aus 37 Jahren Kabarett ein merkwürdiges Eigenleben führen. Beispielsweise die Federboas, die Netzstrümpfe, die Seppl-Hüte, zerknüllte Kittelschürzen, merkwürdige Brillen und High Heels.

Norderstedts Stadtkabarett räumt seinen Fundus auf. Und fördert in seinem neusten Programm "Wir räumen auf! Ein Blick zurück nach vorn" auf der Kleinkunstbühne in der "TriBühne" Sachen zutage, die heute noch aktuell sind. Bei der Premiere gab's begeisterten Applaus.

Norderstedt bekommt bei den "Thespisnarren" mit Anna Andrea Wilkens, Jeanette Vollhardt, Hans-Peter Schlaikier, Marcel Kösling und Barbara Sielaff am Klavier sein Fett weg. Beispielsweise die Baumschutzsatzung, und dass in dieser Stadt der buchstäbliche Fall einer großen, ortsbildprägenden Kastanie vor Gericht verhandelt wird. Noch steht sie. Oder CDU-Fraktionschef Günther Nicolai, der seine Fraktion fest im Griff hat. Der pensionierte Schulleiter saß bei der Premiere im Publikum. Und nahm's gelassen. Oder die neue Sozialdezernentin Anette Reinders. Irgendjemand soll ihren Dschungel-Schrei "Ich will hier raus!" aus dem Rathaus gehört haben.

In einer Art Stadtrundfahrt mit Start an der Kastanie am Einsteinweg pult "Stadtführer" Marcel Kösling Norderstedts Ecken und Kanten hervor. Beispielsweise die Landesgartenschau mit der Wasserski-Anlage als Volksbespaßung, das "Kulturwerk am See", bei dem sich Norderstedts Amateurtheater und die -Chöre auf die Füße treten werden, da die Schul-Aulen als Spielstätten wegfallen würden. "Wetten? Irgendwann heißt der große Saal im Kulturwerk 'Hans-Joachim-Grote-Saal'", mutmaßt der Narren-Stadtführer und spielt darauf an, dass Grote das Kalksandsteinwerk als "Kulturwerk" entdeckt hat.

Auch Pastor Gunnar Urbachs im wahrsten Wortsinn unseliger "Zwangs-Abgang" aus der Falkenbergkirche nimmt Kösling bei seiner Stadtrundfahrt ins Narren-Visier, um anschließend zu unken, dass das Rathaus in 60 Jahren ein Amüsierhaus sein wird. Kösling ist ein hektischer Stadtführer, und dabei gehen einige Pointen die Tarpenbek runter.

Die "Thespisnarren" polieren mit ihrem Regisseur Rainer Gerlach alte Programme und Lieder wie "Die Lichterkette" auf. Kösling und Hans-Peter Schlaikier nehmen die "Wildecker Herzbuben" als Beispiel tumber Volksmusikseligkeit in den Fokus. Jeanette Vollhardt verführt Männer in der ersten Reihe, Anna Andrea Wilkens liefert sich mit Schlaikier ein wunderbar pointiertes Duell um die Rentabilität der Rentner. Der Senior der Narren glänzt mit genau gesetzten Pointen und komischer Mimik, für die Textausfälle ist Ehefrau Christiane als Souffleuse zuständig, und das nicht nur beim Ehemann.

Aufführungen: 12. März, 20 Uhr, 13. März, 16 Uhr, 17. bis 19. März, 20 Uhr, und 20. März, 16 Uhr, in der Kleinkunstbühne der "TriBühne", Rathausallee 50. Karten zu 14 Euro gibt es im Vorverkauf, unter Telefon 040/523 56 03 und an der Abendkasse.