Im Kreis Segeberg werden sechs Schlecker-Filialen geschlossen. Auch Norderstedt ist betroffen. Die Zukunft vieler Mitarbeiter ist ungewiss.

Norderstedt. Lächelnd bedient Madeleine Merten ihre Kunden. Einen nach dem anderen fertigt sie zügig ab. Zwischendurch erteilt sie von ihrem Platz an der Kasse aus noch schnell ein paar Auskünfte. "Die Männer-Pflegeprodukte finden sie rechts im ersten Gang. Von der Gesichtscreme ist aber nur noch eine da."

Gestresst und verärgert wirkt die 38-Jährige nicht. Dabei hätte sie allen Grund dazu. In ihrem Schlecker-Markt an der Ulzburger Straße in Norderstedt stehen die Kunden Schlange, bis zu 30 sind es heute, die darauf warten, an der Kasse dran zu kommen. "Das ist ja schlimmer als eine Neueröffnung", sagt Filialleiterin Merten. Locken lassen sich die Massen von den satten Preisnachlässen. Noch einmal Rabatte auf die verbliebenen Produkte abgreifen, bevor es nichts mehr abzugreifen gibt, scheint hier das Motto zu sein. Denn bei Schlecker werden schon lange keine neuen Filialen mehr eröffnet. In der nächsten Woche, am Sonnabend, 24. März, ist Schluss - und das endgültig.

Von den insgesamt etwa 5400 Geschäften, die der Konzern in Deutschland betreibt, werden wohl mindestens 2000 geschlossen, rund 12 000 Mitarbeitern droht die Kündigung. Der erst im Oktober des vergangen Jahres erneuerte Slogan "For You. Vor Ort" könnte bald der Vergangenheit angehören. Auch im Kreis Segeberg schließen gleich sechs Filialen. Das Konzept, überall möglichst flächendeckend vertreten zu sein, ist gescheitert. Die Mitarbeiter sind verunsichert, die beruflichen Perspektiven oft schlecht.

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Auch die Zukunft von Madeleine Merten ist ungewiss. Seit gut 13 Jahren arbeitet sie bei der Drogeriekette und steht nun genau wie ihre Filiale vor dem Aus. "Ich bin ledig, habe keine Kinder und auch keine zu pflegenden Familienangehörigen oder Ähnliches", sagt die Norderstedterin - nicht die besten Vorraussetzungen, um im Rennen um den Erhalt des Arbeitsplatzes zu bestehen. Laut Schlecker sind Kriterien wie Betriebszugehörigkeit, Familienstand, Lebensalter oder auch Unterhaltspflichten maßgebend. Dabei ist es unerheblich, ob die Mitarbeiterinnen in einem Markt arbeiten, der geschlossen wird oder nicht. Ein Sozialpan soll den Absturz der Mitarbeiterinnen in die Langzeitarbeitslosigkeit verhindern. Dieser stößt, obwohl er noch ausgehandelt wird, auch in der Politik auf Kritik. Sowohl SPD als auch CDU kritisieren ihn alleine als unzureichend. Insbesondere die Norderstedter SPD setzt sich ausdrücklich für eine staatliche Förderung der geplanten Transfergesellschaft durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ein.

Für die Norderstedterin gibt es wichtigere Probleme. Eine der zwei Mitarbeiterinnen hat in Absprache mit ihr den aufgesparten Resturlaub genommen. Mit ihrer Kollegin Franziska Karnatz muss sie den bevorstehenden Andrang nun alleine bewältigen. Trübsal bläst die Frohnatur ob der schwierigen Situation aber trotzdem nicht, stattdessen bleibt sie freundlich und versucht sich in Galgenhumor: "Weinend an der Kasse zu sitzen, ist ja keine Lösung. Das ist wie Liebeskummer, der geht auch irgendwann vorbei."

Woran es liegt, dass ausgerechnet ihr Markt geschlossen wird, hat die Unternehmensführung ihr nicht mitgeteilt. Allerdings habe die Filiale nicht die geforderten 60 000 bis 100 000 Euro an Umsatz gemacht. Außerdem sei die Konkurrenz am Ende doch zu groß gewesen. Die Kunden allerdings reagieren größtenteils mit Unverständnis. "Das ist an sich doch einer der schöneren Läden hier", sagt Gerd Reinhard.

In Henstedt-Ulzburg an der Hamburger Straße ist die Stimmung auch nicht besser - im Gegenteil: "Ich habe heute meine zehn Jahre voll. Was noch kommt, weiß ich nicht", sagt die wütende Kassiererin, die nicht mit Namen genannt werden möchte. Angelika und Sandra Pinckert sind wegen des Ausverkaufs aus Schmalfeld gekommen. Auch sie fühlen mit den Angestellten: "Wir finden es schlimm, dass sie jetzt so kurzfristig auf der Straße stehen."

Noch hofft Madeleine Merten, dass genau das nicht passiert. Eine Rückmeldung hat sie noch nicht. "Vielleicht geht es ja nach Kompetenz", ruft ihr ein Kunde aufmunternd zu. Ein banges Warten auf Neuigkeiten wird die letzte Woche trotzdem bringen. Bis dahin wird sie weiter den Laden leiten - kompetent und mit einem Lächeln auf den Lippen.