Bürokauffrau wegen Betruges in 34 Fällen angeklagt. 23 540 Euro soll sie an Geldautomaten abgehoben haben

Norderstedt. Als Hermann B. aus Kaltenkirchen im Jahr 2007 die mehr als 50 Jahre jüngere Christine G., heute 41, kennenlernte und bald danach heiratete, erteilte er ihr eine Vollmacht für sein Bankkonto, die er aber kurz darauf widerrief, weil er offenbar gemerkt hatte, dass seine junge Frau nicht mit Geld umgehen konnte.

Von Anfang Juni 2008 an lag B. mit Unterbrechungen im Kaltenkirchener Krankenhaus und starb im September des gleichen Jahres.

In dieser Zeit und noch nach dem Tode ihres Mannes plünderte Christine G. mit der auf ihren Mann ausgestellten EC-Karte dessen Bankonto. Insgesamt 23 540 Euro hob die Frau in 500- oder 1000-Euro-Beträgen bis Ende Oktober 2008 an Geldautomaten in Kaltenkirchen ab. Da die Geldabhebungen ohne Einverständnis des Mannes erfolgt sein sollen, erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen Christine G. wegen Betruges in 34 Fällen.

Zum ersten angesetzten Prozesstermin erschien die Angeklagte unentschuldigt nicht, nun wird sie von Polizisten, die sie in Kaltenkirchen abholten, in den Saal geführt.

Ihr verstorbenener Mann sei mit den Geldabhebungen einverstanden gewesen, behauptet die Angeklagte, er habe ihr seine EC-Karte und die Geheimnummer gegeben, damit sie sich das Geld hole, denn sie habe ihrem Mann vor Jahren aus dem Erbe ihrer Mutter 20 000 Euro geliehen und sollte das Geld zurückerhalten - wo das Geld geblieben ist, bleibt das Geheimnis der Angeklagten.

Wie sich herausstellt, war das Geld auf dem Konto des verstorbenen Beamten nach Einreichung der Krankenhausrechnungen von der Beihilfestelle zur Begleichung der Behandlungskosten gezahlt worden, hätte also eigentlich an die Klinik weitergeleitet werden sollen. Eine Klinikmitarbeiterin erzählt von einem Telefonat mit dem inzwischen verstorbenen Patienten, in dem dieser um einen Zahlungsaufschub bat und verärgert war, weil seine Frau das Konto leergeräumt hatte.

Auch die Vernehmung eines Bankmitarbeiters bringt keine Klarheit darüber, ob die Angeklagte berechtigt war, über das Konto ihres Mannes zu verfügen, immerhin setzte er sie Ende Juli als Alleinerbin ein.

Auch juristisch ist der Fall kompliziert, denn ein Betrug gegenüber der Klinik, die auf den unbezahlten Rechnungen von über 20 000 Euro sitzen blieb, setzt neben einem Vermögensschaden voraus, dass das Betrugsopfer vorsätzlich getäuscht wurde, dann müsste hier der verstorbene Patient schon zum Zeitpunkt der Behandlung vorgehabt haben, die Rechnungen später nicht zu bezahlen.

Da das dem Verstorbenen nicht unterstellt werden kann, sieht Amtsrichter Reinhard Leendertz keinen anderen Weg als das Verfahren wegen "geringer Schuld" der Angeklagten einzustellen. Die Angeklagte atmet hörbar erleichtert auf.

Für die Paracelsus-Klinik ist die Sache alles andere als erfreulich: Die Klinik hat inzwischen gegen die Angeklagte einen vollstreckbaren Titel über 20 000 Euro erwirkt, eine Zwangsvollstreckung gegen die arbeitlose Bürokauffrau, die eine geringe Rente bezieht, wird aber mit Sicherheit vorerst im Sande verlaufen.