Nach dem Lehrer-Streik droht Ministerium mit Disziplinarverfahren und Kürzung der Bezüge. Gewerkschaft wehrt sich

Kreis Segeberg. Der Streik verfolgt die Lehrer bis in die Ferien. Sie haben Schreiben vom schleswig-holsteinischen Bildungsministerium bekommen, in dem ihr Arbeitgeber mit Disziplinarverfahren und der Kürzung der Bezüge droht. Rund 3500 verbeamtete Pädagogen hatten erstmals in Schleswig-Holstein am 3. Juni die Arbeit niedergelegt, um gegen die Sparmaßnahmen und Reformpläne von Bildungsminister Ekkehard Klug (FDP) zu protestieren. Ein Schwerpunkt der Protestaktion war die Fläche zwischen dem Herold Center und dem Willy-Brandt-Park in Norderstedt (wir berichteten).

"An der unverzüglichen Reaktion des Ministeriums sieht man doch, wie schnell gehandelt werden kann. Warum funktioniert das nicht auch inhaltlich in der Bildungspolitik?", fragt Sabine Duggen. Die Vorsitzende der Lehrergewerkschaft GEW im Kreis Segeberg sieht den Drohungen aus Kiel gelassen entgegen. Zum einen habe die GEW ihre Mitglieder auf eventuelle Konsequenzen vorbereitet. "Die Sanktionen können von einer dienstrechtlichen Missbilligung, die keine Disziplinarmaßnahme darstellt, über einen disziplinarischen Verweis bis zur Verhängung einer Geldbuße reichen", sagt Sabine Duggen.

Zum anderen hat die Gewerkschaft ein Musterschreiben vorbereitet, mit dem betroffene Pädagogen zu den Schreiben des Bildungsministers Stellung nehmen können. Die GEW fordert aus folgenden Gründen, dass das Bildungsministerium auf Disziplinarmaßnahmen und Kürzung der Besoldung verzichtet: Die Gewerkschaft hat als legitime Interessenvertretung der Lehrer zum Streik aufgerufen, um gegen die drastische Verschlechterung der Arbeitsbedingungen beispielsweise durch die Verlängerung der Arbeitszeit zu protestieren und notwendigen Druck auf die Landesregierung auszuüben. Bis zum Jahr 2020 wolle Minister Klug 4000 Lehrerstellen streichen - das mache pro Schule durchschnittlich viereinhalb Stellen aus. "Anstatt den zukünftigen Schülerrückgang für bessere Unterrichtsbedingungen zu nutzen, steigt die Belastung", sagt die GEW-Kreisvorsitzende. Es bleibe weniger Zeit, den Unterricht vorzubereiten und die Schüler individuell zu fördern.

Da nur eine kampfkräftige Gewerkschaft ein anerkannter Tarifpartner sei, sei es wichtig, dass viele Mitglieder dem Streikaufruf gefolgt waren. Ein "Schaden" für die Schüler sei nicht entstanden, da durch schulinterne Regelungen und Absprachen eine Betreuung gewährleistet gewesen sei.

Zudem geht die GEW davon aus, dass Beamtenstreiks zulässig seien. Die Gewerkschaft bezieht sich auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der die Rechtswidrigkeit des Beamtenstreiks in zwei Urteilen verworfen und das Streikrecht sogar als Menschenrecht im Sinne von Artikel 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention deklariert habe. Die Europäische Menschenrechtskommission sei völkerrechtlich verbindlich. Das Bildungsministerium könne schon jetzt dieser Rechtsauffassung folgen, ohne dass dies erst durch bundesdeutsche Gerichte verbindlich geklärt wird.

"Wie das Ministerium auf die Antwortschreiben reagiert, ist offen. Wenn es an den Sanktionen festhält, werden wir wahrscheinlich Musterverfahren dagegen führen", sagt Sabine Duggen.