Nach Ansicht der Gewerkschaft leiden Patienten und Personal unter dem Kostendruck

Kreis Segeberg. Nach dem Klinikum Bad Bramstedt und dem CDU-Bundestagsabgeordneten Rolf Koschorrek hat sich auch die Gewerkschaft ver.di in die Diskussion über die Krankenhausfinanzierung eingeschaltet. Das derzeitige System liefere den Kliniken Anreize zum Personaldumping, sagte Gewerkschaftssprecherin Sabine Daß. "Wer Stationen mit möglichst wenig Personal betreibt, qualifizierte Kräfte ausdünnt und im Nachtdienst die schmalste Besetzung riskiert, hat im Wettbewerb die Nase vorn", sagt sie.

Die Geschäftsführung und der Betriebsrat des Klinikums Bad Bramstedt hatten vor wenigen Tagen gemeinsam in der Norderstedter Zeitung die Gesundheitspolitik der Bundesregierung kritisiert und sich besorgt gezeigt, dass die Budgets der Krankenhäuser im kommenden Jahr noch geringer ausfallen werden. Die Folgen seien wachsender Arbeitsdruck beim Personal, das immer weiter an ihre Leistungsgrenzen gebracht werde. Koschorrek hatte die Kritik aus dem Klinikum zurückgewiesen und von "typisch deutschen Reflexen" gesprochen. Die Ausgabenbegrenzung im Gesundheitswesen treffe alle Bereiche, nicht nur die Krankenhäuser.

Sabine Daß weist darauf hin, dass Pflegekräfte in Deutschland mehr Patienten versorgen als ihre Kollegen in anderen Ländern. Umgekehrt sehe es bei den Kosten aus: In Deutschland werde pro Einwohner weniger für die Krankenhausbehandlung ausgegeben als in fast allen anderen Ländern.

Ein Resultat sei, dass die Beschäftigten in den Krankenhäusern in immer kürzerer Zeit immer mehr Patienten versorgen müssten, da sich die Liegezeiten verkürzt haben. "Gleichzeitig müssen sie eine ausufernde Dokumentation bearbeiten, tragen mehr Verantwortung, werden ständig aus dem ,Frei' geholt, schreiben Überlastungsanzeigen, haben eine höhere psychische Belastung und schaffen es eher selten bei Vollzeit, bis 65 zu arbeiten", sagte die Gewerkschaftssprecherin. Erwerbsunfähigkeit, Frühverrentung und Burnout seien weitere Folgen.

Diese Belastungen würden durch die Tarifsteigerungen nicht wettgemacht. Bei den wenigen Krankenhäusern, die noch Gehälter nach dem Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst zahlen, lag die Tarifsteigerung in diesem Jahr bei 1,2 Prozent. Am 1. Januar 2011 kämen 0,6 und zum 1. August noch mal 0,5 Prozent hinzu. "Allerdings sind die meisten Krankenhäuser heute im Besitz privater Konzerne, bei denen sich die Tarifsteigerung mit Glück zwar am Tarifvertrag orientiert, aber oft in Einzelkomponenten schlechter ist", sagt Sabine Daß. "Schönes Beispiel dafür ist das Klinikum Bad Bramstedt." Dort sei in diesem Jahr das Tarifgehalt für 2009 gezahlt worden. Daß: "Was wir für 2011 verhandeln, ist völlig offen." Die Tarifvereinbarung fürs Klinikum läuft zum Jahreswechsel aus.