Immer wenn Angehörige der beiden Familien aufeinander treffen, gibt es Ärger

Bad Segeberg. Eigentlich ging es um einen Streit zwischen zwei jungen Leuten, nämlich Marcel H. (21) und seiner Ex-Freundin Paula P. (17), beide aus Bad Segeberg. Wenn die beiden aufeinander treffen, kracht es immer wieder, und inzwischen entstand daraus anscheinend unter Einbeziehung der jeweiligen Eltern und Freunde ein regelrechter Kampf zweier Gruppen.

In einer Strafverhandlung vor dem Amtsgericht in Bad Segeberg saß jetzt der Vater von Paula P., Hubert P., 50, auf der Anklagebank. Er soll an einem Abend im Februar dieses Jahres am Segeberger See der Schwester von Marcel H., Monique H., 17, ohne Grund einen Zahn ausgeschlagen und sie getreten haben.

Auf dem Flur haben sich einige junge Leute versammelt, aber auch Erwachsene, die mit ihren geschorenen Köpfen und zahlreichen Tätowierungen wie "Altrocker" aussehen. Hubert P. gibt zu Beginn der Verhandlung an, es seien Mitglieder der "Hells Angels" auf dem Flur, die ihn bedrohten.

Drohungen gab es im Vorfeld des Prozesses von beiden Seiten: Zwei Tage vor dem Verhandlungstermin soll der Angeklagte selbst sein damaliges Opfer Monique H. bei einer "Public-Viewing"- Veranstaltung in Bad Segeberg mit den Worten bedroht haben: "Du wirst schon sehen, was du davon hast, wenn du aussagst." Der Streit endete mit einem polizeilichen Platzverweis für den Angeklagten.

Hinsichtlich des Vorfalls am Segeberger See gibt der Angeklagte zu, Monique H. getreten zu haben, er habe seiner Tochter, die ihn über Handy angerufen hatte, zu Hilfe eilen wollen, da sie sich von ihrem Ex-Freund bedroht fühlte. Als sich mehrere Leute vor ihm aufgebaut hätten, hätte er willkürlich zugetreten, um sich Platz zu verschaffen, geschlagen habe er nicht.

Als das Opfer Monique H. unter Ausschluss des Angeklagten vernommen wird, bricht auf dem Gerichtsflur ein lautstarker Tumult aus. Richter Wolfgang Niehaus unterbricht die Sitzung und sorgt für Ruhe, indem er den Bruder des Opfers, Marcel H., der aggressiv mehrere Zeugen beschimpft und bedroht, vor die Tür setzt, wo die Polizei H. in Gewahrsam nimmt.

Monique H. behauptet, der Angeklagte habe ihr einen Zahn ausgeschlagen, was für Richter und Staatsanwalt nicht erkennbar ist, bestätigt wird zwar von mehreren Zeugen, dass Monique H. mit blutender Lippe zu Boden ging, möglicherweise biss sie sich im Fallen auf die Lippe.

Es erweist sich als schwierig, das wirkliche Geschehen an dem Februar Abend am Segeberger See aufzuklären - fast alle Anwesenden waren alkoholisiert und können sich angeblich kaum an irgendwelche Details der Auseinandersetzung erinnern, bei einigen klingt an, dass man sich keinen unnötigen Ärger einhandeln wolle.

Eine Zeugin berichtet von einem Messer, mit dem Marcel P. seine Ex-Freundin bedroht habe, ein Umstand, den nicht einmal der Angeklagte als Vater des Opfers erwähnt hat.

Marcel H., der mit dem Angeklagten an dem Abend in einen erbitterten Streit geriet, und sich auf dem Gerichtsflur aufgeführt hat wie ein wilder Stier, nimmt seinen vermeintlichen Kontrahenten überraschenderweise in Schutz: Der Angeklagte hätte sicher nur "aus Versehen oder zumindest in Notwehr zugetreten", es habe von beiden Seiten Provokationen gegeben. Er gibt an, sich an dem Abend nach dem Streit schon wieder mit dem Angeklagten vertragen zu haben.

Klar ist nach der Beweisaufnahme nur, dass Monique H., die gerade eine Knieoperation hinter sich hatte, an eben jenem Knie durch den Tritt des Angeklagten in schmerzhafter Weise verletzt wurde. Die Schuld für die Auseinandersetzung scheint aber auf beiden Seiten zu liegen, was die Beteiligten wohl auch so sehen - die Wogen scheinen geglättet, der Vater des Opfers schüttelt dem Angeklagten freundschaftlich die Hand.

Obwohl der Angeklagte strafrechtlich nicht gerade ein unbeschriebenes Blatt ist - Straftaten quer durchs Strafgesetzbuch brachten ihn schon oft auf die Anklagebank - entschließen sich Richter und Staatsanwalt zu einer Verfahrenseinstellung.

Monique H. verlässt wutentbrannt den Saal, und auf dem Flur geht das Gestreite zwischen einigen Beteiligten, zumindest verbal, weiter. Wer mit wem streitet, ist für Außenstehende nicht zu erkennen.