Kaltenkirchen will vorerst weiter mit dem umstrittenen Bahnhofsviertel-Investor Gazit verhandeln

Kaltenkirchen. Die Diskussion über die Bebauung des Bahnhofsumfelds in Kaltenkirchen ist neu entbrannt. Nach dem Bericht der Norderstedter Zeitung über die Verträge der Stadt und der AKN mit dem Immobilienkonzern Gazit steht Kaltenkirchen vor einer ungelösten Frage: Soll die Stadt den Versuch wagen, den Konzern juristisch zu zwingen, das 20 000 Quadratmeter große Grundstück zurückzugeben? Oder sollte man weiter darauf hoffen, dass Gazit irgendwann die Fläche an einen neuen Investor verkauft oder doch noch selbst bebaut?

Fest steht, dass das Frankfurter Büro des internationalen Immobilienkonzerns offenbar ernsthaft mit der Wuppertaler Firma Ferox über den Verkauf des Grundstücks verhandelt, auf dem ein neues Geschäfts- und Wohnviertel entstehen sollte, das aber seit Jahren brach liegt. Die Stadt Kaltenkirchen hatte in der Vergangenheit immer wieder Firmen ermuntert, bei Gazit Interesse anzumelden, die aber zuweilen mit grotesken Angeboten ausgebremst worden waren. Zum Beispiel sollte sich der Einzelhandelsriese Dodenhof mit einem 80-Quadratmeter-Geschäft über zwei Ebenen begnügen - ein Affront.

Sollten auch die Verhandlungen mit Ferox scheitern, wäre ein Streit vor Gericht denkbar, um die Passivität von Gazit zu beenden. Wie berichtet, hatte sich Gazit im Jahr 2006 beim Kauf der Fläche verpflichtet, die Gebäude bis Ende kommenden Jahres "bezugsfertig" herzustellen. Zu schaffen ist dieses Ziel nicht mehr, sodass die Verkäufer - die AKN und die Stadt - vom Vertrag zurücktreten und das Grundstück zurückkaufen könnten.

Bei dieser Variante käme der AKN großes Gewicht zu, da sie die mit Abstand größte Fläche verkauft hat. AKN-Chef Klaus Franke hält es beispielsweise für vorstellbar, dass die Stadt die Flächen zurückkauft und dann einem neuen Investor übergibt. "Es ist Aufgabe der Stadt, das Problem zu lösen", sagt Franke, der seinen Frust darüber öffentlich gemacht hatte, dass seine Fahrgäste über einen unansehnlichen Acker gehen müssen, bevor sie in den neuen Bahnhof gelangen.

Im Rathaus ist man von solchen Gedankenspielen jedoch weit entfernt. "Wir müssen abwarten", sagte Bürgermeister Stefan Sünwoldt mit Blick auf die Verhandlungen zwischen Gazit und anderen Investoren. Zur Frage, ob die Stadt juristisch gegen Gazit vorgehen sollte, sagte er: "Wir haben uns entschieden, dass wir diesen Weg nicht verfolgen und untersuchen." Derzeit sei die Stadt auf den Dialog mit Gazit angewiesen. Juristische Schritte sollten erst in Erwägung gezogen werden, "wenn alle Stricke reißen".

Eine ähnliche Position vertritt CDU-Fraktionschef Kurt Barkowsky. Den juristischen Weg zu beschreiten, hält er für schwierig. Zum einen, weil die Stadt einen teuren Rechtsbeistand einkaufen müsste. Zum anderen, weil die Stadt bei einer Rückabwicklung des Vertrages als Käufer für die Gesamtfläche auftreten müsste. Fünf Millionen Euro müsste die Stadt investieren, schätzt Barkowsky. Sein Fazit: "Das können wir nicht."

Sein Kollege Georg Loger von der SPD setzt ebenfalls aufs Abwarten und lehnt die Rückkauf-Variante ab. "Die Stadt wird dort nicht einsteigen", sagte Loger. Für das "sehr teure Grundstück" werde Kaltenkirchen kein Geld ausgeben. Auch von einem Gerichtsverfahren, das sich möglicherweise über Jahre hinziehen würde, hält er nichts. Damit würden alle Verhandlungen unmöglich gemacht. Dass Gazit noch Interesse an dem Projekt Kaltenkirchen hat, glaubt Loger nicht. "Gazit wird nicht bauen", vermutet der Sozialdemokrat.

Einen ganz anderen Kurs will die FDP einschlagen, die bereits vor Jahren das Gazit-Konzept abgelehnt hatte. Wenn die Verhandlungen mit Ferox scheitern, will sich der Fraktionsvorsitzende Eberhard Bohn für eine Rückabwicklung der Kaufverträge einsetzen, die über die AKN erfolgen müsste.

Eine Rückabwicklung bedeute jedoch nicht, dass die Stadt sämtliche Kosten tragen müsste, sondern dass sie gemeinsam mit einem neuen Investor auftreten könnte. "Es gibt Interessenten", sagte Bohn. "Das ist nicht illusorisch." Theoretisch könnte ein neuer Investor auch die bereits bestehenden Baugenehmigungen übernehmen.