Diakonie spricht von erschreckender Zunahme an Betroffenen in Norderstedt

Norderstedt. Sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche scheint in Norderstedt deutlich zuzunehmen. Maren von der Heyde, Pastorin und Geschäftsführerin des Diakonischen Werkes Hamburg-West/Südholstein, spricht von einer erschreckenden Zunahme der Zahl der Fälle, die von den Experten der Fachberatungsstelle gegen sexuelle Gewalt in Norderstedt betreut werden. "Im zweiten Jahr unserer Arbeit in Norderstedt stellen wir fest, dass der Bedarf an Beratung in jeder Hinsicht alle unsere Erwartungen übertrifft", sagt von der Heyde. Die Statistik der Fachberatung belege, dass sexuelle Übergriffe und Gewalttaten offenbar deutlich zunehmen. "Die Dunkelziffer liegt dabei um ein Vielfaches höher", sagt von der Heyde.

Das Beratungskontingent für 2012 war schon nach fünf Monaten verbraucht

Mit der Stadt hat die Diakonie einen Vertrag über die allgemeine Erziehungsberatung und die Fachberatung gegen sexuelle Gewalt für 2012 bis 2013. Für 2508 Beratungskontakte in der Erziehungs-, Ehe- und Lebensberatung, 70 Kontakte in hochstrittigen Trennungsfällen und 280 in Fällen sexueller Gewalt überweist die Stadt 219 265,76 Euro pro Jahr an die Diakonie. Doch von den 280 Beratungskontakten für Kinder und Jugendliche wurden zwischen Januar und Mai 2012 schon 237 Kontakte geleistet. Ingesamt 19 Kinder und Jugendliche offenbarten sich den Fachberatern, sechs Fälle wurden abgeschlossen, 13 werden weiter begleitet. "In der Regel sind die Fälle so belastend und komplex, dass sie alle beteiligten Fachstellen in einer bisher ungeahnten Weise beschäftigen", sagt von der Heyde.

Die Diakonie hat deswegen bei der Stadt um die Aufstockung der Beratungskontakte gegen sexuelle Gewalt um 320 auf 600 pro Jahr gebeten.

Kosten für Opferschutz-Anwälte will die Diakonie aus Spenden bezahlen

Die Leiterin der Fachberatungsstelle in Norderstedt, Carolin Becker, hat im zuständigen Jugendhilfeausschuss die Dramatik der Situation anhand von anonymisierten Beispielen beschrieben. Sozialamtsleiter Klaus Struckmann erläuterte, dass die Aufstockung der Beratungskontakte sich für 2012 und 2013 mit jeweils 24 500 Euro niederschlagen würde. Die Kommunalpolitiker sehen die Notwendigkeit der zusätzlichen finanziellen Unterstützung. Die Stadtverwaltung wurde aufgefordert, bis zur Sitzung am 9. August eine Beschlussvorlage zu fertigen.

Weitere Kosten entstehen der Beratungsstelle, weil sie für die Einschätzung der strafrechtlichen Situation oder für die Beweissicherung immer öfter eine erfahrene Fachanwältin für Opferschutz heranziehen muss. Auch diese Kosten werden derzeit aus dem allgemeinen Budget der Diakonie in Norderstedt beglichen "Sollte dies nicht auskömmlich sein, sind wir in den erforderlichen Einzelfällen auch bereit, für die juristische Erstberatung ergänzend von Seiten der Diakonie Spendenmittel einzuwerben", sagt Maren von der Heyde.