Das Tagebuch der sechs Männer vom Charity Network Norderstedt , die in Namibia an 16 Schulen 280 Computer installieren wollen

Mit 280 gebrauchten Computern haben sich sechs Männer aus Norderstedt nach Namibia aufgemacht. Sie wollen 16 Schulen der San, dem Volk der Buschmänner in Namibia, mit den Rechnern ausstatten. Walter Zielinski, Thomas Finnern, Hans-Herbert Joost, Bernhard Luther, Reinhard Paulsen und Andreas Brons sind für das bundesweit einmalige "Charity Network" aus Norderstedt im Einsatz. Oberstufenschüler des Norderstedter Lessing-Gymnasiums und Arbeitssuchende bringen hier gemeinsam ausrangierte Rechner auf den aktuellen Stand und geben sie an Bedürftige weiter.

Das Projekt in Namibia ist Teil eines staatlichen Programms in dem afrikanischen Land: "Mit einem gezielten Förderprogramm will die Regierung jetzt gegen die Diskriminierung der Männer und Frauen vorgehen", sagt Walter Zielinski. Die Norderstedter Zeitung druckt heute den ersten Teil des Reisetagebuches der Männer vom "Charity Network".

2. November : Ankunft in Windhoek gegen 7 Uhr Ortszeit. Visa-Dilemma mit Thomas Finnern. Er kreuzte wahrheitsgemäß auf dem Einreisebogen die Rubrik "Business" an - besser wäre gewesen "Tourist". Trotzdem es sich um eine Hilfsmission handelt, konnte die Beamtin der Einwanderungsbehörde nicht überzeugt werden, mehr als 14 Tage Aufenthalt zu genehmigen.

Da der Container noch in Walvis Bay steht, sind "Auslösegespräche" in diversen Ministerien notwendig. Trotz direkter Minister-Unterschriften und Stempeln auf diversen Papieren bekommen wir keine sofortige Auslösung hin. Die Spedition "Trans World Cargo" hatte noch nicht angefangen zu arbeiten.

3. November: Außer für Walter Zielinski ist "Stadtgang" für das Team angesagt. Wir kaufen Handy-Cards, schicken E-Mails nach Hause, kaufen Ausrüstungsteile, besuchen eine alte Feste und gehen Essen. Die Teammitglieder Thomas Finnern und Hans-Herbert Luther werden von einem Taschendieb ausgespäht und verfolgt. Ein netter Angestellter der Namibia-Telecom hilft den beiden, schleust sie durch die mehrere Ebenen eines Gebäudes. Auf der anderen Seite ist ein Restaurant, in dem sich die beiden ein Springbock-Filet gönnen und es zusammen mit dem Schreck verdauen.

Es kommt die positive Nachricht, dass der Container mit den PCs nun doch freigegeben wurde und sich auf dem Weg befinden soll. Ankunft in Windhoek 21 Uhr. Unser Betreuer Jersey Katjimune, 22 Jahre, von der "Youth & Developement Organisation" der San ist erleichtert. Scheinbar war er im "politischen namibischen Bürokratie-Dschungel" an seine Grenzen geführt worden. Für den nächsten Morgen, 10.30 Uhr, ist die offizielle Übergabe der 280 PCs angesetzt.

4. Novembe:r Auf dem Vorplatz des Gebäudes des Ministeriums des Premierministers erwartet uns das Chaos. Irgendjemand hat beim Ausladen der Container die Geräte aus den staubdichten Paletten heraus genommen und einfach auf den Platz gestapelt. Für die Presse ein tolles Bild, für uns der Horror. Schnell werden noch die Fahnen gerichtet, dann folgen die Reden des Dankes - für die Übergabe und die tolle Völkerverständigung.

5. November: Wir warten vergeblich um 9 Uhr auf den avisierten Reisebus für 16 Leute. Gegen 10.30 Uhr fährt ein VW-Kleinbus mit acht Plätzen vor. Vergeblich versuchen wir, das ganze Gepäck für die Sechs-Wochen-Reise unterzubringen. Außerdem wird uns zusätzlich der IT-Spezialist aus dem Büro des Premierministers beigeordnet, der uns bei der Installation der PCs behilflich sein soll. Wir gehen gegen 13 Uhr zum Essen im Restaurant des "Tintenpalastes" (Parlamentsgebäude). Koloniale Umgebung empfängt uns. Das Mittagsgericht ist mit 3 Euro für uns sehr preiswert. Für die Namibier wesentlich teurer: Ein Angestellter in der Tourismusbranche verdient etwa 300 Euro monatlich.

Dann fährt der versprochene Transport-Lkw des Militärs vor. In der prallen Nachmittagssonne bei 32 Grad im Schatten beladen die Helfer und wir unser Transportfahrzeug neu.

Expeditionsleiter Zielinski bekommt, über den Kontakt zur Namibianischen Botschaft in Berlin, innerhalb von 15 Minuten einen Termin beim Außenminister Namibias, Utoni Nujuma. Diesem werden die derzeitigen und zukünftigen Vorstellungen der Zusammenarbeit und Förderung des Bildungswesens von Charity Network aus Norderstedt vorgetragen. Der Außenminister sichert für die Zukunft jegliche Unterstützung der Zusammenarbeit zu und verspricht nach seinen Möglichkeiten auch in der kommenden Zeit jederzeit behilflich zu sein. Dann geht es endlich in Richtung Gobabis auf die gute Asphalt-Straße Richtung Südost. Nach vier Stunden erreichen wir die 300 Einwohner zählende Gemeinde Leonardville. Das dortige Schulzentrum der Region hat 525 Schüler, von denen 150 ständig im Ort im Internat der Lutheran Evangelical Church Hostal untergebracht sind. Auf der etwas abgelegenen Farm von Gastgeberin Sanny Katuo beziehen wir das Nachtquartier und genießen beim Barbecue den sternenfunkelnden Nachthimmel Namibias.

6. November: Nach einem afrikanischen Frühstück geht es an die Erstinstallation von 14 PCs in der Leonardville der Naosanabis Primary School (für Schüler von 6 bis 13 Jahren). Nach einer herzlichen Begrüßung bauen wir die PCs in dem dafür vorgesehen Raum auf. Zwischendurch gibt es Mittagessen: Maisbrei mit gehacktem Fleisch aus der Dose und in Schichten belegter Käsefüllung und Fleisch vom Grill (Hähnchen, Rind). Zum Abschluss wird traditionell afrikanisch zur Musik vom Akkordeon von Schülern getanzt, wobei die Gäste aus Deutschland sofort mit einbezogen werden. Wir verlassen den Ort mit der Genugtuung, dass trotz der vorausgegangenen Widrigkeiten alles installiert ist und die PCs auch funktionieren. Wir fahren zur Farm zurück, wo uns wiederum ein Fleischgrill und ein kühles Bier erwartet. Die Gastgeberin Sanny Katuo vom Stamm der Hereros hat ihre traditionelle Festkleidung angelegt.

7. November: Morgens um 4.15 Uhr verabschieden wir uns nach einem schnellen Kaffee und Frühstückstee von unserer Gastgeberin. Das Führungsfahrzeug ist nun der Van und der Lkw fährt in der Staubfahne hinterher. Auf sehr staubigen Straßen fahren wir bei 40 Grad mit teilweise Tempo 120 durch den Ostteil Namibias in Richtung Norden. Kurz vor Sonnenuntergang durchfahren wir die Game-Farm "Eden". Spingböcke, Kudus, Orixantilopen, Hartebest, Gnus, Kaninchen, Warzenschweine sowie eine Giraffenmutter mit Jungen können wir aus dem Wagen heraus ausmachen. Gegen 21Uhr erreichen wir die Omatako Primary School. Man wartet schon sehnsüchtig auf uns und macht sofort Feuer für den Grill und weist uns die Betten zu. Die Müdigkeit "übermannt" uns am späten Abend.

8. November: Schnell geht es am nächsten Morgen an die Installation der mitgebrachten PCs. Mittlerweile haben sich sehr viele Personen, größtenteils vom Stamm der San eingefunden und darunter mehr als 300 Schüler, von denen 150 San-Jugendliche ständig in der Schule leben und versorgt werden. Während der Übergabefeierlichkeiten erscheint ein Buschmann in Lendenschurzkleidung und zeigt allen, wie man durch Drehen zweier Hölzer aufeinander ein Feuer entzündet. Dieses symbolische "Feuer" wird in allen Reden als der Ursprung der Entwicklung der Menschen erwähnt und nun brachten wir das "Feuer der Neuzeit" für die San. Lendenschurz wird von ihnen nur noch getragen, wenn sie auf die Jagd gehen - so verlangt es ihr Gesetz.

Die Schüler selbst tragen diese Kleidung nicht mehr und befinden sich auf dem Weg in die Zukunft. Wie diese aussieht, vermag zurzeit niemand zu beurteilen, aber alle hoffen, dass die PCs ihnen diesen Weg erleichtern werden.

(Fortsetzung folgt)