Massive Kritik am Vorstand: Viele behaupten, Pastor Urbach sei aus der Kirche vertrieben worden

Norderstedt. "Manchmal ist Abschiednehmen, so oder so, eine schmerzvolle Zeit." So hat es Christopher Fock, Pastor in der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Harksheide, im Vorwort zum aktuellen Gemeindebrief formuliert. Eine ganze Reihe von Menschen artikulierten ihren Abschiedsschmerz zum Jahreswechsel in Form von Zuschriften und Anrufen bei der Norderstedter Zeitung. Allen gemein: teils harsche Kritik an Kurs und Entscheidungen des amtierenden Kirchenvorstands. "Was in der Gemeinde abgeht, macht mich wütend", schrieb zum Beispiel Martha Mademann (73). Abschied nehmen müssen die Gemeindemitglieder vor allem vom gewohnten Sonntagmorgen-Gottesdienst in der Falkenbergkirche, der, wie berichtet, auf Entscheid des Kirchenvorstands hin künftig nur noch alle 14 Tage stattfinden wird. Und dann verlässt zum Monatsende bekanntlich Pastor Gunnar Urbach die Gemeinde, die er 33 Jahre lang mitgeprägt und lange als starke Persönlichkeit nach außen vertreten hatte. Die Kritiker behaupteten, Urbach, der in den kommenden Monaten offizieller "Landesgartenschau-Pastor" sein wird, sei aus "seiner" Kirche vertrieben worden. Sogar das böse Wort vom Mobbing macht die Runde.

Urbachs Noch-Kollegin Christina Duncker, Vorsitzende des Kirchenvorstands, machte im Gespräch mit der NZ keinen Hehl aus der heiklen Situation. Die Gemeinde habe ein "extrem schwieriges Jahr" hinter sich. Vor allem die finanzielle Situation belaste, wie Christina Duncker sagt: "Wir haben kein Geld mehr!" Fünf Plätze im ursprünglich 15-köpfigen Kirchenvorstand sind unbesetzt - alle Amtsinhaber gingen 2010 von der Fahne.

Drei Jahre nach der Fusion der damaligen Albert-Schweitzer-Kirche und der Falkenbergkirche zur Kirchengemeinde Harksheide ist nicht zusammengewachsen, was zusammenwachsen soll. "Eine Fusion bedeutet immer Veränderungen", sagt Christina Duncker, "manche gehen sehr vorsichtig mit diesen Veränderungen um, andere wollen gar keine Veränderungen." Man befinde sich auf einem "langen, anstrengenden Weg". Ein Weg, auf dem weiteres Neues entstehen soll, entschied der Kirchenvorstand - und änderte das Gottesdienstkonzept. Um an beiden Standorten, am kirchlichen Zentrum Falkenberg und im Albert-Schweitzer-Haus (Schulweg), "gleichwertige und gleichberechtigte" Gottesdienste feiern zu können, wurde beschlossen, ab März die sonntäglichen 10-Uhr-Gottesdienste im wöchentlichen Wechsel zu begehen. Gleichzeitig wurde "Der Andere Gottesdienst" ins Leben gerufen, der wie Pastorin Duncker betont, vor allem ein "generationsübergreifender Gottesdienst" sein soll. Die Kirche müsse, um gerade junge Menschen für sich zu gewinnen und an sich zu binden, "offener werden, auch in ihrer Gottesdienstkultur". Wie denn die Senioren, die nicht motorisiert seien, sonntags vom Falkenberg ins Albert-Schweitzer-Haus kommen sollten? So fragen die Kritiker der Neuordnung. "Am Falkenberg gibt es eine sehr lebendige Gemeinde, doch bald wird das vorbei sein", schreibt Martha Mademann.

Mehrere Gemeindemitglieder sehen das Aus für das Kirchencafé als beschlossene Sache des Kirchenvorstands, beklagen zudem die Einstellung von beliebten Veranstaltungen wie dem "Sommerspektakel" im kirchlichen Zentrum Falkenberg. Die Kirchenvorstandsvorsitzende verweist immer wieder auf die prekäre Finanzsituation. Angesichts einer immer dünneren Finanz- und Personaldecke müssten viele Dinge auf den Prüfstand. "So wie es ist, kann es nicht weitergehen", sagt Christina Duncker. Das Kirchencafé bleibe in jetziger Form bis zum 30. Juni erhalten. Was dann komme, sei tatsächlich ungewiss. In einem der Brandbriefe heißt es, der Kirchenvorstand habe Gunnar Urbach "verboten", weiter Veranstaltungen im Kirchencafé zu organisieren.

Den Schmerz vieler Gemeindemitglieder über den Weggang von Gunnar Urbach "kann ich absolut nachvollziehen", sagt Christina Duncker. Fügt aber auch hinzu: "Selbst wenn Gunnar Urbach geblieben wäre, könnten bestimmte Dinge nicht wie bisher weiterlaufen. Hier wird sicher nichts systematisch kaputt gemacht, niemand wird bewusst vertrieben", so die Pastorin. "Wir müssen nur überall gucken, was wir personell und finanziell wuppen können."

Die Kirchenvorstandsvorsitzende räumt ein, dass in der Kirchengemeinde verschiedene Philosophien und Strömungen aufeinander prallten. Christina Duncker appellierte gleichzeitig, an die Gläubigen, sich "erst mal auf Veränderungen einzulassen": "Eine lebendige Gemeinde muss in Bewegung bleiben!"

Und was sagt der, über den so viele sprechen? Bereits als Ende November sein Weggang verkündet wurde, war Gunnar Urbach überaus diplomatisch und kurz angebunden geblieben. "Alles hat seine Zeit", so der Pastor damals. "Es liegt auf der Gartenschau eine riesige Aufgabe vor mir, auf die ich mich sehr freue", sagte Urbach am Montag. Zur kontroversen Debatte um sein Erbe in der Kirchengemeinde sagte Urbach wiederum sehr diplomatisch: "Es freut mich sehr, dass mir von vielen Menschen solche Wertschätzung entgegen gebracht wird."