Der 19-jährige Wiederholungstäter muss für drei Jahre ins Gefängnis. Dort will der Segeberger eine Drogentherapie und ein Anti-Aggressionstraining absolvieren

Bad Segeberg. In Handschellen wird der Angeklagte Henner H. (19) aus Bad Segeberg in den Gerichtssaal des Jugendschöffengerichts in Bad Segeberg geführt. Dem jungen Mann mit dem freundlichen Gesicht traut man kaum zu, an einem brutalen Raubüberfall auf einen Taxifahrer im April dieses Jahres beteiligt gewesen zu sein.

Henner H. und ein Freund, dem getrennt der Prozess gemacht wird, bestellten sich am Tatabend ein Taxi, das sie von Wahlstedt nach Segeberg bringen sollte. In der Nähe eines Friedhofs in Segeberg hielt der Taxifahrer und stellte seine Taxiuhr ein, als ihm Henner H. plötzlich ohne Vorwarnung brutal den Ellbogen ins Gesicht rammte und ihn anschließend mehrmals mit voller Wucht mit den Fäusten ins Gesicht schlug. Sein hinten im Wagen sitzender Komplize drückte den bereits blutüberströmten Taxifahrer mit dem Gesicht auf die Mittelkonsole - dann verlangten die Männer Geld, woraufhin ihnen der Taxifahrer Martin T. (51) sein Portmonnaie gab.

Mit einer Beute von nur 150 Euro traten die Männer die Flucht an und ließen den stark blutenden Taxifahrer zurück - mit gebrochener Nase, unzähligen Beulen und Platzwunden am Kopf. Die Flüchtenden kamen nicht weit, denn Martin T. war dem Komplizen des Angeklagten nach dessen Aussteigen versehentlich mit seinem Automatikwagen über den Fuß gefahren, er konnte nur mühsam humpeln und wurde schnell von der Polizei aufgegriffen, ebenso wie Henner H., der seinen Kumpel nicht im Stich lassen wollte. Einen Tag nach der Tat wurde der Angeklagte verhaftet und sitzt seitdem in Neumünster im Gefängnis.

Auf der Anklagebank des Jugendgerichts gibt sich der Angeklagte reumütig: Es täte ihm leid. Die Idee zu dem Raub sei ihm und seinem Freund während der Fahrt gekommen, man habe sich per SMS auf den Überfall geeinigt, auch darauf, sich gegenseitig mit falschem Namen anzusprechen.

Das Motiv für den Raub war Geldmangel: Nach einem Gefängnisaufenthalt hatte der Angeklagte eine Lehre begonnen und nach einigen Wochen abgebrochen, bei seinem Vater war er rausgeflogen, und er brauchte auch Geld, um seinen Drogenkonsum finanzieren zu können. Seit seinem 16. Lebensjahr nimmt der Angeklagte Drogen und schaffte deshalb keinen Schulabschluss, geriet stattdessen immer mehr auf die schiefe Bahn und landete schließlich im Juli 2008 im Gefängnis, verurteilt von Richter Wolfgang Niehaus, vor dem er jetzt wieder sitzt.

Taxifahrer Martin T. ist noch immer geschockt von der Brutalität der Täter. Zwar fahre er wieder Taxi, aber besonders nachts, wenn Unbekannte im Wagen sitzen, habe er ein "schlechtes Gefühl". Der Angeklagte, der vor einigen Tagen einen Entschuldigungsbrief an sein Opfer schrieb, will sich im Gerichtssaal nochmals entschuldigen, aber Martin T. fällt ihm ins Wort: "Ich will das nicht hören."

In einer zweiten Anklage werden Henner H. drei Wohnungseinbrüche in Bad Segeberg an einem Abend im März 2009 vorgeworfen, wobei er in der Parkstraße - von der Besitzerin überrascht - ohne Beute flüchtete. In einem Haus an der Lindenstraße fand er keine Wertgegenstände, in einem anderen Haus in derselben Straße ließ er laut Anklage eine Kamera, einen Laptop und eine Uhr mitgehen. Der Angeklagte gibt die Taten zu, und mehr als das: Henner H. will "reinen Tisch machen", wie er sagt, und berichtet von einem weiteren Laptop und einem Handy, die er in dem ersten Haus an der Lindenstraße stahl, ohne dass die Gegenstände als vermisst gemeldet wurden.

Eine dritte Anklage wirft Henner H. eine gefährliche Körperverletzung vor: In einer WG an der Seestraße stritt sich der Angeklagte mit einem Mitbewohner, dem er eine Bierflasche über den Kopf geschlagen haben soll. Der Angeklagte behauptet, den Mitbewohner Andreas W. (42) nur geschubst zu haben, er sei dann mit dem Kopf an die Arbeitsplatte geschlagen. Eine Version, die nicht auszuschließen ist, denn die Polizei fand Blutspuren an der Arbeitsplatte, und der verletzte Andreas W., der als Zeuge vernommen wird, war so alkoholisiert, dass er sich den Schlag mit der Flasche möglicherweise eingebildet hat. Übrig bleibt deshalb eine einfache Körperverletzung.

Eine Mitarbeiterin des Jugendamtes bescheinigt dem Angeklagten sogenannte schädliche Neigungen und eine "nicht ausgereifte Persönlichkeit", eine positive Prognose für die Zukunft sei nicht möglich. In seinem Schlusswort beteuert Henner H., sein Leben in den Griff kriegen zu wollen. Er möchte im Gefängnis eine Drogentherapie und ein Anti-Aggressionstraining absolvieren und eine Lehre als Schlosser machen.

Mit diesen Aussichten ist der Angeklagte mit dem Urteil wahrscheinlich zufrieden: Er muss für drei Jahre ohne Bewährung ins Gefängnis, was er gefasst aufnimmt.