Bundesgesetz zur Stärkung des Anlegerschutzes bedroht die berufliche Zukunft

Norderstedt. Er ist seit 20 Jahren als unabhängiger Finanzberater im Geschäft, doch nun fürchtet Rolf Schöne, 61, um seine Existenz. Ein Bundesgesetz bedroht die berufliche Zukunft des Norderstedters. Der Entwurf für ein "Gesetz zur Stärkung des Anlegerschutzes und Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes" von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht vor, dass sogenannte geschlossene Fonds als Finanzinstrumente qualifiziert werden. Das bedeutet, so Schöne, dass alle, die diese Anlageform vertreiben, zu "Finanzdienstleistungsinstituten" nach dem Kreditwesengesetz (KWG) und dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) werden. "Sie brauchen dann eine Zulassung nach dem KWG. Da mein Hauptgeschäft geschlossene Fonds sind, bleiben mir nur zwei Möglichkeiten, die beide nicht akzeptabel sind", sagt der Diplom-Kaufmann.

Entweder er schlüpft unter das Dach eines lizensierten Unternehmens. Dafür kommen in der Regel große Finanzinstitute wie Banken infrage. "Dann würde ich meine Unabhängigkeit verlieren. Ich müsste die Produkte anbieten, für die die Bank im Zweifelsfall haftet. Und die Haftung übernimmt sie natürlich nur für Finanzprodukte, die sie kennt", sagt Schöne. Er könne seine Kompetenz und Beratungserfahrung aus fast zwei Jahrzehnten nicht mehr einbringen und wäre nur ein kleines Rädchen in einem großen Getriebe. Zudem könne er das eng gesponnene Netz mit Kollegen nicht mehr nutzen. "Wir tauschen uns regelmäßig aus und sind dadurch immer auf dem aktuellen Stand", sagt der Finanzberater, der mit seiner Existenzangst nicht allein ist. In Norderstedt und Umgebung dürften 25 Kollegen betroffen sein, bundesweit müssten nach Angabe der Berufsverbände rund 90 Prozent der etwa 75 000 kleinen oder Ein-Mann-Vertriebe das Handtusch werfen.

"Die zweite Möglichkeit, die geplanten Vorgaben zu erfüllen, würde erst recht den Todesstoß bedeuten", sagt Schöne. Wenn er selbst die nötige Zulassung beantragen würde, koste ihn das einmalig rund bis zu 80 000 Euro und jedes Jahr weitere 31 800 Euro. "Bei einem Brutto-Provisionserlös von höchstens 100 000 Euro im Jahr müsste ich den Laden dicht machen", sagt Schöne. Die Regeln aus dem KWG seien für große Finanzinstitute gemacht, nicht aber für kleine Vertriebe wie ihn.

Er habe durchaus Verständnis dafür, dass der Gesetzgeber nach den Erfahrungen der Finanzkrise ein möglichst hohes Maß an Sicherheit für die Anleger und Kontrollmechanismen schaffen will. Das diene ja auch dazu, das verloren gegangene Vertrauen der Menschen in die Kapitalmärkte wieder herzustellen. "Natürlich gibt es auch in unserer Branche schwarze Schafe. Doch die müssen mit anderen Mitteln ermittelt und ausgesondert werden", sagt der Finanzberater. Die Qualifikation könne durch eine Prüfung oder die Offenlegung der Geschäftsunterlagen und Umsätze nachgewiesen werden.

Der Norderstedter hat inzwischen den zuständigen Segeberger CDU-Bundestagsabgeordneten Gero Storjohann um Hilfe gebeten. Einen weiteren Hilferuf hat er an Norderstedts Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote geschrieben. "Vielleicht fällt Ihnen eine weitere Anlaufstelle ein, die uns unabhängigen Finanzdienstleistern weiterhelfen kann. Damit ich Norderstedt als Gewerbesteuerzahler erhalten bleibe", heißt es in dem Schreiben. Noch hat er keine Antwort, noch ist das Gesetz auch nicht beschlossen. Eine Entscheidung wird frühestens nach der Sommerpause fallen. Bis dahin, so hofft Schöne, haben die Berufsverbände die Politiker überzeugt. Erste positive Signale hätten maßgebliche Finanzpolitiker von CDU und FDP schon ausgesendet.