Deutsche Forschungsgemeinschaft ermittelt weiter wegen Betruges gegen Direktorin

Sülfeld/Borstel. "Betrugsfall: Gefälscht und aufgeflogen" lautete vor einem Monat die Schlagzeile im Hamburger Abendblatt. Berichtet wurde über eine Spitzenforscherin im Fachbereich Immunologie, die jahrelang Arbeiten mit manipulierten Abbildungen publiziert haben soll. Prof. Silvia Bulfone-Paus, eine der drei Direktoren des Forschungszentrums Borstel, ist die Beschuldigte. Inzwischen lässt sie ihren Direktoren-Posten ruhen. Sie arbeitet auf dem Gelände des Instituts in Borstel aber weiter an ihren Projekten.

Das Forschungszentrum Borstel hat Richtlinien zur "Sicherung der guten wissenschaftlichen Praxis und für den Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten" im Rahmen einer Betriebsvereinbarung erlassen, die für alle Mitglieder des Zentrums verbindlich sind. Dort ist genau geregelt, wie ein Verfahren abläuft, wenn zum Beispiel Daten verfälscht, Quellen manipuliert oder unrichtige Angaben zu wissenschaftlichen Leistungen gemacht werden. Jetzt ist die Direktorin der Einrichtung selbst Gegenstand der Ermittlungen. "Es ist ein Image-Schaden entstanden, das ist ganz klar", sagt Dr. Bettina Brand vom Wissenschaftsreferat des Forschungszentrums. "Es ist für uns eine schwierige Lage." Handfeste Auswirkungen aber haben die Untersuchungen gegen Silvia Bulfone-Paus bis jetzt nicht: Finanzielle Mittel wurden nicht gekürzt oder gestrichen. Bettina Brand weist darauf hin, dass die Untersuchungen sind ausschließlich gegen die Direktorin und zwei "Post-Docs" (Post-Doktoranden), die das Zentrum mittlerweile verlassen haben, wenden. Nur sie seien möglicherweise in den einen Betrugsfall verwickelt.

Auf der Homepage des Forschungszentrums Borstel im Internet wird Silvia Bulfone-Paus neben dem geschäftsführenden Direktor Prof. Peter Zabel und Prof. Ulrich Schaible immer noch im Dreier-Direktorium aufgeführt. Tatsächlich aber lässt die Beschuldigte ihren Direktorenposten während der Zeit der Untersuchung ruhen. Sie arbeitet aber weiter in ihrer Laborgruppe, das für ihre Forschungen auf dem Gebiet der Immunbiologie bewilligte Geld von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) bleibt zunächst unangetastet. Das Gehalt der Wissenschaftlerin, die einst als "Shootingstar" der Wissenschaft bezeichnet wurde, wird ohne Einschränkungen weitergezahlt.

Obwohl eine vom Forschungszentrum Borstel eingerichtet externe Untersuchungskommission schon vor Wochen zu dem Schluss kann, "dass es innerhalb der Laborgruppe Immunbiologie über Jahre hinweg zu wissenschaftlichem Fehlverhalten gekommen ist", wird mit der Wissenschaftlerin nach Angaben von Bettina Brand auf dem Gelände des Zentrums normal umgegangen. "Es gibt bei uns keine Vorverurteilung", sagt die Sprecherin des Zentrums. Derzeit beschäftigt sich die Deutsche Forschungsgemeinschaft mit den beanstandeten Publikationen.

Professorin Silvia Bulfone-Paus, gebürtige Italienerin, wurde 2000 Forschungsdirektorin in Borstel, das den Zusatz "Leibniz-Zentrum für Medizin- und Biowissenschaften" trägt. Zugleich wurde sie C4-Professorin an der Uni Lübeck für Immunologie und Zellbiologie und Mitglied der mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät der Uni Kiel. Die Einrichtung hat drei Forschungsschwerpunkte: Infektion, Allergie und Tumorbiologie.

Hier arbeiten Mediziner, Biologen, Chemiker, Physiker, Immunologen, Molekularbiologen und andere Biowissenschaftler zusammen, damit Lungen- und Bronchialerkrankungen früher erkannt, vermieden oder besser behandelt werden können.