Norderstedts Verwaltung muss Ausschuss auch künftig über Zins-Geschäfte vorab informieren

Norderstedt. Die Politiker behalten die Hoheit über die Norderstedter Finanzen. Sie werden künftig im Hauptausschuss entscheiden, welche Zinsgeschäfte die Stadt machen darf. Das hat die Stadtvertretung mit großer Mehrheit beschlossen und damit den Antrag der Verwaltung ins Gegenteil verkehrt. Der sah vor, dass das Amt für Finanzen den Ausschuss regelmäßig informiert, aber erst nach dem Abschluss von sogenannten Zinssicherungsgeschäften.

"Die Verwaltung wollte eine Generalvollmacht von uns, ohne uns zu sagen, in welchem Umfang und welche Art von Geschäften dort gemacht werden sollten. Einem Vertrag, der mir nicht vorliegt, kann ich nicht zustimmen, so einfach ist das", sagte Miro Berbig, Fraktionschef von Die Linke. Er hatte in der letzten Sitzung der Stadtvertreter vor der Sommerpause eindringlich dafür geworben, der Verwaltung diesen Freibrief zu verweigern. Der Hauptausschuss hatte dem Wunsch schon stattgegeben. "Dieser Beschluss bedeutete im Klartext, dass die Politik ihre Finanzhoheit aufgegeben hätte", sagte Berbig.

Worum geht es? Die Stadt hat Kredite in Höhe von 64,2 Millionen Euro, die auf 29 Darlehensverträge verteilt sind. Für 24 Verträge sind Festzinsen vereinbart, die restlichen mit einem Volumen von 30,5 Millionen Euro unterliegen variablen Zinsen, der Durchschnittssatz liegt gegenwärtig unter ein Prozent. Nun will die Verwaltung von den zurzeit historisch niedrigen Zinsen profitieren und den erwarteten Anstieg mit Zinssicherungsinstrumenten (Swaps) deckeln.

Dabei vereinbaren Stadt und Bank einen festen Zinssatz für ein Darlehen. Steigen die marktüblichen Zinsen über diese Marke hinaus, profitiert die Stadt. Bleibt der Zinssatz während der Laufzeit unter dem vereinbarten Satz, profitiert die Bank. Dieses Risiko sei aber beim jetzigen Zinsniveau von unter einem Prozent überschaubar, schreibt die Verwaltung im Antrag. Wahrscheinlicher seien steigende Kreditzinsen.

"Darüber hinaus ist zu überlegen, ob für alle Darlehensverträge mit einem sogenannten Portfolioswap ein niedriges Zinsniveau gesichert wird. Das dürfte unter drei Prozent liegen", heißt es im Antrag des Amtes für Finanzen. Bisher war das nur für maximal 30 Prozent der Gesamtkredite möglich.

"Die Swap-Verträge dienen ausschließlich dazu, Zinsrisiken zu vermeiden. Sie beinhalten keine spekulativen Bestandteile", heißt es weiter - eine Aussage, die Berbig ins Grübeln und zum Recherchieren brachte. Und was er dabei gefunden hat, ließ ihn in der Stadtvertretung zum Mahner werden. "Solche Zins-Wetten bergen durchaus Risiken", sagte er und verwies gleich auf mehrere Städte, die Verluste in Millionenhöhe verkraften mussten. Der Umgang mit Swaps erfordere sehr spezifische Kenntnisse, zumal "täglich neu jongliert werden muss". Und wenn dann noch unterschiedliche Währungen ins Spiel kommen, "hat keiner mehr den Überblick".

Auf der anderen Seite will er der Verwaltung die Chance nicht nehmen, die Vorgaben der Gemeindeordnung zu erfüllen und das Geld der Steuerzahler möglichst wirtschaftlich einzusetzen. Und dazu gehöre auch, niedrige Zinsen zu sichern. Nachdem Berbig seine Bedenken vorgebracht hatte, beantragte die FDP, die Sitzung zu unterbrechen. Schließlich einigten sich die Politiker darauf, dass die Verwaltung nun vor dem Abschluss von Derivatgeschäften im Hauptausschuss über Art und Umfang berichten muss. "Damit haben wir wieder die Möglichkeit, wie es der Gesetzgeber ja schließlich auch vorsieht, über die Finanzen der Stadt mitzuentscheiden. Wir werden uns genau ansehen, was die Verwaltung daraus macht", so Berbig.