In Bad Bramstedt stand Kultur mit Spaßfaktor auf dem Programm. Veranstalter kündigen Neuauflage an

Bad Bramstedt. Das Salzgebäck türmt sich im Schüsselchen. Saft, Mineralwasser und Wein stehen bereit. Fast alle Stühle in der kleinen Buchhandlung "Hans im Glück" in Bad Bramstedt sind besetzt. Die Damen sind in der Überzahl. Kultur mit Spaßfaktor steht auf dem Programm. Der Bramstedter Schriftsteller Jan Schröter präsentiert seine Kurzgeschichten und Krimis. Aus kleinen Lautsprechern ist eine Van-Morrison-CD zu hören, bevor Schröter zum ersten Buch greift.

Ein paar 100 Meter weiter spielt im Tui-Reisecenter die Free Acoustic Band. Lesen ist beim Optiker am Landweg angesagt: Alexander Häusser stellt seine Werke vor. Auch in anderen Gebäuden wie dem Rathaus, der Raiffeisenbank und der Stadtbücherei wird gelesen, musiziert und zuweilen auch getanzt. Die Kleinstadt hat ihre Türen geöffnet, um Künstlern aus der Region eine ungewöhnliche Bühne zu bieten.

"Kultour" heißt das Projekt, das am Freitagabend Premiere feierte und mit viel Applaus belohnt wurde. Die Idee haben sich die Organisatoren Karsten Peters aus Bad Bramstedt und Ludwig Reese aus Wiemersdorf bei der erfolgreichen "Langen Nacht der Kultur" in Itzehoe abgeguckt. Einmal im Jahr glänzt die Kreisstadt mit Literatur und Musik im kleinteiligen Ambiente von Geschäften und Banken. Das Prinzip "Eine Eintrittskarte für alle Veranstaltungen" haben Peters und Reese ebenfalls übernommen. Die Folge: Am Freitagabend waren viele Bramstedter auf den Straßen unterwegs, schnupperten ein bisschen Clubatmosphäre und erlebten bei Snacks und leichten Getränken, was die Stadt und Umland kulturell zu bieten haben.

Besonders groß war der Zulauf in der Raiffeisenbank. Wo alltags Kredite verkauft und Kontoauszüge gedruckt werden, servierten die Azubis alkoholfreie Cocktails an die 50 Gäste, die der Band Crossroads lauschten. "Fürs erste Mal ist die Resonanz okay", sagt Bankchef Dirk Tölle. "Für solche Aktionen sind wir immer aufgeschlossen."

"Am Anfang war ich skeptisch", sagt Stephan Vollstedt vom Tui-Reisecenter über die "Kultour". "Doch jetzt läuft es supergut." Die Free Acoustic Band, die vor einem mannshohen Tui-Logo spielt, gehört mit ihrer technisch ausgereiften, handgemachten Musik zum Besten, was die "Kultour" an diesem Abend zu bieten hat. Bei Vollstedt vorm Tresen tanzen die ersten Gäste.

Vollstedt und die anderen Veranstalter haben sich bemüht, den Hauch der alltäglichen Atmosphäre aus ihren Räumen zu verbannen. Im Rathaus ist dieser Plan schief gegangen. Im Vorraum herrschte eine Atmosphäre wie in einem fensterlosen Konferenzraum eines Zwei-Sterne-Hotels.

Dieses Manko hat auch Veranstalter Ludwig Reese erkannt, der alle Bühnen abgeklappert hat, die kuschelige Atmosphäre der Stadtbücherei lobt und sich freut, dass zum Auftritt von "Käpt'n Coerk" im "Lichtblick" viele Zuhörer kamen.

"Es wird ein nächstes Mal geben", verspricht Reese, obwohl er im Vorverkauf nur 54 Karten losgeworden ist und von den Einnahmen noch kleine Gagen für die Künstler gezahlt hat. Er und Karsten Peters haben Verlust eingefahren, setzen aber auf die Zukunft und bessere Geschäfte mit der "Kultour". "Uns hat es Spaß gemacht", sagen die beiden. Dass bei der Premiere nicht ganz so viele Gäste gekommen sind, ist auch auf eine Parallel-Veranstaltung der Gildenstiftung mit der Kirchengemeinde über die Geschichte der Stadt während der Nazi-Herrschaft zurückzuführen. Ein weiterer Haken: Das Schloss stand wegen einer Kunstausstellung nicht zur Verfügung.

Das soll 2011 anders werden. Das Rathaus mit seiner "sachlich-nüchternen Atmosphäre" (Originalton Reese) wollen die Veranstalter nicht mehr nutzen. Dafür wollen Reese und Peters das Schloss und vor allem den Flügel einbeziehen. Außerdem wollen sie sich eine mehrfach geäußerte Kritik der Zuhörer zu Herzen nehmen: Die nächste "Kultour" startet nicht schon um 19 Uhr, sondern später.