Angeklagte fühlte sich durch Drohgebärde angegriffen und schlug einen Mann zu Boden

Kaltenkirchen. Mit Ehefrau, Kinderwagen und zwei Kleinkindern betritt Gabriel A., 42, den Gerichtssaal des Amtsgerichts in Norderstedt - ein treu sorgender Ehemann, so scheint es. Bei Verlesung der gegen den Rumänen vorliegenden Anklageschrift wird allerdings deutlich, dass dieser Mann auch ganz andere Seiten aufziehen kann: Im April dieses Jahres soll der Angeklagte in einer Wohnung an der Feldstraße in Kaltenkirchen, die als Bordell bekannt ist, einem Mann mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben, sodass dieser ein geschwollenes Auge und eine blutende Stirnwunde davontrug.

Außerdem soll A. dem Mann und den drei anwesenden Frauen gedroht haben, er werde sie erschießen, wenn sie ihm nicht bis zum Ende der Woche 1500 Euro zahlten. Begleitet wurde der stark angetrunkene Angeklagte von seinem Freund Ibrahim I., 40. Dieser hatte zuvor gewaltsam die Eingangstür des Hauses eingetreten. Der Angeklagte gibt zu, dem Mann, der ihm die Wohnungstür in dem besagten Haus in Kaltenkirchen öffnete, ins Gesicht geschlagen zu haben, der Mann habe eine Drohgebärde gemacht, die er als Angriff verstanden hätte, so der Angeklagte.

Die drei anwesenden rumänischen Frauen hätten für ihn gearbeitet, erzählt der Angeklagte, der sich als Masseur bezeichnet und bis vor Kurzem selbstständig war - jetzt "laufen die Geschäfte zu schlecht". Für die Frauen hatte Gabriel A. in Norderstedt eine Wohnung gemietet, angeblich sollten sie dort Fotoshootings machen, seien dann aber abgehauen.

Muhammed I., ein Freund des Angeklagten, hatte diesem in der Tatnacht den Aufenthaltsort der Frauen genannt und war mit ihm nach Kaltenkirchen gefahren. Er habe nur mit den Frauen reden wollen. Er habe nicht gedroht, so der Angeklagte.

Man habe sich dann auch geeinigt. Er habe sein Geld bekommen, also eigentlich alles bestens. Die polizeilichen Ermittlungen in dieser Angelegenheit waren aber nicht mehr zu stoppen. Ausgelöst wurden sie durch den Anruf einer völlig verängstigten Frau bei der Polizei. Die Frau hatte um Hilfe gerufen, weil sie von zwei Männern mit Waffen bedroht werde. Die Polizei nahm den Angeklagten vorübergehend in Gewahrsam, fand jedoch keine Waffe.

Im Nachhinein haben offensichtlich weder das Opfer der Schläge noch die Frauen ein Interesse an dem Strafverfahren, denn von fünf geladenen Zeugen ist nur einer erschienen - nämlich Muhammed I., der behauptet, der Angeklagte sei angegriffen worden, bevor er selbst zuschlug. Eine Darstellung, die Richter Reinhard Leendertz als unglaubwürdig einstuft, da der Angeklagte selbst nur von einer Drohgebärde seines späteren Opfers sprach.

Für den Richter, der die Fotos des übel zugerichteten Opfers der Faustschläge noch einmal betrachtet, steht fest, dass der Angeklagte mindestens zweimal zugeschlagen haben muss, vom Alkohol enthemmt. Da der Angeklagte nicht vorbestraft ist und zurzeit keine Einkünfte hat, kommt er mit einer Geldstrafe von 400 Euro davon.