Politik und Verwaltung in Henstedt-Ulzburg beugen sich dem Protest der Bürger.Knapp 160.000 Euro wird Wiederherstellung kosten.

Henstedt-Ulzburg. In der weiten Alsterniederung nimmt sich die Brücke eher bescheiden aus. Aber sie hat in den vergangenen zwei Jahren für manche Schlagzeile, für Aktionen und für Diskussionen gesorgt: Die Alsterbrücke am Hohnerberg zwischen den Ortsteilen Rhen und Henstedt bleibt wie sie ist, weil sie im alten Stil wieder aufgemauert wird. Das ist mit dem Beschluss des Umwelt- und Planungsausschusses jetzt amtlich. Knapp 160.000 Euro lässt sich die Gemeinde die Wiederherstellung der Brücke im Originalzustand kosten.

Die Geschichte um die Alsterbrücke begann völlig unspektakulär. Im Herbst 2010 hatten die Gemeindepolitiker beschlossen, die jetzige Brücke abzureißen und durch eine neue mit Stahlgeländer zu ersetzen. Nach Ansicht von Fachleuten war die Brücke in einem schlechten Zustand und drohte irgendwann einzustürzen. Dieser Beschluss war einer von vielen und wurde von Außenstehenden kaum zur Kenntnis genommen. Er war bereits einige Wochen alt, als das Hamburger Abendblatt per Zufall auf eine Protokollnotiz stieß, zu recherchieren begann und einen größeren Bericht über die Brücke und ihre Geschichte veröffentlichte.

Artikel im Abendblatt rief die Bürger der Gemeinde auf den Plan

Diese Artikel wiederum rief einige Bürger auf den Plan. Sie waren entsetzt über die Meinung der Politiker, dass eine Brücke mit Stahlgeländer mitten im Naturschutzgebiet Oberalsterniederung stehen sollte. "Die Nachricht löste bei mir ein Gefühl aus, als läge ein guter Bekannter im Sterben und ich müsste ihn retten", beschreibt Erika Zarbock blumig ihre Gefühle beim Lesen des Artikels. "Ich konnte überhaupt nicht fassen, dass unsere Gemeindepolitiker kein Fingerspitzengefühl zeigten für das, was besonders den Bewohnern aus Henstedt und Rhen ans Herz gewachsen war und was diese als schützens- und bewahrenswert empfanden."

+++Brückenrätse+++l

Sie intervenierte beim Bürgervorsteher und beim Ausschussvorsitzenden. Außerdem begann Erika Zarbock Gleichgesinnte "zu sammeln", um mehr Aufmerksamkeit erzeugen zu können. Mit Erfolg: Zusammen mit Angelika Dubber, Bernd Fölschow, Karin Hartwig, Jürgen Hildebrecht, Anke und Wolfgang Kötz, Jacqueline Krämbring, Uwe Lembcke, Gisela Porps, Hans-Jörg Schütt und Annemarie Winter gründete sie eine Interessengemeinschaft zur Rettung der Alsterbrücke. Auch Architekt Werner Feldsien wurde zum leidenschaftlichen Brückenkämpfer.

"Der Erhalt dieses ländlichen Kulturerbes war unsere oberste Priorität, das Minimalziel lautete, zumindest das architektonische Erscheinungsbild zu erhalten", sagt Erika Zarbock. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Gemeindepolitiker noch kein großes Interesse daran, ihren Beschluss zu revidieren. Dann aber kamen mehrere Steine ins Rollen: Die Brücke wurde Vorlage und Objekt für Kunstwerke und Filme, und schließlich sorgte eine Verpackungsaktion à la Christo zum Frühlingsanfang 2011 für größere Aufmerksamkeit in der Bevölkerung. Einen Befürworter fanden die engagierten Bürger auch in Professor Dietrich Nölting von der Hamburger Hafencity Universität: Er hält den Rundbogen für den Flussdurchlauf für eine wichtige architektonische Besonderheit an der Brücke. Rat und Hilfe gab es auch von dem Journalisten, Buchautor und Spezialisten für Industriedenkmäler, Sven Bardua, der in der Zeitschrift "Industriekultur 4.11" einen Artikel mit dem Titel "Kleine Betonbrücke ganz groß" veröffentlichte.

Ortspolitiker zeigten Verständnis für die Protestaktionen

"Auf unserem Weg erfuhren wir viel mehr Sympathiebekundungen für die Brücke als erwartet, besonders auch von vielen jungen Leuten, was uns sehr freute", sagt Erika Zarbock. "Auch Ignoranz und Unverständnis begegneten uns." Aber etliche Ortspolitiker fühlten sich von der Aktion der Bürger angesprochen. Sie zeigten Verständnis und signalisierten Unterstützung, wollten aber auch die Kosten im Auge behalten. Für die Politiker kam die Aktion überraschend, denn keiner hatte sich vor dem Beschluss größere Gedanken über die Zukunft und das Aussehen der Brücke gemacht. Sie hatten mit dem Beschluss eine Vorlage der Verwaltung durchgewinkt, ohne auf mögliche Folgen und Besonderheiten aufmerksam gemacht worden zu sein. Die Verwaltung wiederum hatte sich auf die Aussagen eines Ingenieurbüros gestützt.

Bürgermeister Torsten Thormählen organisierte schließlich einen "Runden Tisch" mit Verwaltung, Politik, Experten und Mitgliedern der Interessengemeinschaft. Das Ergebnis all dieser Bemühungen fand jetzt im Beschluss des Umwelt- und Planungsausschusses ihren Höhepunkt und ihr Ende. Zwar gibt es Gemeindepolitiker, die einen Neubau nicht für nötig halten, aber die Mehrheit schloss sich der Auffassung der beratenden Ingenieure an: Die Brücke wird neu gebaut, das Brückengeländer nach dem Vorbild der jetzigen Brücke aufgemauert. Auf den Rundbogen für den Flussdurchlauf allerdings wird aus Kostengründen verzichtet. Erika Zarbock und ihre Mitstreiter freuen sich über den Erfolg: "Wir hoffen sehr, dass die Gestaltung der neuen Brücke mit dem Charme der Ausstrahlung und der Anziehungskraft der alten Brücke mithalten kann."