77-jähriger Norderstedter muss 3900 Euro zahlen, weil er betrunken am Steuer saß und einen Unfall verursachte

Norderstedt. In der Nachbarschaft ist der Norderstedter Rechtsanwalt Hans-Jürgen S., 77, für seinen chaotischen Fahrstil bekannt. Sabine R., 40, warnte deshalb auch ihren am Steuer sitzenden Freund, als sie im Juli letzten Jahres das vor ihnen fahrende Auto des Anwalts erkannte, mit den Worten: "Vorsicht, halt lieber Abstand." In dem Moment krachte Hans-Jürgen S. auch schon gegen ein am rechten Fahrbahnrand geparktes Auto.

Hans-Jürgen S. versuchte, mit seinem Wagen schleunigst den Unfallort zu verlassen. Nach Aussage von Sabine R. lenkte er dabei jedoch in die falsche Richtung, nämlich nach rechts, wo er ohnehin in dem parkenden Wagen verkeilt war. Die Umstehenden forderten den Unfallverursacher auf, auf das Eintreffen der Polizei zu warten, aber S. murmelte etwas von einem dringenden Termin und wollte wegfahren. Sabine R., die vor dem Amtsgericht in Norderstedt aussagt, eine deutliche Alkoholfahne gerochen zu haben, greift schließlich durch das Seitenfenster des Wagens und zieht den Fahrzeugschlüssel ab. Trotzdem floh Hans-Jürgen S. - und zwar zu Fuß in sein in der Nähe liegendes Haus, wo die Polizei ihn wenig später aufsuchte.

Drei Stunden nach dem Unfall stellte man 1,33 Promille im Blut des wegen Trunkenheitsfahrt und Fahrerflucht Angeklagten fest. Vor Gericht erzählt der 77-Jährige, dass er in seinen Reitstall gefahren sei, um dort seinen Ausstand zu geben. Er habe dort lediglich eine halbe Flasche Bier getrunken.

Zu dem Zusammenstoß sei es gekommen, weil er einem Mofa ausweichen musste. Den Unfallort habe er nur deshalb so eilig verlassen, weil er dringend eine Toilette haben aufsuchen müssen. Im Übrigen sei es ja wohl völlig abwegig, von einer versuchten Fahrerflucht auszugehen, wo er doch in der Nähe der Unfallstelle wohne, was jedem bekannt sei, ereifert sich der Jurist. Er habe auch vorgehabt wiederzukommen, sei dann aber auf der wegen Nieselregens feuchten Treppe vor seinem Haus gestürzt und in einen Rosenbusch gefallen. Seine Frau habe sich dann nicht davon abbringen lassen, ihn wegen der stark blutenden Stelle am Arm sofort in ein Krankenhaus zu fahren.

Ob man diese abenteuerliche Geschichte glaubt oder nicht, spielt letztlich in diesem Prozess keine Rolle, da Richterin Katrin Thron das Verfahren bezüglich der Fahrerflucht im Hinblick auf den schwerwiegenderen Tatvorwurf der Trunkenheitsfahrt einstellt. Der relativ geringe Schaden von 900 Euro an dem geparkten Wagen wurde außerdem bereits reguliert.

Zu seinem Blutalkoholwert hält der Angeklagte ebenfalls eine Erklärung bereit: Sein Arm habe nach dem Sturz so stark geschmerzt, dass er aus einer im Keller stehenden Rumflasche mehrere kräftige Schlucke genommen habe. Dass es nach dem Polizeibericht im Auto von leeren Bier-, Wein-, Sekt- und kleinen Schnapsflaschen nur so wimmelte, erklärt der Angeklagte damit, dass er seinen Spind beim Reitstall ausgeräumt habe.

Ein Blick in das Vorstrafenregister des Angeklagten lässt am Wahrheitsgehalt seiner Aussage zu seinen Trinkgewohnheiten Zweifel aufkommen: Schon im Jahre 2008 wurde der Anwalt betrunken am Steuer erwischt und war für einige Zeit seinen Führerschein los. Es gebe eindeutige Hinweise, so die Richterin, dass der Angeklagte auch diesmal nicht nüchtern gewesen sei. Sie verurteilt ihn zu einer Geldstrafe von 3900 Euro. Außerdem muss der Norderstedter weitere acht Monate auf seinen Führerschein verzichten.