Auf Streife mit den Sicherheits-Leuten Markus, Kai und der Hündin Danger am U-Bahnhof Norderstedt

Norderstedt. Wer mit Markus, 35, und Kai, 34, ein paar Runden um den Bahnhof Norderstedt-Mitte geht, der bekommt den zweiten Blick, der sieht die Welt ein wenig dunkler und riecht die Gefahr. "Wenn du hier aus der Bahn steigst und keine Ahnung hast, dann denkst du: Oh, bepflanzte Verkehrsinseln, nette Leute beim Einkaufen, hübsches Dörfchen", sagt Markus. Ihm kann das nicht passieren. Er hat eine Menge Ahnung. Er macht seit acht Jahren Security. Personenschutz, Großveranstaltungen, verdeckte Einsätze, Observation. Und Markus sagt: "Es gibt hier genug Anzeichen dafür, dass die Gegend abrutschen könnte."

Markus ist ein Schrank, über 1,90 Meter, geschätzte muskulöse 140 Kilogramm. Kai ist kleiner, eher der drahtige Typ. Was er nicht an Körper hat, macht er mit seinem stechenden Blick wett. Außerdem führt er Danger an der Leine, ein Boxer-Husky-Mischling. Danger kann unheimlich lieb schauen und unheimlich kräftig zubeißen. Auf Kommando. Oder einen Flüchtenden zu Boden bringen.

Manche Bürger haben das Pfefferspray immer griffbereit in der Tasche

Die beiden Sicherheitsleute und die eine Hündin von Pütz Security aus Kaltenkirchen sind die Antwort der Stadt Norderstedt auf die Beschwerden von Theater- oder Kinogängern, von Pendlern und anderen Bürgern, denen der U-Bahnhof am Abend nicht mehr geheuer ist. Die von aggressiven Jugendlichen oder Betrunkenen angegangen wurden, oder die von der Szenerie so eingeschüchtert sind, dass sie nur noch mit dem Pfefferspray oder dem Elektroschocker in der Tasche auf den Bus warten. Drei Monate sollen Markus, Kai und Danger rund um den Bahnhof Patrouille gehen. Danach wird über die ständige Überwachung entschieden.

Markus und Kai beginnen ihren etwa eineinhalb Kilometer langen Rundweg. Rund um den Bahnhof, unter der Moorbekpark-Brücke durch, am Rathaus vorbei und wieder zurück. 15-mal laufen sie den Weg an diesem Abend.

Gerüchte über Messerstechereien zwischen Jugendgangs

Wir nähern uns einer Gruppe von Jugendlichen, die es sich auf den Wartesesseln an der Bushaltestelle bequem gemacht hat. Die Halbstarken warten auf alles Mögliche, nicht aber auf den Bus. Markus sagt, er habe sich umgehört in der Szene. Jetzt weiß er genau, mit wem er es zu tun hat. Einer der Jungs auf den Sesseln sei ein polizeibekannter Dealer, der immer das Messer in der Tasche habe. Mit Vorsicht zu genießen. Am Bahnhof treffe eine Jugend-Gang aus Garstedt regelmäßig auf die aus Mitte, sagt Markus. Er habe von etlichen Messerstechereien unter den Jugendlichen gehört. Angezeigt würden die nie - Ehrenkodex.

Die Jungs auf den Wartesesseln feixen untereinander, sie beäugen die Streife mit einem Lächeln. Lange werden sie hier nicht mehr sitzen können. Genauer gesagt nur noch exakt, bis der Bus der Linie 594 den Busbahnhof verlässt. "Das ist der Bus mit dem längsten Intervall", sagt Markus. Das bedeutet: Wenn der 594 weg ist, sind alle Linien einmal durchgefahren. Wer hier nur abhängen will, kann sich dann nicht mehr hinter der Behauptung verstecken, er warte auf den Bus.

Die Alkoholiker verlassen ihren angestammten Platz am Brunnen

Die Jugendlichen haben das gut raus. Jeder hat einen Busfahrplan in der Tasche, den er immer dann rausnestelt, wenn er von einem Sicherheitsbeamten gefragt wird, auf welchen Bus er denn warte. Markus und Kai haben das Hausrecht auf dem Bahnhofsvorplatz. Sie können die Jugendlichen des Platzes verweisen. Jeden Tag aufs Neue.

Gegenüber der Bushaltestelle, bei den Bänken rund um den kleinen Brunnen, da haben die Trinker Quartier bezogen. Kein schöner Anblick. Ein Mann im Delirium geht die Passanten an und labert Unverständliches. Aus einem nahen Imbiss haben sich einige gerade die nächste Ration Bier besorgt. Als sie die Security-Leute entdecken, werden sie unruhig. Die meisten packen die Bierdosen ein und verdrücken sich auf eine Wiese über der Tiefgarage der Stadtwerke. "Das ist die reine Verdrängung des Problems, das ist uns schon bewusst. Es wird nicht lange gehen, dann kommen die Beschwerden, dass auf der Wiese zu viel Müll herumliegt. Dann müssen wir sie wieder verscheuchen, aber irgendwo müssen sie eben stehen", sagt Markus.

Verscheuchen, verdrängen, Präsenz zeigen. Das sind die Hauptaufgaben der beiden Sicherheitsleute. Nach nur einer Woche im Einsatz ist die Szene rund um den Bahnhof in Norderstedt-Mitte in Bewegung geraten. Es ist ungemütlich geworden. Gerade die Jugendlichen würden die Polizei nicht mehr ernst nehmen, sagt Markus. Er habe auf der Veddel, in Wilhelmsburg und in Harburg auf den übelsten Kiezen Dienst geschoben. Kai hatte es im Frankfurter Bahnhofsviertel mit Horden von Drogenabhängigen und organisierten Kriminellen zu tun. Die beiden haben jeden blöden Spruch gehört, jede Anmache erlebt, viele heimtückische Angriffe überstanden. Sie wissen, wie ihr Gegenüber tickt, sie kennen deren Sprache und ihren Kodex. Markus und Kai begegnen den Problemjugendlichen mit Respekt und mit kompromisslosen Ansagen. So ein bisschen wie die großen bösen Brüder. Das zieht. Kommt es zum Konflikt, dann fällt es den ausgebildeten Security-Männern nicht schwer, den Angreifer in Schach zu halten und mit Handschellen zu fixieren, bis die Polizei eintrifft.

Die Streife bekommt viel Lob und Zuspruch von den Bürgern

Wenn Markus und Kai ihre Runde laufen, dann heften die Augen der Passanten und der Autofahrer auf der Rathausallee an ihnen. Die beiden schwarz gekleideten Sicherheitsleute strahlen eine natürliche Autorität aus, die den Bürgern in der Gegend um den U-Bahnhof seit Langem gefehlt zu haben scheint.

"Wir bekommen gute Resonanz von den Leuten, viel Zuspruch und Lob", sagt Markus. Aus seiner Sicht sollten die Stadt, die Verkehrsgesellschaften und die Geschäftsleute in Norderstedt-Mitte dafür sorgen, dass dauerhaft Streifen um den Bahnhof gelaufen werden, um langfristig für Ruhe zu sorgen. "Am besten noch ausgeweitet bis zum Rewe-Markt an der Ecke zur Ulzburger Straße, da stehen die Alkoholiker auch herum, weil der Markt bis 22 Uhr geöffnet hat", sagt Markus.

Auf einer Skala von eins bis fünf, wobei die eins für hübsches Dörfchen und die fünf für brutaler Kiez steht, gibt Markus Norderstedt eine "Zwei Plus". Doch ohne kräftige Nachhilfe sei die gute Note mehr als gefährdet.