Streit zwischen den Anwohnern und Betreibern der Paintball-Anlage in Henstedt-Ulzburg geht in eine neue Runde

Henstedt-Ulzburg. 61,5 - 66,2 - 64,0. Pausenlos rasen die Zahlen über das Display des kleinen Kastens, der bei Familie Schümann aus Henstedt-Ulzburg auf dem Küchentisch steht. Jens Schümann hält den Sensor aus dem geöffneten Fenster in Richtung der anderen Straßenseite. Dort rattert und knallt es nahezu pausenlos. Dann und wann wird gebrüllt: "Schieß doch!" Der kleine Kasten registriert den Krach. Die Werte, die er ausspuckt, sind Lärmwerte, gemessen in Dezibel.

Das ging das ganze Wochenende so. Die Schümanns und ihre Nachbarn, die Kallenbachs, wollen nachweisen, dass auf der anderen Seite des Kirchwegs Verbotenes geschieht. Dort haben am Wochenende auf dem Paintball-Gelände 200 Spieler Turniere für die erste und zwei Bundesliga ausgefochten.

Bereits seit der Eröffnung im Mai liegen die Familien mit den Paintball-Fans im Clinch (wir berichteten). Seit diesem Wochenende sind sie sicher, dass die Geräusche von drüben lauter als zulässig sind. Maximal 65 Dezibel sind in einem Gewerbegebiet wie dem Kirchweg zulässig, hat Schümann bei der Lektüre des Bundesimmissionsschutzgesetzes herausgefunden. Der Spitzenwert lag am Wochenende bei 72.

Mit der Lärmmessung haben die beiden lärmgeplagten Familien ein neues Kapitel im Streit mit den Betreibern der Paintball-Anlage aufgeschlagen. Aufmerksam haben sie auch registriert, dass nach ihren Beobachtungen rund ums Gelände Mitarbeiter der Schießanlage unterwegs sind, um verirrte Farbkügelchen aufzusammeln, mit denen sich die Paintballer bei ihren Wettkämpfen beschießen.

Vehement haben die Betreiber immer wieder bestritten, dass die Kugeln durch die aufgespannten Sicherheitsnetze fliegen können. Jens Schümann berichtet hingegen: "Anwohner aus der Nachbarschaft sind vorbei gekommen und haben Kugeln gefunden." Eine Kugel soll Schümann Junior um Haaresbreite verfehlt haben. Die Familien haben außerdem Farbspuren an Gebäuden fotografiert. Kallenbach: "Es fliegen definitiv Kugeln heraus."

Wie sie sich wehren sollen, wissen die Familien jedoch nicht. Gegen einen Betrieb in ihrer Nachbarschaft können sie sich nicht wehren, weil sie in einem Gewerbegebiet wohnen. Von der Gemeinde fühlen sie sich allein gelassen. "Wir wissen nicht, was wir machen sollen", sagt Frauke Schümann, die sich auch um die Sicherheit der neun Jahre alten Tochter sorgt.

Immerhin kam am Wochenende Bürgervorsteher Carsten Schäfer vorbei und informierte sich am Küchenfenster über das Spektakel jenseits der Straße. "Die Gemeinde muss uns schützen", sagt Andrea Kallenbach. "Die haben uns erlaubt, hier zu wohnen."

Auf der anderen Straßenseite beurteilen die Chefs der Anlage, Daniel Doray und Susanne Ranft, die Situation naturgemäß anders. "Die Nachbarn finden immer wieder etwas Neues gegen uns", sagt Ranft. "Wir waren hier von Anfang an nicht willkommen." Sie wolle mit den Nachbarn gut auskommen, betont Ranft.

Sie legt Wert auf die Feststellung, dass der Betrieb sich in einem Gewerbe- und nicht in einem Wohngebiet niedergelassen habe. "Die Leute hatten einfach Glück, dass sie lange ihre Ruhe hatten", sagt sie. Bis zur Eröffnung der Paintball-Anlage im Mai lag die Fläche brach.

Drei Millionen Farbkugeln seien am Wochenende bei dem Bundesliga-Turnier verschossen worden, ohne dass es zu Problemen gekommen sei, sagt Daniel Doray. Er bezeichnet Paintball als moderne Sportart und betont: "Wir sind friedfertig." Seine Gäste fühlten sich allerdings zunehmend bedrängt, weil sie und ihre Autos von den Nachbarn fotografiert würden.

Nochmals wies Susanne Ranft Vorwürfe zurück, im Umfeld der Anlage werde randaliert und getrunken. "An mich ist noch keiner herangetreten und hat sich beschwert", sagt sie. Sie habe bisher nicht feststellen können, dass ihre Kunden sich schlecht benehmen.

Auch eine Gefährdung der Kinder aus der Nachbarschaft schloss sie aus und stellt die Frage. "Was sehen die Kinder hier, was sie auf einem Computer nicht sehen?"