Wer in Norderstedt den Sozialpass vorlegen kann, für den übernimmt die Stadt ab sofort alle Mitgliedsbeiträge

Norderstedt. Während bundesweit intensiv über die Einführung von Bildungsgutscheinen gestritten wird, ist Norderstedt schon einen Schritt weiter. Ab sofort können Kinder von Eltern mit schmalem Haushaltsbudget kostenlos Mitglied in einem Sportverein werden. Die Stadt übernimmt den Beitrag, damit die Vereine keinen finanziellen Nachteil haben. Das hat der Ausschuss für Schule und Sport beschlossen.

Mit dieser Regelung betritt Norderstedt Neuland. "Mir ist keine andere Stadt oder Gemeinde bekannt, in der es eine solche Regelung gibt", sagt Eddy Münch (CDU), der als Sportfunktionär weit rumgekommen ist und den Antrag eingebracht hat. Er sieht den Beschluss, den der Ausschuss mit großer Mehrheit gefasst hat, als "Sieg für den Sport in Norderstedt". Damit unterstreiche die Stadt auch die hohe soziale Bedeutung des Sports für Kinder und Jugendliche, die ohne diese Förderung nicht am Vereinssport teilhaben könnten. Und damit, so Münch, von einem wichtigen Teil des gesellschaftlichen Lebens ausgeschlossen würden.

Sport sei ein wesentlicher Baustein, wenn es darum gehe, Gewalt vorzubeugen und ausländische Kinder und Jugendliche zu integrieren, sagt Münch, der sich als Beisitzer für sozialpolitische Belange und Sicherheitsbeauftragter im Vorstand des Schleswig-Holsteinischen Fußballverbandes seit Langem auch dem Kampf gegen Gewalt und Rassismus auf und neben dem Fußballfeld verschrieben hat.

Turniere unter dem Motto "Schleswig-Holstein kickt fair", wie sie der Verband regelmäßig organisiert, würden dazu beitragen, Aggressionen zu reduzieren. Die jungen Kicker lernten im Spiel ohne Schiedsrichter, sich zu einigen, ohne dass getreten, gespuckt oder geschlagen wird.

Hinzu komme, dass Sport allgemein die überbordende Kraft und den Drang sich auszutoben, in vernünftige Bahnen lenken könne. Längst an der Tagesordnung seien Mannschaften, in denen ausländische und deutsche Kinder einträchtig um den Sieg kämpfen und sich gegenseitig helfen. Selbstverständlicher und problemloser könne Integration kaum funktionieren.

Bisher hat die Verwaltung 659 Sozialpässe an Norderstedter vergeben. In überparteilichem Konsens hatten die Politiker vor gut einem Jahr beschlossen, den Pass an Menschen auszugeben, die über wenig Geld verfügen und Arbeitslosengeld 2, Sozialhilfe, Grundsicherung oder andere Sozialleistungen beziehen. Ziel ist, dass diese Personengruppe so weit wie möglich am gesellschaftlichen leben teilhaben kann.

Inhaber des Norderstedter Sozialpasses bekommen im Arriba-Bad 50 Prozent Ermäßigung auf ein Drei-Stunden-Ticket, die Kita-Gebühren werden so weit wie möglich ermäßigt, und der Sozialpass gilt auch als Nachweis, um sich bei der Norderstedter Tafel kostenlos mit Lebensmitteln einzudecken, um sich bei der Stadtbücherei kostenlos Medien auszuleihen, an Kursen der Volkshochschule zu reduzierten Beiträgen teilzunehmen oder für den ermäßigten Eintritt in das Stadt- oder Feuerwehrmuseum.

"Der zweite Teil des Beschlusses zu den Sportförderrichtlinien zielt in die gleiche Richtung", sagt Eddy Münch. So wird die Stadt Norderstedt künftig auch einen Teil der Übungsleiter-Lehrgänge bezuschussen. Damit müssen die Sportvereine der Stadt die Aus- und Fortbildung ihrer Trainer nicht mehr allein finanzieren.

"Und qualifizierte Übungsleiter sind unverzichtbar, wenn wir attraktives und fundiertes Training anbieten wollen", sagt Thomas Hochmuth, Sprecher von TuRa Harksheide. Er begrüßt die Ausschuss-Beschlüsse. Dadurch werde das Bemühen der Sportvereine, Kinder und Jugendliche von der Straße zu holen und ihnen eine sinnvolle Perspektive zu bieten, weiter gefördert.

Wer den Sozialpass der Stadt Norderstedt beantragen möchte, wendet sich an den Fachbereich Soziales in Zimmer 21 des Norderstedter Rathauses. Die Bürozeiten sind immer montags bis freitags von 8 bis 12 Uhr, montags bis mittwochs 13 bis 16 Uhr und donnerstags 13 bis 18 Uhr. Mitgebracht werden muss ein gültiger Leistungsbescheid und ein Foto des Ausweisinhabers (ein einfaches Portrait reicht, es muss nicht biometrisch sein). Der Ausweis gilt ein halbes Jahr und wird mit jedem neuen Bewilligungsbescheid verlängert.