Immer noch Verzögerungen in der neuen Einsatzleitstelle der Polizei

Kreis Segeberg. Die Polizei in den Kreisen Segeberg, Pinneberg, Dithmarschen und Steinburg kämpft weiter mit Problemen in ihrer neuen gemeinsamen Einsatzleitstelle "Westwind". Die Zahl der Einsätze liegt deutlich höher als erwartet. Damit steigt nicht nur der Arbeitsaufwand für die 45 Disponenten, die vor wenigen Wochen fünf Mann Verstärkung erhielten. Auch der Computer hat offenbar Mühe, mit den Anforderungen zurechtzukommen. Bis vor kurzem konnte es bei Hochbetrieb in der Zentrale vom Notruf bis zum Einsatz für einen Streifenwagen bis zu zwei Minuten dauern. Erst eine Anpassung der Software sorgte jetzt dafür, dass die Polizei ohne Verzögerungen im Einsatz ist.

Die Verzögerungen entstanden, weil der Rechner offenbar mit den Datenmengen überfordert war, wenn viele Einsätze gleichzeitig liefen. Theoretisch soll es nur Sekunden dauern, bis ein Einsatz beginnt: Ein Polizist nimmt den Notruf an, gibt während des Gesprächs die Angaben des Anrufers ins System ein und leitet sie elektronisch an einen Kollegen weiter, der den Einsatz für die Streifenwagen auslöst und leitet. Doch auf dem Weg zwischen den Beamten kam es immer wieder zu Verzögerungen. In den Innereien von "Westwind" herrschte Flaute.

Der Polizeichef der Kreise Segeberg und Pinneberg, Heinz Parchmann, bestätigte, dass die Zahl der Einsätze über den Prognosen liegt. Die Planer seien von einem täglichen Durchschnitt von 360 ausgegangen. Tatsächlich liege die Zahl jedoch um 20 Prozent höher. Die Prognosen seien im Jahr 2000 erstellt worden. Ob die fünf zusätzlichen Beamten in der Leitstelle dauerhaft dort bleiben müssen, konnte Parchmann noch nicht sagen.

"Westwind" ging in einem Trakt des Elmshorner Krankenhaus im April in Betrieb. Die Einsatzzentrale ersetzte die Leitstellen in Bad Segeberg, Pinneberg, Itzehoe und Heide. "Westwind" ist Bestandteil eines landesweiten Leitstellenkonzepts. Zentralisierung und moderne Technik sollen schnellere Hilfe mit weniger Beamten gewährleisten.

Als erste Zentrale war Harrislee gestartet. Dort bezeichneten Insider die Mängel in der Anfangsphase als katastrophal. Auch "Westwind" kämpft mit Startschwierigkeiten: In den Anfangsphase fiel zeitweise der Funk komplett aus. Die Besatzungen der Streifenwagen wurden per Handy zum Einsatz gelotst.

Fachleute kritisieren, dass das Leitstellenkonzept auf Planungen basiert, die bis zu 15 Jahre alt sind. Im Kieler Innenministerium sei das Konzept unter der Leitung von Jörg Ziercke entstanden, dem heutigen Präsidenten des BKA. Schon damals gab es Kritik: Der Personalbestand und die Einsatzzahlen seien zu niedrig angesetzt worden.

Auch bei den Notrufen hakt es offenbar immer wieder. Wer einen Verkehrsunfall oder ein Verbrechen über die 110 melden will, braucht zuweilen Geduld, weil die "Westwind"-Polizisten zuviel zu tun haben. Nach dem "Westwind"-Start hörten die Anrufer zunächst nur ein Klingeln in der Leitung. Jetzt ertönt eine Stimme mit der Aufforderung, zu warten und nicht aufzulegen. In der Regel müsse jeder Notruf innerhalb von neun Sekunden angenommen werden, sagte Parchmann. Ob dieser Durchschnittswert auch bei "Westwind" erreicht wird, steht noch nicht fest. Parchmann appelliert an die Anrufer, bei einem Notruf keinesfalls aufzulegen. Die Anrufe werden der Reihe nach abgearbeitet. "Wer ein zweites Mal anruft, muss sich wieder hinten anstellen", sagt der Leitende Polizeidirektor.

Bei Unwettern oder schweren Unfällen gehen Dutzende von Notrufen gleichzeitig ein. "Dann kommt es zu Engpässen", sagt Parchmann. "Das war in der alten Leitstelle nicht anders."

Bei aller Kritik an der neuen Leitstelle müsse man bedenken, dass sich "Westwind" noch in der Einarbeitungsphase befinde. Eine weitere Qualitätsverbesserung im Funkverkehr erwartet Parchmann, wenn im Herbst 2011der digitale Funk eingeführt wird.