Eine 21-jährige Autofahrerin übersieht die AKN auf einem unbeschrankten Bahnübergang in Nützen. Die Frau verstarb noch am Unfallort.

Nützen. Der Zusammenstoß zwischen einer Bahn der AKN und einem Auto forderte am Dienstag in Nützen ein Todesopfer. Nach Angaben der Polizei hatte eine 21-jährige Autofahrerin, Kathleen H. aus Kaltenkirchen, gegen 17.49 Uhr versucht, am unbeschrankten Bahnübergang auf der Straße Wüsten die Gleise zu queren. Dabei soll sie die Bahn übersehen haben, die in Richtung Neumünster unterwegs war. Den Zusammenstoß überlebte die 21-Jährige nicht. Sie verstarb noch am Unfallort.

Kathleen H. ist nicht das erste Todesopfer an diesem Bahnübergang, der direkt neben der Autobahn 7 gegenüber des Möbel- und Modehauses Dodenhof liegt. 1997 verunglückte hier eine 27-jährige Autofahrerin tödlich. Schon einen Tag nach dem Unglück vom Dienstag ist deswegen die Diskussion über den Bau einer Schranke an dem Bahnübergang entbrannt.

"Wir gehen nach dem momentanen Stand der Ermittlungen davon aus, dass die Frau das Rotlicht am Bahnübergang übersehen hat. Sie war ungebremst auf den Übergang gefahren als sie von dem Zug erfasst wurde", sagt die Polizeisprecherin Sandra Mohr. Der Übergang ist dafür bekannt, besonders schlecht einsehbar zu sein. Büsche verdecken die Sicht. Die an dieser Stelle mit etwa 80 Stundenkilometern fahrende AKN ist meistens erst kurz vor Erreichen des Bahnübergangs zu hören.

+++ Hamburger Unfallstatistik 2011 +++

Kathleen H. muss den Bahnübergang allerdings gut gekannt haben. Die Eltern der jungen Frau betreiben seit 2008 in unmittelbarer Nähe des Bahnübergangs einen Reithof. Am Tag des Unglücks kam sie gerade von einem Besuch dort. So war es mutmaßlich ihre Unachtsamkeit oder irgendeine Ablenkung, die sie beim Anfahren des Bahnübergangs die Bahn aus Richtung Süden übersehen ließ. Der Zugführer der mit 43 Personen besetzten AKN versuchte noch, mit einer Vollbremsung den Zusammenstoß zu verhindern. Trotzdem erwischte der Zug das Auto mittig auf der Beifahrerseite und schleifte es mit. Vier Rettungswagen, ein Notarzt, ein Rettungshubschrauber aus Hamburg und 70 Einsatzkräfte der Feuerwehren aus Nützen, Kampen und Kaltenkirchen waren sofort an der Unfallstelle. Die Feuerwehr musste die 21-Jährige mit einer Hydraulikschere aus dem Wrack ihres Wagens schneiden. Sie war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr ansprechbar. Der Lokführer erlitt einen Schock und musste von Rettungskräften behandelt werden. Unter den 43 Fahrgästen erlitt eine 25-Jährige ein Schleudertrauma und wurde ins Krankenhaus eingeliefert. Da sich die Unfallstelle in Nachbarschaft zum elterlichen Reithof des Unfallopfers befand, waren die Angehörigen von Kathleen H. vor Ort und mussten von einem Kriseninterventionsteam betreut werden.

Für die Bergungsarbeiten mussten die AKN-Strecke und die hinter dem Bahnübergang liegende Kaltenkirchener Straße bis etwa 20.15 Uhr gesperrt werden. Beschädigungen an den Gleisen gab es keine. Deswegen konnte der Schienenverkehr nach der Sperrung ungehindert fortgesetzt werden. Die Fahrgäste aus dem verunglückten Zug wurden mit Bussen in Richtung Neumünster befördert.

Am Mittwoch liegt große Betroffenheit über der 1200-Einwohner-Gemeinde Nützen. "Viele hier kennen den Reithof der Familie und die Verstorbene", sagt Nützens Bürgermeister Klaus Brakel. Er erklärt, warum der Bahnübergang an der Straße Wüsten als einziger der vier Übergänge in Nützen keine Schranke hat. "Wir als Gemeinde wünschen uns die Schranke schon lange", sagt Brakel. Nach dem Unfall 1997, bei dem eine 27-Jährige umkam, sei die Diskussion geführt worden. "Es hieß von der AKN, dort herrsche zu wenig Verkehr, es gehe ohne Schranke. Die AKN ist aber der Baulastträger, die Initiative für den Schrankenbau muss also von der AKN ausgehen. Wir haben das nicht zu entscheiden", sagt Brakel. Die AKN-Sprecherin Monika Busch sieht das ganz anders: "Wir wehren uns nicht gegen eine Schranke. Doch die Initiative dafür muss von der Gemeinde ausgehen." Das wiederum nennt Klaus Brakel einen "großen Quatsch". Kaum 24 Stunden nach dem tödlichen Unfall bricht also ein Streit über die Ursachen aus.

Doch die Zeichen stehen auf Verständigung. Der Vorstand der AKN und Klaus Brakel haben gestern Kontakt aufgenommen, um die Umsetzung einer Schranke zu erörtern. Laut Monika Busch liegen die Kosten bei 50 000 bis 100 000 Euro, die sich Gemeinde, Land und AKN dritteln, wobei sich Nützen 75 Prozent seines Anteils wieder beim Land erstatten lassen könnte.

Insgesamt gibt es 15 unbeschrankte Bahnübergänge im Streckennetz der AKN. Laut Monika Busch habe es auf den Übergängen seit 1995 acht Unfälle gegeben, zwei davon - die beiden in Nützen - tödlich.