Unter dem Motto “Hin und weg“ werden Schüler aus der Region Züge und Bahnhöfe zu Bühnen verwandeln

Kreis Segeberg. Gelangweilt aus dem Fenster schauen, dem Sitznachbarn beim Lesen zusehen, den Blick aufs Handy richten - mit der Eisenbahn zu fahren, kann manchmal langweilig sein. In den Zügen der AKN soll es demnächst anregender zugehen. Unter dem Motto "Hin und weg" startet das Eisenbahnunternehmen demnächst eine Kooperation mit dem Hamburger Schauspielhaus. Die Profis vom Theater wollen Schüler aus der Region für ein Performance-Projekt begeistern. Bühne sind nicht die Bretter, die angeblich die Welt bedeuten, sondern die Triebwagen und Bahnhöfe der AKN. "Wir wollen Abwechslung in den Bahnalltag bringen", sagt AKN-Sprecher Jörg Minga.

Die IGS Lütjenmoor in Norderstedt, das Gymnasium Kaltenkirchen und das Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium in Quickborn (Kreis Pinneberg) haben bereits zugesagt, sich mit Schülern an der Aktion zu beteiligen. Offen ist noch, ob auch die Jürgen-Fuhlendorf-Schule in Bad Bramstedt mitmacht. "So etwas hat es in der AKN noch nie gegeben", sagt die Marketing-Chefin des Unternehmens, Monika Busch. Als mobiles Theater mit angekündigten Aufführungen habe das Unternehmen außerdem den knallroten Schienen-Oldtimer "Uerdinger" eingeplant.

Auf die Idee, eine Eisenbahn in eine Bühne zu verwandeln, war Andreas Huber von der Schulberatung des Hamburger Verkehrverbundes (HVV) gekommen, dem auch die AKN angehört. "Wir waren total begeistert von der Idee", sagt der Regisseur und Theaterpädagoge Tobias Herzberg. "In den Schulen gibt es viel Potenzial, das aber oft gegen die Schulmauern stößt." Auch Dramaturg und Theaterpädagoge Michael Müller vom Schauspielhaus meint: "Es ist immer traurig, wenn ein einmaliges Projekt in der Schule bleibt."

Michael Müller hat bereits zahlreiche Projekte mit Jugendlichen begleitet

Er betonte den künstlerischen Anspruch der Idee. Schüler haben große Fähigkeiten, wenn sie sich ausdrücken können, sagt Müller, der bereits zahlreiche öffentliche Theaterprojekte mit Jugendlichen begleitet hat. "Solche Projekte können Schüler beflügeln, meint er. Die Kunst treffe auf Schulalltag und Pädagogik. Zuschauer seien die Bahnfahrer. "Die Inszenierung soll die Gäste begeistern", sagt Müller, der an Aufführungen denkt, die schon mal 20 bis 40 Minuten dauern können.

Inhaltlich wollen die Theaterleute den Schulen keine Vorgaben machen. Auch die Altersgruppe der Teilnehmer wird nicht festgelegt. Zunächst sind gemeinsame Workshops in den Schulen und Testfahrten ("Recherchetripps") in der AKN geplant, damit sich die jungen Schauspieler mit ihrer "Bühne" vertraut machen können und Spielideen entwickeln können. Leise behutsame Aktionen sind ebenso erlaubt wie laute und provozierende.

Die Fahrgäste müssen auf Irritationen und Überraschungen gefasst sein, die nicht zur Bahnroutine gehören. Wenn Jugendliche sich plötzlich quer durch den Waggon ein glückseliges "Ich liebe Dich!" rufen, wird es zunächst offen bleiben, ob die Szene inszeniert ist oder nicht. Auch Teile klassischer Theaterszenen, die für die Bühne Bahn bearbeitet und interpretiert wurden, könnten zum Programm gehören. "Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt", sagt AKN-Sprecher Jörg Minga.

Allerdings räumt auch Tobias Herzberg ein, dass nicht grundsätzlich alle Fahrgäste begeistert auf die Aufführungen reagieren werden: "Das kann schwierig werden." Er habe keine Lust, die Bahnfahrer zu verärgern: "Wir werden Grenzen ziehen." Auch AKN-Sprecher Jörg Minga sagt vorsichtig: "Wir sind gespannt, wie die Kunden reagieren." Während der Hauptverkehrszeiten plane die AKN keine Vorführungen. Mit einem vergleichbaren Projekt habe die AKN gute Erfahrungen gemacht. Damals spielte der Rockmusiker Proft, der in der DDR zu den musikalischen Berühmtheiten zählte, in den Triebwagen Gitarre. "Spontan fingen einige sogar an zu tanzen", berichtet Monika Busch.

Erste Aufführungen in den Zügen sind von März bis Mai 2011 geplant

"Man erfährt öffentlichen Verkehr unter neuen Aspekten", meint Andreas Huber von der HVV-Schulberatung, der sich auf die Entdeckung neuer Qualitäten in der Bahn freut. In den Schulen stieß das Projekt auf große Begeisterung. "Bei uns haben alle Deutschlehrer gleich Hurra geschrien", berichtet Dirk Schulz vom Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium. Brigitte Roeder vom Gymnasium Kaltenkirchen traf Michael Müller, als sie mit einer siebten Klasse das Schauspielhaus besuchte. Sie sei sofort begeistert gewesen, als er von "Hin und weg" berichtet habe.

Die Proben beginnen im Herbst. Erste Aufführungen in den Zügen des Eisenbahnunternehmens sind von März bis Mai 2011 geplant.