Die Stadtbücherei Norderstedt, die Rathausbuchhandlung und die Gleichstellungsstelle laden zur langen Lesenacht in die Rathausbücherei ein.

Auf dem Balkon, Terrasse oder im Garten sitzen und lesen - ein Genuss! Am Frühstückstisch mit der Familie einen Ausflug durch Schleswig-Holsteins Rapsfelder planen oder mit neuer Reiseliteratur Pläne für den Sommer schmieden - zum Welttag des Buches am 23. April ein Blick in die aktuellen Verlagsprogramme.

Wie Magnolia von ihrer Tante Linette das Hexen-Handwerk lernt

Für Mädchen ab zehn Jahren schrieb Sabine Städing aus Henstedt-Ulzburg den spannenden Kinderroman "Hexendämmerung". Und landete gleich einen Hit, denn die erste Auflage von 6000 Exemplaren war im Nu vergriffen. Jetzt ist die zweite Auflage in den Buchhandlungen. "Das ging alles sehr schnell", sagt Städing. Warum handelt ihr erstes Buch ausgerechnet von Hexen? "Ich bin in Hamburg am Niendorfer Moor aufgewachsen, in dem für mich Kobolde, Feen und Hexen lebten", sagt Sabine Städing. Jeden Tag strolchte sie mit Freunden durchs Moor, suchte nach Hexennestern und Koboldhöhlen, gruselte sich und erfand schön-schaurige Hexengeschichten.

Die 46-Jährige hat zwei Kinder, ist verheiratet und schreibt Texte, seit sie buchstabieren kann. "Zuerst kritzelte ich Geschichten in kleine Schulhefte", erinnert sich Städing. Nach dem Abitur lernte sie einen kaufmännischen Beruf und arbeitete im Marketing. Doch das Schreiben kribbelte, und als sie Kinder hatte, erfand sie nicht nur Erzähl-Geschichten für sie, sie schrieb sie auf und machte Bücher draus.

Ihre Hauptperson ist - natürlich - ein Mädchen. Magnolia ist sauer: Sie soll ein Jahr lang zu ihrer Tante Linette nach Rauschwald ziehen, weil ihre Mutter einen tollen Job in den USA ergattert hat. Als sie ihre Tante zum ersten Mal sieht, steht für sie sofort fest: Linette ist eine Hexe. Was Magnolia nicht ahnt: Auch sie selbst gehört zur Hexen-Familie. Und ihr droht Böses. Vorboten dafür sind die vielen Raben, die plötzlich um sie herum fliegen. Der unheimliche Graf Raptus, der von Magnolias Großmutter vertrieben wurde, ist zurück in Rauschwald und hat Rache geschworen, und Magnolia kommt ihm dafür gerade recht. Doch bevor sie sich ihrem Feind stellen kann, muss Magnolia zur Hexe ausgebildet werden. Ihre Lehrerin ist natürlich Tante Linette. Sabine Städings Märchen für Mädchen lebt von witzigen, teils lakonischen Dialogen, hohem Erzähltempo, farbig beschriebenen Situationen und gut dosierter Spannung. Anfang August erscheint ihr zweites Buch "Anna und die flüsternde Stimme", im März 2013 der zweite Hexen-Band, beide im Boje-Verlag (Sabine Städing, "Hexendämmerung", Boje-Verlag Köln, 330 Seiten, 12,99 Euro).

"Över't Land in Schleswig-Holstein" entführt ins Land zwischen den Meeren

er im Frühling durch Rapsfelder fahren möchte und zudem die niederdeutsche Sprache liebt, sollte zur Einstimmung "Över't Land in Schleswig-Holstein" mit Landschaftsbildern des Künstlers Klaus Fußmann aus dem Wachholtz-Verlag lesen. Oder hören, denn dem Band liegt ein Hörbuch bei, für das die Schauspielerin Sabine Kaack die Geschichten und Gedichte aus dem Bildband mit ihrer warmen Stimme gelesen hat. Klaus Fußmann entwirft eine feine, typisch norddeutsch gediegene Sicht auf das Land zwischen den Meeren, auf geduckte Häuser hinterm Deich, vom Wind schief gebogene Bäume, auf Knicks und von Badenixen in der See. Literaturwissenschaftler und Herausgeber Gregor Gumpert und Ewald Tucai haben für den Band Schätze der niederdeutschen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts gehoben. Die Texte von Ivo Braak und Reimer Bull, Hermann Claudius und Ludwig Frahm, Carl und Klaus Groth, von Theodor Storm bis Ferdinand Zacchi stellten sie in einer klugen Auswahl zu den Fußmann-Gemälden, so dass sowohl Prosa als Poesie die Bilder nicht nur ergänzen, sondern auch kommentieren. Heinrich Kahls Geschichte "Dat Blomenjohr" begleitet beispielsweise Fußmanns Aquarell "Garten mit Blumenbeeten", ein eher hilfloser Titel. Bild und Geschichte aber gehen eine frappante Symbiose ein. Der Band ist ein literarisch-malerisches Kleinod. Von den Herausgebern erschien 2010 "Schleswig-Holstein - Ein literarisches Porträt" mit Texten von Heinrich und Thomas Mann, Hans Henny Jahnn und Hans Fallada, Franz Kafka und Friedrich Hebbel, Heinrich Heine und Emil Nolde, Feridun Zaimoglu und Arno Surminski, Luise Rinser, Bodo Uhse bis Carl Zuckmayer. Auch wer die niederdeutsche Sprache beherrscht, sollte sich dazu das plattdeutsche Wörterbuch "Den neuen Sass", ebenfalls aus dem Wachholtz-Verlag (16 Euro), gönnen ("Över't Land in Schleswig-Holstein", gebunden, mit Hörbuch, 24 Farb-Abbildungen, 96 Seiten, 16,80 Euro).

Sprechblasen von Bagaluten, Bangbüxen und Leuten in Brass

Neben der niederdeutschen Sprache gibt es in Schleswig-Holstein allerhand Redewendungen, die nicht direkt ins Hochdeutsche übersetzt werden können. "Brass" zum Beispiel. "Ik bün in Brass" heißt "Ich bin verärgert". "Brass" entstand aus "Brasch", niederdeutsch für lautes Gerede. Das kleine, amüsant mit kleinen Zeichnungen von Kim Schmidt gestaltete Wörterbuch "So spricht Schleswig-Holstein" aus dem Ellert & Richter Verlag klärt über unbekannte Redewendungen auf und hebt längst Vergessenes. Das kleine Wörterbuch enthält auch Informationen über Schleswig-Holstein und über die Schleswig-Holsteiner, den Bagaluten. Oder Bangbüxen? ("So spricht Schleswig-Holstein", Verlag Ellert & Richter, 224 Seiten, mit farbigen Cartoons von Kim Schmidt).

Ehekrise in Zeiten von Wikileads, Afghanistankrieg und Finanzcrash

Ebenfalls im Verlag Ellert & Richter ist der Roman "Zwischen den Jahren" von Andrea Paluch erschienen, eine Sommerlektüre, eine Liebeserklärung einer Ehefrau an ihren schwer beschäftigten Ehemann, ihre Familie und gleichzeitig eine Abrechnung mit Wikileads, dem Afghanistankrieg, Finanzcrash und dem ganzen Teurer-Größer-Weiter-Höher-Hype der momentanen Welt. Sie ist sicher, ihr geliebter Ehemann betrügt sie, also betrügt sie ihn, schließlich ist Rache süß. Doch wen trifft diese Rache? Ihren Mann? Oder sie selbst? Der Schreibstil ist manchmal etwas chaotisch und so sprunghaft wie die Gedanken der Autorin, aber das gibt dem Roman den Charme einer Frau, die sich und das, was sie schreibt und tut, nicht so ganz ernst nimmt. Kaskadensätze wechseln mit Kurzsätzen, der Traum mit der Wirklichkeit. Andrea Paluch war Schreibpartnerin von Robert Habeck, Spitzenkandidat für die Grünen bei der schleswig-holsteinischen Landtagswahl am 6. Mai und bekennender Anti-Politiker. "Zwischen den Jahren" ist Paluchs erster eigener Roman, ein Kontra-Entwurf zu den Jahren, in denen sie mit Harbeck schrieb, beispielsweise das Buch "Der Tag, an dem ich meinen toten Mann traf". Ihr Erstling ist autobiografisch gefärbt. Viele ihrer Figuren sind der Autorin begegnet ("Zwischen den Jahren", Verlag Ellert & Richter, 160 Seiten, 14,95 Euro).

"New York, New York" erzählt vom Leben der Menschen in der Mega-Stadt

Ein ganz anderes Lesevergnügen bereitet "New York, New York" von Maeve Brennan, jetzt im Steidl-Verlag erschienen. Die Autorin beschreibt in 48 Geschichten Menschen dieser Mega-Stadt, dieser "beschwerlichsten, rücksichtslosesten, ehrgeizigsten, konfusesten, komischsten, traurigsten, kältesten und menschlichsten aller Städte". Nonchalant, manchmal sogar wie beiläufig, schildert die Autorin teils minuziös das Leben der Menschen in New York, Gestrandeter, Touristen und Schon-Immer-dort-Lebender. Eine Frau, die sich in zwei Zimmern eines Hotels eingerichtet hat, erzählt von muffigen Fahrstühlen und hysterischen Gästen, von einer Dame im Hotel gegenüber, die ihre Geranien gießt. Alle Geschichten sind unabhängig voneinander zu lesen, und so ist "New York, New York" ein außergewöhnliches Geschichten-Buch aus einer außergewöhnlichen Stadt.

Maeve Brennan schrieb von 1954 bis 1981 Kolumnen in der Rubrik "The Talk of the Town" für die Zeitung "New Yorker", und die besten der 60er-Jahre sind in dem Buch gesammelt. Neugierig beobachtete die Autorin die Menschen in ihrer Nachbarschaft und zufällig ins Viertel kommende Reisende. Die Erzählungen erscheinen im ersten Moment nüchtern, haben aber den merkwürdigen Sog des Banalen, hinter dem immer ein leises Grausen lauert, das Grausen des alltäglichen Wahnsinns (Maeve Brennan "New York, New York", 48 New-York-Erzählungen, Steidl-Verlag, 290 Seiten, gebunden, 18 Euro).

Lesungen zum Welttag des Buches in der Rathausbücherei Norderstedt

Der Welttag des Buches widmet sich unter dem Motto "Ja ... warum lacht die Mona Lisa?" nach Kurt Tucholsky erstmals der heiter bis komischen Literatur. Anekdoten und Anzügliches, Bänkelgesänge, Grotesken oder Witzesammlungen, Kabarett, Satiren, Spottlust, Parodien bis zu feiner, hintersinniger Komik und zur beißenden Gesellschafts- und Polit-Kritik brachten die Menschen durch Jahrhunderte zum Lachen und manche zum Weinen, immer aber zum Nachdenken.

Die Stadtbücherei Norderstedt, die Rathausbuchhandlung und die Gleichstellungsstelle Norderstedt laden mit Vorleserinnen und Vorlesern aus Norderstedt und Umgebung zu Freitag, 20. April, wieder zur langen Lesenacht in die Rathausbücherei, Rathausallee 50. Buchhändler Wolfgang Dellke hat das Lese-Programm mit heiteren, komischen und satirischen Geschichten aus aller Welt und aus allen Kulturen zusammengestellt. Pianistin Kristina Preiß macht die Musik dazu, die Gleichstellungsstelle serviert ein "komisches" Büfett. Die Lesenacht startet um 18 Uhr. Karten zu zehn Euro inklusive Büfett gibt es in der Buchhandlung am Rathaus an der Rathausallee 40, unter Telefon 040/522 72 76 und unter buch-norderstedt@wtnet.de per E-Mail.