Kripo und Berufsgenossenschaft prüfen, ob Friedrich-Hans B. die Vorschriften ignorierte

Norderstedt. Brennende Kerzen stehen auf den Tischen des Aufenthaltsraums. An den Fahrzeugen wehen Trauerflore. Die Menschen auf dem Norderstedter Bauhof sprechen nur wenig. Zu tief sitzt der Schrecken seit dem Tod ihres Kollegen Friedrich-Hans B. Der 55-Jährige kam, wie berichtet, am Mittwoch bei einem Betriebsunfall auf dem Gelände an der Friedrich-Ebert-Straße ums Leben. Er wurde von einem 800 Kilo schweren Metallteil erschlagen.

"Unsere Mitarbeiter bekommen die Zeit, die sie brauchen, um das Geschehen zu verarbeiten", sagt der Sprecher der Stadtverwaltung, Hauke Borchardt. Pastor Gunnar Urbach stand den Männern und Frauen als Seelsorger direkt nach dem Unglück bei. Gestern fuhr er erneut zum Bauhof und stand als Gesprächspartner zur Verfügung. Die Norderstedter Kripo und die Berufsgenossenschaft ermitteln, wie es zu dem Unglück kommen konnte. "Wir können Fremdverschulden ausschließen", sagte ein Ermittler. In den nächsten Tagen werde untersucht, ob bei der Arbeit an dem Metallteil gegen Vorschriften verstoßen wurde. "Wir klären die Arbeitsabläufe", hieß es bei der Kripo.

Inzwischen scheint festzustehen, dass Friedrich-Hans B. die Vorschriften missachtet hatte und allein mit Arbeiten an dem Metallteil beschäftigt war. "Die Montage erfolgt grundsätzlich von zwei bis drei Personen", sagte Borchardt. Dieses Verfahren sei allen Mitarbeitern bei der Einweisung verbindlich vorgeschrieben worden. Borchardt: "Das kann man in allen Unterlagen eindeutig nachlesen."

B. war mehr als 20 Jahre beim Bauhof beschäftigt. "Ein sehr erfahrener Kollege", berichtet ein Kollege. Warum er die Vorschriften offensichtlich missachtete, ist noch unklar.

Das Unglück hat sich wahrscheinlich folgendermaßen abgespielt: Friedrich-Hans B. wollte am späten Mittwochvormittag eine Streuvorrichtung für den Winterdienst am Heck eines Multifunktionsfahrzeuges montieren. Dafür musste er das 800 Kilo schwere Metallteil abbauen, das beim Sommerdienst als Gegengewicht dient, wenn beispielsweise vorn am Fahrzeug Mähwerkzeuge angebracht sind. Als B. allein mit den Arbeiten an dem Gewicht begann, soll er nach Informationen der Norderstedter Zeitung von Kollegen auf die Vorschriften und Gefahren hingewiesen worden sein. "Lass das sein!" warnte ein Mitarbeiter.

Das hochkant am Fahrzeugheck montierte Gegengewicht ist mit Bolzen gesichert und wird mit einem Gabelstapler per Gurt aus der Halterung gezogen. Der Gabelstaplerfahrer soll bereits unterwegs gewesen sein, als das Unglück geschah. Friedrich-Hans B. hatte offenbar bereits sämtliche Sicherungen und den ersten Haltebolzen entfernt. Mit einem Hammer wollte er einen weiteren Bolzen lösen - ein entsetzlicher Fehler. Das vertikal gelagerte Gegengewicht kippte um und erschlug den Bauhof-Mitarbeiter.

Danach begann ein dramatischer Kampf um das Leben von Friedrich-Hans B. Nachdem ein Kollegen den Schwerverletzten unter dem Metallteil entdeckt hatte, gelang es ihm, mit einem Gabelstapler die Last von seinem Körper zu heben. Friedrich-Hans B. lebte. Ein Notarztteam kämpfte um sein Leben und alarmierte einen Rettungshubschrauber, um einen möglichst schnellen Transport in ein Krankenhaus sicherzustellen. Das Gewicht hatte B. am Rücken getroffen. Er litt unter starken inneren Blutungen.

Als sich der Zustand von B. weiter verschlechterte, entschied der Notarzt, die Landung des Hubschraubers "Christoph 42" aus Rendsburg am Unglücksort nicht mehr abzuwarten, sondern so schnell wie möglich das Hamburger Krankenhaus Heidberg anzusteuern. Während der Fahrt schwebte der Hubschrauber über Norderstedt ein und landete auf der Kreuzung Ohechaussee/Ochsenzoller Straße.

Doch auch der gemeinsame Einsatz der Besatzungen konnte den Bauhof-Mitarbeiter nicht retten. Er starb auf der Ohechaussee im Rettungswagen.