Für die Norderstedter Zeitung hat Brigitte S. (*) ihre Geschichte aufgeschrieben - Vom schönen Eigenheim ins Norderstedter Frauenhaus.

Norderstedt. Nach außen waren wir eine Vorzeigefamilie. Zwei niedliche Kinder, ein Traumhaus mit großem Garten, zwei schicke Autos, mehrmals Urlaub im Jahr. Meine Freundinnen beneideten mich, wie ich alles im Griff hatte. Doch sie ahnte nicht, was hinter der geschlossenen Tür passierte. Das war keine heile Welt, ich hatte mich in meinem Mann getäuscht. Am Anfang war er so aufmerksam, so lieb, so ordentlich. Wir hatten die gleichen Wertvorstellungen, es schien alles zu passen.

In der Küche begann die Wende. Mir war etwas Schweres auf die Fliesen gefallen. Er kauerte auf dem Boden, zeigte mir einen kaum sichtbaren Kratzer, haute mit der Faust an die Wand und schrie mich an. Ich musste mir anhören, wie teuer alles gewesen ist. Der nächste Ausfall geschah, nachdem ich die Fenster geputzt und mein Mann einen leichten Kratzer in der Scheibe entdeckt hatte. Er schrie und beschimpfte mich wüst. Blöde Kuh war noch eine harmlose Beleidigung. Ich sagte, er solle mich nicht so nennen und schon gar nicht so anschreien. Da packte er mich am Arm, schrie mich noch wütender an und schleuderte mich gegen die Wand.

Ich konnte mich nicht wehren, war wie gelähmt. Am nächsten Tag hatte ich den ersten blauen Fleck und Schmerzen, ich konnte den Arm kaum bewegen. Am schlimmsten aber war der Schmerz, der in mir steckte - der blieb. Ich dachte, nur schnell weg von hier. Dann rief mein Mann an, entschuldigte sich - versprach, dass das nie wieder passieren würde. Ein Irrtum. Immer wieder fand er einen Grund, mich anzuschreien, mir blaue Flecken zu verpassen. Am nächsten Tag entschuldigte er sich immer wieder. Ich sagte ihm, ich werde ihn verlassen, tat es aber nicht.

Wie auch? Ich war finanziell von ihm abhängig, meine Familie wohnte 600 Kilometer entfernt, ich arbeitete nicht, hatte kein Geld. Ich fiel immer tiefer, lachte kaum noch, zuckte jedes mal, wenn den Kindern ein Spielzeug aus der Hand fiel. Ich gab auf, machte alles, wie er es wollte, für die Kinder, die ihren Vater so sehr liebten. Ich schämte mich so, konnte nicht glauben, dass so etwas in den Kreisen passiert, in denen wir uns bewegen. Wir waren doch nicht "asozial". Ich wollte die Wirklichkeit nicht wahrhaben, konnte niemandem davon erzählen.

Eine Zeit lang ging alles gut, bis mein Sohn eine Designer-Lampe umwarf. Ich weinte, schrie das Kind an, sah Tausende von Scherben und ein Loch im Parkett. Ich rief meinen Man an, wollte ihn vorwarnen. Am nächsten Tag war ich grün und blau, hatte Beschimpfungen über mich ergehen lassen, die ich noch nie gehört hatte. Da wusste ich: Jetzt ist Schluss!

Ich rief bei einer Frauenberatungsstelle an, machte einen Termin. Ich wollte nicht alles erzählen, es war mir peinlich. Doch die Beraterin war sehr nett, wirkte beruhigend auf mich, und dann brach alles aus mir heraus. Ich weinte die ganze Zeit, aber es tat so gut, alles einer anderen Frau zu erzählen. Sie gab mir die Nummer vom Frauenhaus in Norderstedt. Ich brauchte zwei Tage, dann hatte ich die Scham überwunden. Ich packte einen Koffer, bestellte ein Taxi und weg waren wir - ohne Geld, ohne Auto, nur mit ein paar persönlichen Sachen.

Es war eine schwere Entscheidung, manchmal habe ich gezweifelt, ob sie richtig war. Fast sechs Monate habe ich im Frauenhaus verbracht, einige Gerichtsverhandlungen erlebt. Es war eine schwere Zeit für uns. Aber es geht mir besser, viel besser. Ich habe eine schöne Wohnung gefunden, meine Freunde halten zu mir, die Kinder gehen in die Kita, und ich habe einen tollen Job gefunden. Und das alles aus eigener Kraft. Ich bin nicht mehr abhängig von ihm, und das ist das Wichtigste.

(*) Name von der Redaktion geändert