Eine neue Tarifstruktur für die Müllabfuhr ist durch Verbandsversammlung genehmigt. Im Mittelpunkt stehen Biomüll und Wertstoffe.

Kreis Segeberg. Die Bewohner des Kreises Segeberg sind Pioniere der Müllabfuhr: Als erstes Entsorgungs-Unternehmen in Deutschland führt der für den Kreis Segeberg (mit Ausnahme der Stadt Norderstedt) zuständige Wege-Zweckverband (WZV) mit Beginn des nächsten Jahres ein Tarifsystem ein, das den Ressourcenschutz und die Kreislaufwirtschaft in den Vordergrund stellt. Die Gebühren werden dann im Kern vom Bioabfall und der Wertstofferfassung abhängig. Das gilt nicht für Norderstedt, wo weiterhin das alte Gebührensystem gültig ist.

Ob die Bürger davon begeistert sein werden, bleibt abzuwarten: Sie müssen voraussichtlich mit einer Gebührenerhöhung von ein bis drei Cent rechnen - pro Tag. Genaue Summen können erst gegen Ende des Sommers genannt werden. Die Verbandsversammlung hat das neue Gebührensystem abgesegnet.

Die Biotonne allein ist nicht ausschlaggebend für die neuen Tarife

Die Berichterstattung in der Norderstedter Regionalausgabe des Abendblatts hatte für Aufsehen gesorgt: Wer eine große Biotonne bestellt, muss mehr Gebühren zahlen - diese Aussage ist im Kern richtig. Aber die Biotonne alleine ist nicht ausschlaggebend für die neuen Tarife. Vor allem im Raum Henstedt-Ulzburg bestellten viele Haushalte die von ihnen georderte 120-Liter-Biotonne wieder ab. Für den kostenlosen Umtausch der kleinen gegen die große Tonne hatte der WZV geworben, ohne gleichzeitig auf die geplante Neuordnung der Tarife hinzuweisen. Ein ungewolltes Kommunikationsproblem hatte dem WZV plötzlich Probleme bereitet.

Tatsächlich kann sich demnächst jeder Haushalt seinen eigenen Abfalltarif zusammenstellen. Er berechnet sich nach der Größe der Biotonne sowie nach der Größe und den Leerungsintervallen der Restabfalltonne. Bei der Biotonne gibt es die Wahl zwischen 240-, 120- und 80-Liter Tonnen, für den Restmüll gibt es 120-, 240-, 600- und 1100-Liter-Tonnen. Die größeren Tonnen sind für Mehrfamilienhäuser vorgesehen. Eigenkompostierer bekommen, wie bisher, eine gesonderte Tonne mit gelbem Deckel. Die Nutzer können sich für eine zweiwöchige oder eine vierwöchige Leerung der Restmüllbehälter entscheiden. Diese Wahlmöglichkeiten gibt es bei der Biotonne und der Papiertonne nicht. Die Papiertonne bleibt bei der Standardgröße von 240 Litern Fassungsvermögen. Die neuen Tarife heißen "BioPlus L", BioPlus M" und "BioPlus S". Das "Plus" steht für die Papiertonne, wird künftig aber wahrscheinlich um andere Wertstoffsammelsysteme erweitert - zum Beispiel durch die orangefarbene Tonne für Haushaltsgegenstände aus Kunststoff.

Für den Systemwechsel gibt es mehrere Gründe. Die Verbrennungskosten für Restabfälle sind stark gestiegen und steigen wahrscheinlich weiter. "Abfälle, die verbrannt werden müssen, erzeugen derzeit die höchsten Kosten", sagt WZV-Vorsteher und Geschäftsführer Jens Kretschmer. "Sie sind im Vergleich zur Bioabfallverwertung über 50 Prozent teurer." Andererseits wird die Verwertung von Bioabfällen ökologisch und ökonomisch immer interessanter. Jens Kretschmer geht davon aus, dass sich diese Entwicklung weiter verstärken wird. Der WZV plant daher zusammen mit der Stadt Neumünster eine Anlage zur Behandlung und Energienutzung der Bioabfälle.

+++ Hamburger Müllabfuhr porträtiert ihre Stadt +++

Eine "goldene Nase" wird sich der Verband dabei nicht verdienen, versichert der Verbandsvorsteher. "Die Kunden müssen sich bewusst sein, dass das ganze System Kosten verursacht." Gewinne dürfe der Verband ohnehin nicht verbuchen oder für sich behalten. Und schließlich ist der Anteil von Bioabfällen in den Restabfallbehältern immer noch zu hoch - bis zu über 40 Prozent. Dadurch geht Bioabfall als Rohstoff verloren und muss als Restabfall in Hamburg teuer verbrannt werden. Wer sich also für eine größere Biotonne entscheidet, kann auf der anderen Seite sparen, weil eine kleinere Restmülltonne ausreicht.

Mit diesem Tarifsystem ist der WZV der Zeit voraus: Damit werden die Anforderungen des neuen Kreislaufwirtschaftsgesetzes, das seit dem 1. Juni in Kraft ist, bereits erfüllt. Alle anderen Abfallverbände, Kreise oder Kommunen müssen in den nächsten Jahren folgen.

Kritik kommt von den Bürgermeistern aus Kaltenkirchen und Ellerau

Die genaue Ausgestaltung der neuen Tarife wird nach der grundsätzlichen Genehmigung durch die Verbandsversammlung jetzt in Angriff genommen. Ergebnisse und konkrete Zahlen sollen Ende September vorliegen. Torsten Höppner, Leiter der Abfallwirtschaft beim WZV, geht von einer moderaten Gebührenerhöhung aus.

Gegenstimmen gab es während der Verbandsversammlung nicht, aber die drei Vertreter der Stadt Kaltenkirchen haben sich der Stimmen enthalten. Bürgermeister Hanno Krause begründet das Abstimmungsverhalten so: "Der Vorschlag ist gut, aber der WZV hat nicht gesagt, wie er es finanzieren will und hat auch über die Einnahmen keine Aussage getroffen. Das hatte ich aber erwartet." Kritik auch vom Ellerauer Bürgermeister Eckart Urban: "Wir kaufen die Katze im Sack."

Im vergangenen Jahr hat der WZV 35 635 Tonnen Restabfall und 17 777 Tonnen Bioabfall eingesammelt.